Reiserücktritt wegen Corona

  • 5 Minuten Lesezeit

Wegen der Corona-Krise gilt eine weltweite Reisewarnung des Auswärtigen Amtes.

Entsprechend stehen derzeit viele Menschen vor folgenden Fragen:

Storniere ich meinen Urlaub? 

Bekomme ich dann mein Geld zurück? 

Was ist, wenn der Reiseveranstalter die Reise von sich aus storniert?

Was ist, wenn ich eine individuelle Reise gebucht habe?

Muss ich einen Gutschein akzeptieren? 

Bei allen Fragen ist zunächst zu unterscheiden zwischen sogenannten Pauschalreisen  und Individualreisen.

Nach der gesetzlichen Definition ist eine Pauschalreise eine Gesamtheit von mindestens zwei verschiedenen Arten von Reiseleistungen für den Zweck derselben Reise. Diese werden von demselben Reiseveranstalter angeboten. Ganz klassisch stellt die bei einem Veranstalter gebuchte Flugreise mit Hotelübernachtungen eine Pauschalreise dar. Auch für Kreuzfahrten gelten die Regelungen zu Pauschalreisen.

Im Gegensatz dazu ist eine Individualreise eine solche, bei der jede Leistung einzeln bei verschiedenen Anbietern gebucht wird, oder die von dem Reisenden vollständig selber organisiert wird.

Die Rechtslage bei Pauschalreisen:

Bei einer Pauschalreise kann der Reisende vor Beginn der Reise jederzeit von der Reise zurücktreten. Der Reisende muss dann nicht mehr den vereinbarten Reisepreis zahlen, aber der Veranstalter kann eine angemessene Entschädigung verlangen.

In der Regel finden sich in den AGB der Reiseveranstalter Entschädigungen, die sich in einem prozentualen Anteil an den Reisekosten bemessen, gestaffelt nach dem Zeitpunkt des Rücktritt. Von 20 % des Reisepreises bei Rücktritt bis sechs Wochen vor Reiseantritt bis 80 % des Reisepreises bei Rücktritt zwei Tage vor Reisebeginn.

Wann kann ich ohne Entschädigungszahlung zurücktreten?

Das Gesetz sieht auch Fälle vor, in denen der Reisende von der Reise zurücktreten kann, ohne dass er dem Reiseveranstalter eine Entschädigung zahlen muss.

Dies ist dann der Fall, wenn am Bestimmungsort oder in dessen unmittelbarer Nähe unvermeidbare, außergewöhnliche Umstände auftreten, die die Durchführung der Pauschalreise oder die Beförderung von Personen an den Bestimmungsort erheblich beeinträchtigen. Umstände sind unvermeidbar und außergewöhnlich, wenn sie nicht der Kontrolle der Partei unterliegen, die sich hierauf beruft, und sich ihre Folgen auch dann nicht hätten vermeiden lassen, wenn alle zumutbaren Vorkehrungen getroffen worden wären.

Es dürfte sehr wahrscheinlich sein, dass die gegenwärtige Reisewarnung des Auswärtigen Amtes als ein solcher außergewöhnlicher unvermeidbarer Umstand eingestuft wird. Jedenfalls in der Vergangenheit haben sich die Gerichte an solchen Warnungen des Auswärtigen Amtes orientiert.

Aber auch die Existenz einer Seuche im Urlaubsland kann an sich schon einen außergewöhnlichen Grund im oben genannten Sinne darstellen. So hatte das Amtsgericht Augsburg den damaligen Ausbruch des SARS-Virus 2002 in China als außergewöhnlichen Umstand qualifiziert. 

Zudem ist bei Pauschalreisen auch dann ein kostenfreier Rücktritt möglich, wenn ein wesentlicher Teil der Pauschalreise nicht stattfinden kann, wenn z .B. zentrale Sehenswürdigkeiten nicht besichtigt werden können. Hierunter dürfte auch die Situation fallen, dass der Reisende nach Ankunft im Reiseland zunächst in eine 14-tägige Quarantäne muss.

Fazit:

Alle Urlauber, die eine Pauschalreise gebucht haben, die in den Zeitraum der Reisewarnung des Auswärtigen Amtes fällt, dürften sehr gute Chancen haben, ohne Kosten die Reise stornieren zu können und bereits geleistete Anzahlungen zurückzuerhalten.

Was ist, wenn der Veranstalter die Reise von sich aus absagt? 

Auch wenn der Veranstalter von sich aus die Reise absagt, erhalten die Kunden den Reisepreis erstattet. Tritt der Veranstalter von der Reise zurück, verliert er den Anspruch auf den vereinbarten Reisepreis.

Die Rechtslage bei Individualreisen:

Sagt der jeweilige Anbieter die individuell gebuchte Leistung ab, muss der Reisende nicht zahlen. Bereits getätigte Zahlungen müssen erstattet werden.

Möchte der Reisende selber die Leistung nicht in Anspruch nehmen, kann er nur dann kostenfrei von der gebuchten Leistung zurücktreten, wenn der Veranstalter die Leistung nicht erfüllen kann.

Dies  dürfte nach meiner Auffassung z. B. der Fall sein, wenn bei einem gebuchten Flug ein Flughafen nicht angesteuert werden kann, oder wenn das Hotel in einer Region liegt, für die ein generelles Einreiseverbot gilt, wenn also der Reisende das Hotel nicht erreichen kann.

Bitte beachten Sie:

All dies gilt aber nur dann, wenn deutsches Recht zur Anwendung kommt. Wenn z. B. die Ferienwohnung direkt im Ausland gebucht wurde, und nicht die Anwendung deutschen Rechts vereinbart wurde, kommt es auf die jeweiligen ausländischen Bestimmungen an.

Für Flüge gilt Folgendes: 

Wurde ein Flug annulliert, der in der EU starten sollte, oder die von einer Fluggesellschaft mit Sitz in der EU durchgeführt werden sollte und in der EU landen sollte, hat der Kunde nach der Fluggastrechteverordnung einen Anspruch auf Erstattung des Flugpreises.

Muss ich einen Gutschein akzeptieren:

Bislang gibt es keine Pflicht, einen Gutschein zu akzeptieren.

Dies gilt auch für individuell gebuchte Flüge mit Start in der EU oder durch ein Flugunternehmen mit Sitz in der EU und Landung in der EU. Hier sieht die Fluggastrechteverordnung zwar vor, dass der Kunde auch einen Gutschein erhalten kann, dies obliegt aber der Wahl des Kunden. Denn die Verordnung regelt, dass der Kunde die Wahl haben muss zwischen er Erstattung des Flugpreise und einer alternativen Beförderung, also einem Gutschein.

Achtung: Pläne der Bundesregierung bezüglich einer Gutscheinlösung 

Weil derzeit viele Reiseveranstalter aufgrund der hohen Rückforderungen von Kunden direkt von der Insolvenz bedroht sind, plant die Bundesregierung  derzeit eine Gutscheinregelung. Geplant ist, dass Reiseveranstalter dann den Kunden nur noch Gutscheine anbieten müssen, die Rückerstattung der Kosten also ausgeschlossen werden soll. Dies soll die Liquidität der Reiseveranstalter schonen.

Geplant ist, dass diese Lösung für alle vor dem 08.03.2020 gebuchten Reisen gelten soll.

Wie diese Regelung im Detail aussehen soll und wann sie in Kraft tritt, bleibt abzuwarten. Deutschland kann hier nicht alleine entscheiden, da es für Pauschalreisen ein einheitliches europäisches Recht gibt. Hier ist es an der EU-Kommission, für eine einheitliche europäische Lösung zu sorgen. Es bleibt abzuwarten, wie sich dies entwickelt.

Update 28.04.2020:

Nach derzeitigem Stand sieht es so aus, dass die EU sich gegen die Gutscheinlösung stellt. Der zuständige EU Kommissar für Justiz und Verbraucherschutz betonte, dass nach geltendem EU Recht, das von den Mitgliedsstaaten beachtet werden muss, der Verbraucher die Wahl haben muss, ob er den Reisepreis erstattet bekommen möchte, oder einen Gutschein akzeptiert. Einen Zwangsgutschein, wie ihn die Bundesregierung plant, kann es also nach EU Recht eigentlich nicht geben. Auch die Verbraucherzentrale sieht diesen Plan der Bundesregierung kritisch, da die Verbraucher dadurch in ihren Rechten beschnitten werden.

Die Bundesregierung will aber wohl an ihren Plänen festhalten. Es bleibt abzuwarten, wie dieser Streit zwischen der Bundesregierung und der Kommission ausgeht.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwältin Verena Marrero-Brenner

Beiträge zum Thema

Ihre Spezialisten