Rechtsschutz für Vertragsärzte gegen Krankenhausambulanzen nach § 116b Abs. 2 SGB V

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Die durch das Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-WSG) eröffnete Regelung, der zufolge die Krankenhausplanungsbehörden der Länder zugelassene Krankenhäuser zur ambulanten Erbringung hochspezialisierter Leistungen sowie zur Behandlung seltener Erkrankungen und Erkrankungen mit besonderen Krankheitsverläufen zulassen können, ist verfassungswidrig. Zu diesem Ergebnis kommt ein vom Berufsverband der Niedergelassenen Hämatologen und Onkologen (BNHO) in Auftrag gegebenes aktuelles Gutachten vom 17.8.07.

Bei der von dem Juristen Holger Barth (Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht in Freiburg i. Br.) verfassten rechtlichen Stellungnahme handelt sich um die Aktualisierung des von demselben gemeinsam mit Prof. Dr. Andreas Hänlein (Universität Kassel) erstellten verfassungsrechtlichen Kurzgutachtens aus dem Jahr 2005 zu der vorangegangenen Regelung des § 116b Abs. 2 SGB V (i. d. F. GMG 2004), wonach die Krankenkassen mit zugelassenen Krankenhäusern entsprechende Verträge schließen konnten; eine Kompetenz, von der sie kaum Gebrauch machten, und die ihnen der Gesetzgeber mit der jetzt begutachteten Neuregelung zum 1.4.07 entzogen hat. Die Verfasser des Kurzgutachtens 2005 hatten bereits jene Vorgängerregelung als verfassungswidrig eingeschätzt; siehe hierzu die gemeinsame Presseerklärung des BNHO und der KBV vom 19.12.05 (unter www.kbv.de) und folgenden Link:

www.arztrechtplus.de/gutachten.pdf

Das Gutachten zur Neuregelung kann unter folgendem Link als PDF abgerufen werden:

www.arztrechtplus.de/BNHO_116b_neu.pdf

Die wohl wichtigste Aussage des Gutachtens besteht darin, dass am Maßstab des „Ermächtigungsbeschlusses“ des Bundesverfassungsgerichts vom 17.8.04 (1 BvR 378/00) auch die Marktöffnung für Krankenhäuser gemäß § 116b Abs. 2 SGB V n. F. auf dem unverändert strikt regulierten vertragsärztlichen Markt in die Berufsausübungsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) konkurrierender Vertragsärzte eingreift. Außerdem verpflichtet die gesetzliche Bestimmung selbst die über die Ambulanzzulassung entscheidende Krankenhausplanungsbehörde zur „Berücksichtigung der vertragsärztlichen Versorgungssituation“. Hierdurch werden nach Ansicht des Verfassers die wirtschaftlichen Interessen betroffener Vertragsärzte zumindest rudimentär geschützt. Da dieser rudimentäre Schutz jedoch nicht ausreiche, sei die Regelung wohl unheilbar verfassungswidrig. Wenn man dennoch ihre verfassungskonforme Auslegung für möglich halten wollte, so müsste diese, so der Verfasser, auf eine weitgehende Annährung an die Regeln über die Ermächtigung von Krankenhausärzten (Bedarfsprüfung und Beschränkungen) hinauslaufen.
In der Bilanz des aktuellen Gutachtens sieht der Verfasser „gute Rechtsschutzmöglichkeiten“ für betroffene Vertragsärzte, die vor den zuständigen Verwaltungsbehörden und Sozialgerichten gegen die Zulassung konkurrierender Krankenhäuser zur ambulanten Behandlung nach § 116b Abs. 2 SGB V vorgehen möchten. Zur Begründung ihrer Beteiligungs- und Anfechtungsrechte könnten sich die Vertragsärzte sowohl auf die „Berücksichtigungsklausel“ des einfachen Rechts als auch unmittelbar auf Art. 12 Abs. 1 GG berufen.

Rechtsanwalt Holger Barth

Fachanwalt für Medizinrecht

www.arztrechtplus.de


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