Rechnungslegungspflicht über Vermögenswerte im Aufteilungsverfahren

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Die Praxis zeigt, dass Ehegatten oft nur eingeschränkt über die gemeinsamen Vermögensverhältnisse unterrichtet sind, da diese von einem Partner alleine verwaltet werden.

Da das gesamte während der Ehe erwirtschaftete Vermögen im Fall der Ehescheidung aufzuteilen ist, gleichgültig in wessen Eigentum dieses steht und wer es verdient oder erwirtschaftet hat, kommt der Frage Bedeutung zu, wie und in welchem Umfang der jeweils andere Ehepartner im Zuge der Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse dazu verpflichtet werden kann, Angaben über sein Vermögen zu machen.


Gemäß Artikel XLII EGZPO kann jemand, der nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechtes ein Vermögen oder Verschulden anzugeben verpflichtet ist, oder der von der Verschweigung oder Verheimlichung eines Vermögens vermutlich Kenntnis hat, mittels Urteil dazu verhalten werden, allenfalls unter Vorlage eines Verzeichnisses des Vermögens oder der Schulden anzugeben, was ihm von diesem Vermögen, von den Schulden oder von der Verschweigung oder der Verheimlichung des Vermögens bekannt ist, und einen Eid dahin zu leisten, dass seine Eingaben richtig und vollständig sind.


Die Bestimmung regelt somit zwei verschiedene Fälle der Auskunftspflicht verbunden mit einer Verpflichtung zur Eidesleistung, nämlich jenen, dass eine eigene zivilrechtliche Verpflichtung zur Auskunft besteht (Artikel XLII 1. Fall EGZPO) und jenen, dass Kenntnis über die Verschweigung oder Verheimlichung von Vermögen besteht (Artikel XLII 1. Fall EGZPO).


Nach ständiger Rechtsprechung begründet ein Aufteilungsanspruch eines Ehegatten nach den Bestimmungen §§ 81ff EheG noch keinen Rechnungslegungsanspruch iSd Artikel XLII 1. Fall EGZPO (OGH 1Ob 112/18d mwN). Eine Auskunftspflicht wird von der Rechtsprechung vielmehr nur nach Artikel XLII 2. Fall EGZPO bejaht, also dann, wenn der Gegner Vermögen verschweigt oder verheimlicht. Diese Verschweigung oder Verheimlichung von Vermögenswerten ist im Antrag auf Auskunft konkret zu bescheinigen. Die Behauptung, der Gegner verheimliche Vermögen ist für die Auskunftspflicht nicht ausreichend. Die Angaben müssen zumindest derart substantiiert sein, dass die Vermögensposition der Aufteilungsmasse, die der Gegner vermutlich unvollständig oder gar nicht angegeben hat, soweit konkretisiert wird, dass sich der Antrag nicht bloß als Erkundungsbeweis darstellt und zudem die Grundlage einer vom Gericht vorzunehmenden Zuständigkeitsprüfung bilden kann. Ausreichend ist der Verdacht, dass der Antragsgegner von der Verschweigung/Verheimlichung eines Vermögens Kenntnis hat. Dabei dürfen dem Antragsteller auch nicht zu detaillierte Angaben abverlangt werden, weil es ja gerade Ziel des Auskunftsverfahrens ist, die entsprechenden Informationen zu erhalten. Es sind so viele Tatsachen zu behaupten und zu bescheinigen, dass daraus die Wahrscheinlichkeit der Verschweigung/Verheimlichung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse durch den Antragsgegner abzuleiten ist (OGH 1 Ob 181/16y).


Genügend ist es beispielsweise, wenn der Antragsteller ein bestimmtes Konto, die Polizze einer Lebensversicherung oder einen anderen Vermögenswert angeben kann, ihm jedoch keine weiteren Informationen dazu vorliegen (Höhe des Kontostandes, Wert der Wertpapiere, Rückkaufwert der Versicherung) und der Antragsgegner nähere Angaben über diese Vermögenswerte verweigert.

Das Gericht kann jedoch weder von Amtswegen Erkundigungen bei verschiedenen Bankinstituten oder Versicherungen einholen, ohne dass konkrete Anhaltspunkte für Konten vorliegen noch kann der Antragsgegner im Aufteilungsverfahren allgemein verpflichtet werden, seine Vermögenswerte offenzulegen.

Aus diesem Grund ist es besonders wichtig und zu empfehlen Belege über Vermögenswerte zu sammeln oder durch Kopien oder Fotos zu dokumentieren, und zwar spätestens vor Bekanntgabe der Absicht sich scheiden lassen zu wollen. Erfahrungsgemäß ist nach Mitteilung der Scheidungsabsicht der Zugriff auf solche Unterlagen nicht mehr möglich. Das Kopieren bzw. Fotografieren von Kontobelegen, Kontonummern, Polizzennummern kann entscheidend dafür sein, ob Ansprüche durchgesetzt werden können oder nicht.


Der Anspruch auf Bekanntgabe verschwiegenen oder verheimlichten Vermögens ist auf jene Vermögenswerte beschränkt, welche zum Zeitpunkt der Aufteilung (Auflösung der ehelichen Lebensgemeinschaft) noch vorhanden sind oder deren Wert gemäß § 91 (1) EheG in die Aufteilung einzubeziehen ist (OGH 8 Ob 255/99d; 1 Ob 181/16y; 1 Ob 215/22g).


Bei den gemäß § 91 (1) EheG einzubeziehenden Vermögenswerten handelt es sich um jene, die ein Ehegatte ohne ausdrückliche oder stillschweigende Zustimmung des anderen frühestens zwei Jahre vor Einbringung der Klage auf Scheidung, Aufhebung oder Nichtigerklärung der Ehe oder, wenn die eheliche Lebensgemeinschaft vor Einbringung der Klage aufgehoben ist, frühestens zwei Jahre vor dieser Aufhebung in einer Weise verringert hat, die der Gestaltung der Lebensverhältnisse der Ehegatten während der ehelichen Lebensgemeinschaft widerspricht.


Es besteht kein Anspruch auf Auskunft hinsichtlich sämtlicher während der Ehe gesammelter Vermögenswerte. Ein „Abrechnungsprozess“ über die finanzielle Gebarung beider Seiten über den gesamten Verlauf der Ehe ist im Verfahren über die nacheheliche Aufteilung jedenfalls nicht durchzuführen (OGH 1 Ob 112/18d).


Zudem beschränkt sich der Anspruch auf Vermögenswerte, die der Aufteilung unterliegen. Nicht auskunftspflichtig sind jene Vermögenswerte, die gemäß § 82 (1) EheG von der Aufteilung ausgenommen sind. Dazu zählen jene Werte, die ein Ehegatte in die Ehe eingebracht, von Todes wegen erworben oder ihm ein Dritter geschenkt hat, die dem persönlichen Gebrauch eines Ehegatten allein oder der Ausübung seines Berufes dienen sowie jene die zu seinem Unternehmen gehören, ausgenommen bloße Wertanlagen. Auch ein Anspruch auf Auskunft über Unternehmenserträge besteht nicht, sofern nicht in ausreichendem Maße bescheinigt wird, dass die Unternehmenserträge in Privatvermögen umgewidmet wurden und damit der Aufteilung unterworfen sind.


Die Art des Vermögens ist im Auskunftsersuchen genau zu umschreiben. Beispielsweise ist die bloße Antragstellung auf Auskunft über Vermögenswerte überschießend, wenn lediglich die Verheimlichung oder Verschweigung ehelicher Ersparnisse bescheinigt werden kann. Der allgemeine Begriff der Vermögenswerte umfasst auch sonstiges eheliches Gebrauchsvermögens, wie Fahrnisse, Liegenschaften etc. Sollte diesbezüglich keine konkrete Bescheinigung der Verheimlichung oder Verschweigung erfolgen, würde der Antrag insoweit mit entsprechenden Kostenfolgen abgewiesen werden (OGH 1 Ob 181/16y).


Gemäß § 95 EheG erlischt der Anspruch auf Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse, wenn er nicht binnen einem Jahr nach Eintritt der Rechtskraft der Scheidung, Aufhebung oder Nichtigerklärung der Ehe durch Vertrag oder Vergleich anerkannt oder gerichtlich geltend gemacht wird. Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes bezieht sich diese Frist nicht auf die Frage der Festsetzung einer allfälligen Ausgleichszahlung gemäß § 94 EheG bzw. die Forderung einer solchen oder die Ausdehnung eines auf eine Ausgleichszahlung gerichteten Begehrens. Aus diesem Grund erachtet es das Höchstgericht auch für zulässig einen Rechnungslegungsanspruch im Zuge eines Aufteilungsverfahrens auch nach Ablauf der einjährigen Frist des § 95 EheG zu stellen (OGH 1 Ob 215/22g).


Abschließend ist daher zu empfehlen, sich rechtzeitig, möglichst vor Abzeichnung einer Ehekrise, jedenfalls aber vor Bekanntgabe der Scheidungsabsicht möglichst eine umfangreiche Übersicht über Vermögenswerte zu verschaffen und zugängliche Unterlagen durch Anfertigung von Kopien und Lichtbildern zu dokumentieren, andernfalls erhebliche Anspruchsverluste die Folge sein können.


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