Rechtfertigung beim Geschwindigkeitsverstoß, wenn sich der Beifahrer übergibt?

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Das OLG Bamberg hatte in seinem Beschluss vom 4. September 2013 (A.Z.: 3 Ss Owi 1130/13) darüber zu entscheiden, ob ein Taxifahrer, der zu schnell unterwegs ist, gerechtfertigt handelt, wenn ein betrunkener Fahrgast sich übergibt und der Fahrer nun befürchtet, dass der Wagen Innenraums seines Taxis beschmutzt wird. Denn auch bei Bußgeldsachen kann eine Rechtfertigung vorliegen. Entschieden ist dies z.B. für den Notarzt auf den Weg zum Einsatz oder für den werdenden Vater, wenn die hochschwangere Frau droht, im Auto zu gebären (vgl. „Der Fall Asamoah“, Fundstelle: OLG Hamm zfs 1996, S.77).

Vorliegend ist eine Rechtfertigung jedoch verneint worden. Es vermochte nach Auffassung der Richter eine zur schnelleren Erreichung der nächst gelegenen Tankstelle schon mangels Geeignetheit des zur Gefahrenabwehr eingesetzten Mittels nicht nach § 16 OWiG zu rechtfertigen. Der betroffene Taxifahrer wurde durch einen Bußgeldbescheid wegen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften unter anderem zu einem Fahrverbot von zwei Monaten verurteilt.

Die Voraussetzungen eines rechtfertigenden Notstandes seien von der Ausgangsinstanz – die freigesprochen hatte! – rechtsfehlerhaft bejaht worden. Kernsatz: Nur ausgewählte Abwehrmittel, die geeignet sind, die Gefahr zu beseitigen, können einen rechtfertigenden Notstand begründen. Insbesondere dann, wenn durch die Geschwindigkeitsüberschreitung kein wesentlicher Zeitgewinn zu erwarten war, kann der Rechtfertigungsgrund nicht eingreifen. Dies gelte umso mehr, als es sich bei dem Übergeben / Brechen um einen nicht kontrollierbaren Vorgang handele. Da deshalb eine Verzögerung des übergeben nicht möglich ist, ist die Überschreitung der Geschwindigkeit nicht geeignet gewesen, den Parkplatz noch rechtzeitig zu erreichen. Ungeachtet dieser Erwägungen seien die Urteilsgründe auch lückenhaft, weil sich ihnen nicht entnehmen lässt, inwiefern andere Mittel zur Verfügung gestanden hätten. Soweit das Amtsgericht meint, der Lärmschutz habe hinter die Sicherheit der Fahrgäste zurückzutreten, so sei diese Abwägung schon grundsätzlich zu beanstanden. Auch die „Sicherheit der Fahrgäste“ könne nicht in die Waagschale geworfen werden. Denn deren Sicherheit war durch das mögliche Erbrechen im Fahrzeuginneren überhaupt nicht berührt, so zumindest das OLG Bamberg. Es handele sich hierbei im Grund nur um ein Eigeninteresse des betroffenen Taxifahrers daran, dass das von ihm gesteuerte Fahrzeug nicht verunreinigt wird.

Weitere Infos zum Fall:

http://onlinerechtsberatung.de/rechtfertigende-notsituation-bei-einem-geschwindigkeitsverstoss-wenn-beifahrer-sich-uebergibt-dr-hartmann-partner


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