Plötzlich in Untersuchungshaft – Teil 1: Sofortmaßnahmen für Angehörige

  • 3 Minuten Lesezeit

Der Anruf kommt unerwartet und hinterlässt bestenfalls Ratlosigkeit, schlimmstenfalls völliges Chaos: Ein naher Verwandter, der Lebensgefährte oder ein guter Freund meldet sich und teilt mit, dass er festgenommen wurde und dem Haftrichter vorgeführt werden soll. Die Polizei gehe davon aus, dass der Betreffende in Untersuchungshaft kommen wird. Nicht nur der Empfänger eines solchen Anrufs ist überfordert: Kaum jemand ist auf den Moment seiner Festnahme vorbereitet oder hat gar umfassende Vorkehrungen getroffen.

Wer hiervon erfährt und selbst in Freiheit ist, kann nach dem ersten Schrecken einiges für den Betroffenen tun. In dieser Beitragsserie erklärt Rechtsanwalt Dr. Maik Bunzel aus Cottbus wichtige Schritte für das weitere Vorgehen. Dieser Beitrag benennt Maßnahmen, die sofort ergriffen werden sollten.

Strafverteidiger finden und Kontakt herstellen

Wer in Untersuchungshaft kommt, braucht einen Anwalt. Das Gesetz sieht vor, dass das Gericht dem Betroffenen einen Anwalt als sogenannten Pflichtverteidiger bestellt, wenn er selbst keinen Anwalt hat. Viele Ermittlungsrichter – vor allem in kleineren Gerichtsbezirken – wählen hier einen Anwalt aus, der ihnen als „umgänglich“ bekannt ist und im weiteren Verfahren keine Schwierigkeiten macht. Einmal beigeordnet, wird der Betroffene diesen Anwalt nicht so leicht wieder los, denn für einen Wechsel des Verteidigers muss der neue Rechtsanwalt erklären, dass er auf die Bezahlung verzichtet, die der bisherige Verteidiger vom Staat erhält. Ist der Inhaftierte nicht in der Lage, den neuen Anwalt selbst zu bezahlen, sind Probleme vorprogrammiert.

Suchen Sie daher umgehend nach einem Strafverteidiger. Hierfür bietet das Internet beste Möglichkeiten. Neben einem entsprechenden Fachanwaltstitel können Sie sich daran orientieren, ob der Rechtsanwalt nach seiner Außendarstellung jedes Rechtsgebiet bearbeitet, oder ob er sich auf wenige Rechtsgebiete spezialisiert hat, zu denen unbedingt auch das Strafrecht gehören sollte. Ein „Allrounder“ hat oft in gar keinem Rechtsgebiet vertiefte Kenntnisse, sondern nimmt aus wirtschaftlichen Erwägungen schlicht jedes Mandat an. Hier ist Vorsicht geboten, denn Fehler in der Strafverteidigung können den Unterschied zwischen Freiheit und Gefängnis ausmachen.

Der Strafverteidiger benötigt den vollen Namen und das Geburtsdatum des Betroffenen, außerdem alle verfügbaren Informationen zum Aufenthaltsort. Es ist wichtig, dass er sofort aktiv werden kann: Je schneller das Mandat zustande kommt, umso besser sind die Möglichkeiten der Verteidigung im weiteren Verfahren.

Geld auf das Anstaltskonto einzahlen

Ist bekannt, in welcher JVA der Betroffene sich befindet, sollten Sie schnellstmöglich Geld für ihn auf das Anstaltskonto einzahlen. Im Verwendungszweck sollten der volle Name und das Geburtsdatum stehen, um Verzögerungen zu vermeiden. In einigen Anstalten kann auch Bargeld für den Betroffenen vor Ort eingezahlt werden.

Gerade am Anfang fehlt es dem Inhaftierten an fast allem. In der JVA besteht die Möglichkeit, zu festen Terminen einzukaufen. Zum nächsten Einkaufstermin sollte der Betroffene daher unbedingt über Geld verfügen. Über Höchstgrenzen für den monatlichen Einkauf können Sie sich telefonisch bei der JVA informieren – dem Betroffenen ist jedoch bereits mit kleinen Beträgen im Bereich bis 50 Euro geholfen, etwa zum Kauf von Hygieneartikeln.

Wie weiter?

Im nächsten Beitrag dieser Reihe erfahren Sie, was zu tun ist, wenn sich eine längere Zeit der Untersuchungshaft abzeichnet: Wie werden Telefonate und Besuche organisiert? Was geschieht mit der Wohnung, dem Arbeitsplatz oder laufenden Kosten des Betroffenen?

Plötzlich in Untersuchungshaft – Teil 2: Weitere Hilfe durch Angehörige


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Dr. Maik Bunzel

Beiträge zum Thema