Rechtfertigen einmalige sexuelle Handlungen eine außerordentliche Kündigung?

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Kann auch eine einmalige sexuell bestimmte Verhaltensweise eine sexuelle Belästigung sein? Muss die Betroffene ihre ablehnende Haltung verdeutlichen? Reicht es, dass die Ablehnung  erkennbar ist, um eine  Pflichtverletzung anzunehmen? - Mit diesen Fragen hat sich das Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern beschäftigt

Dem Vorarbeiter einer Fabrik für Tiefkühlkost unterstanden 12 weibliche Arbeitnehmer. Als sich eines Tages eine Mitarbeiterin bückte, um eine Tiefkühlpizza aufzuheben, trat er von hinten so dicht an sie heran, dass es zu einer Berührung der Körper kam. Die Kolleginnen im Umfeld lachten dazu.. An einem anderen Tag stand die Mitarbeiterin im Bereich des Vorarbeiterbüros, und las Informationen von einer Anschlagtafel. Der Vorarbeiter näherte sich ihr und bewegte seine Handflächen in Richtung ihres Gesäßes.  Dabei haben die Handflächen deren Gesäß  leicht berührt. Die Mitarbeiterin erzählte dem Betriebsrat hiervon, der dem Arbeitgeber davon erzählte. Dieser führte ein Personalgespräch mit dem Vorarbeiter, indem dieser einräumte, der Mitarbeiterin einen „freundschaftlichen Klaps auf den Po" gegeben zu haben. Hierfür wolle er sich entschuldigen. Der Arbeitgeber entschied nach der Anhörung, den Vorarbeiter fristlos, hilfsweise ordentlich zu kündigen. Der Vorarbeiter erhob Kündigungsschutzklage. Dieser wurde zuerst stattgegeben. Die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses sei für den Arbeitgeber nicht unzumutbar, da anzunehmen sei, dass der Vorarbeiter lernfähig ist und sein Verhalten ändern würde.

Das Landesarbeitsgericht sah dies anders und wies die Kündigungsschutzklage ab. Eine sexuelle Belästigung ist eine Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten, die „an sich" zur fristlosen Kündigung berechtigt. Das jeweilige Verhalten muss, um als sexuelle Belästigung gewürdigt werden zu können, bewirken oder bezwecken, dass die Würde der betreffenden Person verletzt wird. Relevant ist das Ergebnis oder die Absicht. Für das „Bewirken" reicht  der bloße Eintritt der Belästigung aus. Die Vorstellung des Handelnden ist irrelevant. Im Gegensatz zum früheren Recht kommt es  auch nicht mehr darauf an, ob die Betroffene eine ablehnende Haltung aktiv verdeutlich, sondern nur darauf, dass die Ablehnung objektiv erkennbar ist.

Art und Ausmaß des  Fehlverhaltens des Vorarbeiters lassen darauf schließen, dass auch künftig mit einem weiteren vergleichbaren Fehlverhalten zu rechnen ist. Daher wäre eine vorherige Abmahnung überflüssig. Dem Arbeitgeber ist  nicht zuzumuten, den Vorarbeiter innerbetrieblich zu versetzen. Da die Belegschaft im Werk mehrheitlich weiblich ist, scheidet eine Versetzung innerhalb des  Werkes aus. Die Fristlose Kündigung ist daher berechtigt.

(Quelle. Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 14.08.2012, 5 Sa 324/11)

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