Revolution für gelegentliche Cannabis-Konsumenten: MPU vermeidbar, Führerschein ​behalten/zurück!

  • 3 Minuten Lesezeit

Ein Beitrag von Michael Böhler, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Verkehrsrecht, Konstanz


§ 13a FeV ist die neue Trumpfkarte und womöglich der „gamechanger“ bei der Frage, ob Personen, die gelegentlich Cannabis konsumieren bei der ersten Auffälligkeit im Straßenverkehr weiterhin zur MPU müssen. Zum 01.04.2024 ist das neue Cannabis-Gesetz (CanG) in Kraft getreten und es sorgt wie erwartet für reichlich Verwirrung bei den Fahrerlaubnisbehörden bei Landratsämtern und kreisfreien Städten.  Die ersten Behörden zeigen sich allerdings schon bereit, ihr Verfahren an die neue Rechtslage anzupassen und auf die MPU bei gelegentlich Cannabis konsumierenden Personen zu verzichten, sprich die ersten MPU-Anordnungen sind bereits zurückgenommen worden.


Achtung: Der von einer Expertenkommission des Bundesverkehrsministeriums am 28.03.2024 vorgeschlagene Grenzwert von 3,5 ng/ml THC im Blutserum ist noch nicht verabschiedet, insofern hat sich also für die Bußgeldverfahren mit dem bisherigen Grenzwert von 1,0 ng/ml THC nichts geändert. Wer jedoch bis zur endgültigen Gesetzwerdung des Grenzwerts mit einem niedrigeren Wert festgestellt wird bzw. gegen wen aktuell wegen eines Wertes unter 3,5 ng/ml THC ein Verfahren läuft, sollte sich wehren. Hier empfiehlt es sich, einen Antrag auf Aussetzung des Verfahrens bis zu dem Zeitpunkt zu stellen, in welchem Klarheit herrscht.


Cannabis-Konsum und Teilnahme am Straßenverkehr 

Wer fahren will, muss zuvor kritisch überprüfen, ob er hierzu auch körperlich und geistig in der Lage ist. Bei dem Grenzwert von 3,5 ng/ml THC, der laut der Expertenkommission beim Alkohol 0,2 Promille entsprechen soll, ist große Vorsicht geboten, da schnell eine Fehleinschätzung möglich ist, insbesondere, wenn der Konsum bereits längere Zeit zurückliegt.


Nach gelegentlichem Cannabis-Konsums keine MPU mehr zwingend!

Allerdings würde bei 0,2 Promille Alkohol niemand auf die Idee kommen, eine MPU zu verlangen, vielmehr wird die MPU beim Alkohol grundsätzlich erst ab 1,6 Promille – wenn man keine Ausfallerscheinungen hat schon ab 1,1 Promille – angeordnet. Folglich kann es nicht sein, schon bei 3,5 ng/ml THC die MPU zu verlangen - dieser Wert dürfte wie die 0,5-Promille-Grenze beim Alkohol nur im Bußgeldverfahren von Bedeutung sein. 

Die Neuregelung durch das Cannabis-Gesetz spricht zwar einerseits von Missbrauch, wenn das Trennungsvermögen fehlt, und spricht dem Betroffen im neuen Nr. 9.2.1. der Anlage 4 zur FeV die Fahreignung ab, wörtlich heißt es dort aber:

„Das Führen von Fahrzeugen und ein die Fahrsicherheit beeinträchtigender Cannabiskonsum können nicht hinreichend sicher getrennt werden.“

Die Frage wird sein, ab welchem Wert Behörden und Gerichte einen die Fahrsicherheit beeinträchtigenden Cannabiskonsum sehen werden. Bei restriktiver Auslegung werden sie sicher versuchen, den Missbrauch frühzeitig zu unterstellen. Aber weil die Expertenkommission des Bundesverkehrsministeriums die Analogie zum Alkohol hergestellt hat, erscheint es auch bei einer restriktiven Auslegung nicht angebracht, bei einem Aktivwert bis zu 15 ng/ml THC eine MPU zu verlangen – ggf. wird der Wert in der Praxis auch höher angesetzt werden.


Der neue § 13a der Fahrerlaubnisverordnung regelt jetzt die Klärung von Eignungszweifeln bei Cannabisproblematik. § 14 Abs. 1 S. 3 FeV, wo es hieß: „Die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens kann angeordnet werden, wenn gelegentliche Einnahme von Cannabis vorliegt und weitere Tatsachen Zweifel an der Eignung begründen.“ existiert nicht mehr.

Jetzt, gilt, dass

„2. ein medizinisch-psychologisches Gutachten beizubringen ist, wenn
   a) nach dem ärztlichen Gutachten zwar keine Cannabisabhängigkeit, jedoch Anzeichen für
   Cannabismissbrauch vorliegen oder sonst Tatsachen die Annahme von Cannabismissbrauch begründen,
   b) wiederholt Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr unter Cannabiseinfluss begangen wurden,

c) die Fahrerlaubnis aus einem der unter den Buchstaben a und b genannten Gründen entzogen war oder
   d) sonst zu klären ist, ob Cannabismissbrauch oder Cannabisabhängigkeit nicht mehr besteht.“

Nach dem Wortlaut des Gesetzes wäre ein „Ersttäter“ von der MPU zu verschonen, weil er ja nicht „wiederholt Zuwiderhandlungen“ unter dem Einfluss von Cannabis begangen hat.


Mit § 13a FeV kann bereits jetzt in jedem Verfahren argumentiert werden!

Auch wenn § 13a FeV natürlich nicht jede bereits ausgesprochene MPU-Anordnung unwirksam macht, kann der Fahrerlaubnisbehörde in laufenden Verfahren vorgehalten werden, dass sie zwar vor dem 01.04.2024 die MPU verlangen durfte, aber in Verfahren auf Neuerteilung eben jetzt nicht mehr. Dieser Widerspruch ist zugunsten des Betroffenen aufzulösen, was bereits tatsächlich erfolgt.

Wenn die Fahrerlaubnis schon entzogen worden, lohnt es sich für gelegentliche THC-Konsumenten einen neuen Versuch zu unternehmen und die Neuerteilung zu beantragen.


Als erfahrener  Fachanwalt für Verkehrsrecht unterstütze ich Sie gerne dabei, Ihre Fahrerlaubnis zu erhalten bzw. wieder zu erlangen.



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