Plötzlich ohne Eltern - wie sorge ich für meine Kinder vor?

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Kein Elternteil denkt gerne daran – an die Möglichkeit, dass durch einen Unfall die eigenen Kinder zu Vollwaisen werden könnten. Dabei ist es so wichtig, für diesen Fall vorzusorgen und diesem Risiko doch den einen oder anderen Gedanken zu widmen.


Denn was passiert im Fall der Fälle? Viele Eltern glauben, dass die Patentante oder der Patenonkel dann automatisch die elterliche Sorge für ihre Kinder übernehmen. Gut versorgt sind die Kinder dann vermeintlich auch, denn sie erben ja das Vermögen der Eltern. Ganz so einfach ist es aber nicht.


Mit dem Tod der Eltern haben die Kinder schlagartig keinen Sorgeberechtigten mehr, sodass in der Folge gerichtlich die Vormundschaft angeordnet und ein Vormund für die Kinder bestellt werden muss. Dem Vormund wird sowohl die Personensorge als auch die Vermögenssorge für sein Mündel übertragen. Er darf es zur Pflege und Erziehung in seinen Haushalt aufnehmen. Haben die Eltern zu Lebzeiten keinen Vormund benannt, so wählt das Gericht einen aus. Auswahlkriterien sind neben dem mutmaßlichen Willen der Eltern der Wille des Kindes, seine familiären und persönlichen Beziehungen bzw. Bindungen, sein kultureller Hintergrund sowie sein religiöses Bekenntnis und weitere Lebensumstände wie z.B. der ständige Aufenthaltsort des Kindes. Nach dem Bundesverfassungsgericht ist bei gleicher Eignung in der Regel die bevorzugte Berücksichtigung von Familienangehörigen geboten. Eine Rangfolge etwa nach Verwandtschaftsgrad gibt es dabei aber nicht.


Wenn die Eltern sich einen bestimmten Vormund wünschen, vielleicht den Taufpaten ohne Verwandtschaftsverhältnis zum Kind, sollten sie daher einen Vormund benennen. Dies muss mindestens in testamentarischer Form erfolgen, also notariell oder eigenhändig ge- und unterschrieben. Wenn kein gesetzlicher Ausnahmefall (z.B. Widerspruch des Kindes über 14 Jahre) vorliegt, wird sich das Familiengericht bei Auswahl und Bestellung des Vormundes grundsätzlich daran halten, was im Testament geregelt wurde. Für eine rechtssichere Benennung ist unter anderem zu beachten, dass nach dem Gesetz für Geschwister ein gemeinsamer Vormund bestellt werden soll, wenn keine besonderen Gründe dagegen sprechen. Dies kann etwa im Fall des jeweiligen Taufpaten als Wunschvormund relevant werden. Außerdem ist die ersatzweise Benennung einer weiteren Person ratsam. Statt einer Einzelperson können auch Ehegatten gemeinschaftlich als Vormünder benannt werden. Auch Negativnennungen sind möglich, um bestimmte Personen von der Vormundschaft sicher auszuschließen.


Die Benennung sollte bestenfalls zuvor und von Zeit zu Zeit wieder mit dem Wunschvormund besprochen werden. Dieser kann durch die Benennung nämlich nicht zur Übernahme der Vormundschaft verpflichtet werden.


Ihre Möglichkeit der Vormundbenennung sollten Eltern minderjähriger Kinder in jedem Fall kennen, gibt sie den Eltern doch die Chance, die Zukunft ihrer Kinder auch bei einem Schicksalsschlag mitzugestalten und sie versorgt zu wissen. Auch für die hinterbliebenen Freunde und Familie wird es eine Erleichterung sein, zu wissen, was sich die Eltern wünschen – und nicht darauf vertrauen zu müssen, dass das Gericht im Sinne der Eltern wählt.


Aber wie sieht es mit der Vermögenssituation der Kinder aus? Nach der gesetzlichen Erbfolge werden die Kinder ihre Eltern beerben. Zusätzlich erhalten sie eine Waisenrente (orientiert an den gesetzlichen Rentenansprüchen der Eltern) und haben einen eigenen Anspruch auf Kindergeld.


Der Vormund übernimmt neben der Personensorge auch die Vermögenssorge für die Kinder. Dabei ist der Vormund zum Schutz und Erhalt des Mündelvermögens verpflichtet, muss also bei der Verwaltung wirtschaftlich handeln. Er verwendet das Vermögen für Ausgaben des Mündels, insbesondere für dessen laufenden Lebensunterhalt, z.B. für den Einkauf von Lebensmitteln.


Durch die Führung der Vormundschaft, die regelmäßig ehrenamtlich erfolgt, wird der Vormund aber auch selbst zusätzliche Kosten haben. Das gilt insbesondere dann, wenn er das Mündel in seinen Haushalt aufnimmt (Bedarf an einem größeren Zuhause, größeren Auto etc.). Hierfür kann er einen Aufwendungsersatz (ggf. als Pauschale) von dem Mündel bzw. bei Mittellosigkeit des Mündels von der Staatskasse verlangen. Grundsätzlich hat er das Vermögen des Mündels aber von seinem eigenen Vermögen zu trennen und darf es nicht für sich selbst verwenden.


Im Testament können Eltern zur Erleichterung und Vereinfachung der Vermögensverwaltung eine sogenannte „befreite Vormundschaft“ anordnen, den Vormund also von bestimmten Verpflichtungen befreien, welche sonst von Gesetzes wegen zum Schutz des Vermögens des Mündels vorgesehen sind.


Mit dem Eintritt der Volljährigkeit endet die Vormundschaft. Das hat zur Folge, dass das Kind sofortigen Zugriff auf alle Vermögenswerte und die alleinige Entscheidungsbefugnis darüber erhält. Zu den Schutzmaßnahmen für Kinder sollte daher auch die elterliche Anordnung von Testamentsvollstreckung gehören – für die Zeit bis zum Erreichen eines Alters, in dem die Kinder mutmaßlich Reife erlangt haben. Der Testamentsvollstrecker verwaltet in dieser Zeit das Vermögen für die Kinder und bewahrt sie so vor unüberlegten Entscheidungen.


Für den Fall, dass Eltern zu Lebzeiten die elterliche Sorge z.B. krankheitsbedingt nicht wahrnehmen können, kann schließlich in einer Sorgerechtsvollmacht schriftlich festgehalten werden, wer für die Kinder handeln können soll. Die Vollmacht bewirkt, dass zwar das Sorgerecht bei den Eltern verbleibt, der Bevollmächtigte dieses aber ausüben darf. Für den Fall des Todes oder einer dauerhaften Geschäftsunfähigkeit der Eltern wäre das nicht ausreichend, weil das Sorgerecht in diesen Fällen entfällt bzw. zu entziehen ist.


Im Sinne einer guten Vorsorge ist Eltern minderjähriger Kinder im Ergebnis anzuraten, in einem entsprechenden Testament einen Vormund für ihre Kinder zu benennen und Testamentsvollstreckung anzuordnen. Flankierend sollte eine Sorgerechtsvollmacht errichtet werden.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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