Reform des Kaufrechts 2022

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Zum 01.01.2022 werden die Änderungen im Gewährleistungsrecht nach EU-Richtlinien umgesetzt. Die Änderungen gelten ausschließlich nur für das Verbrauchergeschäft. Dies hat auch im Bereich des Neu- und Gebrauchtwagenverkaufs ganz weitreichende Folgen.

Die wichtigsten Änderungen bezogen auf den Fahrzeugkauf in Kürze wie folgt:

Änderung des Sachmängelbegriffs

Nach bisherigem Recht war eine Sache mangelhaft, wenn Sie nicht der vereinbarten oder der üblichen Beschaffenheit entsprach. Die individuelle Vereinbarung der Parteien war bisher dominierend. Nur dann wenn eine solche Vereinbarung fehlte, kam es auf die übliche Beschaffenheit an. Nunmehr ist eine Ware (neue Begrifflichkeit für Sache), mangelhaft, wenn sie nicht der vereinbarten und der üblichen Beschaffenheit entspricht.

Ein ab dem 01.01.2022 verkauftes Unfallfahrzeug ist damit zum Beispiel selbst dann mangelhaft, wenn der Unfallschaden ausdrücklich Inhalt des Kaufvertrages geworden ist, denn die Unfalleigenschaft ist grundsätzlich nicht üblich. Ein Fahrzeugmangel lässt sich so schnell begründen. Unter dem Standard liegende Eigenschaften können jetzt also nicht mehr einfach nur durch Vereinbarung im Kaufvertrag oder der Beschaffenheitsbeschreibung im Angebot abbedungen werden. Hierzu bedarf es mehr.

Um einen Mangel des Fahrzeuges bei Vorliegen von Eigenschaften, die unterhalb des üblichen Standards liegen zu verneinen, muss der Verbraucher vorvertraglich eigens darüber in Kenntnis gesetzt worden sein. Hierüber müssen die Vertragsparteien eine ausdrückliche und gesonderte wirksame Vereinbarung getroffen haben. Zusätzlich muss dies im Kaufvertrag -deutlich hervorgehoben- wiederholt werden. Es bedarf jetzt also neben dem Kaufvertrag einer gesonderten noch vor dem Vertrag geschlossenen Vereinbarung darüber, dass die Sache Eigenschaften aufweist, die nicht üblich sind.

Inwieweit der Begriff „vorvertraglich“ zu definieren ist, wird sich erst in der Praxis zeigen. Der Begründung zum Gesetzesentwurf ist zu entnehmen, dass dem Verbraucher ein ausreichender Entscheidungszeitraum zur Verfügung stehen muss.

Ein Formerforderniss für die ausdrückliche und gesonderte Vereinbarung über Abweichungen der Kaufsache von der üblichen Beschaffenheit gibt es zwar nicht, zum Nachweis empfiehlt sich die schriftliche Fixierung jedoch zwingend.

Kaufsachen mit digitalen Elementen

Einen eigenen Sachmängelbegriff gibt es nun für Sachen mit digitalen Elementen, zu denen zweifelsfrei auch Fahrzeuge gehören. Den Verkäufer trifft bezüglich derartiger Sachen eine Aktualisierungspflicht. Die fehlende Bereitstellung von Aktualisierungen, wie z. Bsp. Updates begründet einen Mangel und zwar auch noch nach Übergabe der Kaufsache, nämlich mit Anfallen des Aktualisierungserfordernisses.

Wichtig ist es also auch hier eine Vor- und Eignungsvereinbarung zu treffen.

Verlängerung Beweislastumkehr

Bisher gilt die gesetzliche Vermutung, dass die Kaufsache bereits zum Zeitpunkt der Übergabe mangelhaft war, wenn sich der Mangel binnen 6 Monate nach Übergabe zeigt. Der Verkäufer muss diese Vermutung widerlegen. Mit der Gesetzesänderung wird der Vermutungszeitraum auf 12 Monate verlängert.

Verkürzung der Verjährung 

Die zweijährige Verjährungsfrist wird dahingehend ausgedehnt, dass die Verjährung nicht vor Ablauf von 2 Monaten zu dem sich der Mangel erstmals gezeigt hat, eintritt. Zeigt sich ein Mangel jetzt als z. Bps. nach 23 Monaten kann der Anspruch erst nach 25 Monaten verjähren.

Die Verkürzung der Verjährung auf 1 Jahr bei Gebrauchtfahrzeugen ist auch nach neuem Recht noch möglich. Allerdings bedarf es auch hier wieder einer vorvertraglichen gesonderten Vereinbarung.  Die Verkürzung im Rahmen der AGB oder die alleinige Hervorhebung im Kaufvertrag genügen nicht mehr.

Nacherfüllung

Nach derzeitiger Gesetzeslage sind Gewährleistungsrechte ausgeschlossen, wenn der Käufer den Mangel kannte oder grob fahrlässig nicht kannte, § 442 BGB. Diese Vorschrift findet mit der Gesetzesänderung jedoch keine Anwendung mehr auf Verbrauchsgüterkaufverträge. Also auch wenn der Käufer Kenntnis vom Mangel hatte, könnte er die Nachbesserung verlangen.

Aber auch diese Regelung kann abbedungen werden durch eine wirksame vorvertragliche Mitteilung des Verkäufers an den Käufer, dass die Sache bestimmte Eigenschaften aufweist, die von dem Üblichen abweichen, sie oben unter Punkt Sachmängelbegriff.

Erfordernis Fristsetzung Rücktritt

Nach altem Recht war Voraussetzung für die Geltendmachung der Sekundärrechte wie Rücktritt, Minderung, Schadenersatz die erfolglose Fristsetzung zur Nacherfüllung. Nunmehr verlangt das Gesetz zwar grundsätzlich immer noch, dass der Verbraucher dem Verkäufer auffordert, die mangelhafte Sache binnen einer angemessenen Frist nachzubessern, erforderlich für die Geltendmachung des Rücktritts etc. ist dies jedoch nicht mehr.

Fazit

Die Reform sorgt für eine erhebliche Verstärkung der Verbraucherschutzrechte. Die Geltendmachung von Gewährleistungsrechten wird dem Verbraucher in vielen Punkten erleichtert, insbesondere durch die Verlängerung der Beweislastumkehr und der Verjährungsvorschriften.

Die Händler sind gut beraten, wenn Sie zum 01.01.2022 ihre Kaufverträge überarbeiten und zukünftig zusätzlich ein reformgerechtes vorvertragliches Formular für die wirksame Abbedingung der objektiven Beschaffenheitsvoraussetzung verwenden.

 


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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