Revolution im Betäubungsmittelstrafrecht: Die neuen Strafen des Cannabisgesetzes (CanG)

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Im Betäubungsmittelstrafrecht steht eine bedeutende Änderung bevor: Die anstehende Legalisierung von Cannabis und die damit einhergehende Entschärfung vieler Straftatbestände. Im Zentrum der Aufmerksamkeit steht das neue Cannabisgesetz (CanG), insbesondere das Konsumcannabisgesetz (KCanG), das umfassende Neuregelungen beinhaltet. Diese Änderungen, die voraussichtlich ab dem 01.04.2024 wirksam werden, betreffen vor allem den Besitz und die Strafbarkeit von Cannabis. 

Was das neue Cannabisgesetz bedeutet

Unsere Kanzlei vertritt Mandanten in einer Vielzahl von Betäubungsmittelfällen, besonders im Bereich Cannabis. Wir konnten bereits in zahlreichen Fällen mit Hinweis auf die zu erwartende Legalisierung und Entschärfung Verfahrenseinstellungen erreichen oder zumindest die Aussetzung des Verfahrens bis zum Inkrafttreten des neuen Gesetzes erwirken.

Solch eine Aussetzung kann Gold wert sein: Denn laut § 2 Abs. 3 StGB gilt im Strafrecht stets das mildeste Gesetz zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung. Dies bedeutet, dass viele aktuelle Cannabisverfahren obsolet werden könnten, sobald das neue Gesetz in Kraft tritt. Daher kann es strategisch sinnvoll sein, die Verfahren nun möglichst lange hinauszuzögern, bis das neue, mildere Gesetz Anwendung findet. In einigen Fällen kann sich allein deswegen das Einlegen von Rechtsmitteln, wie die Berufung oder Revision, lohnen.

Das CanG und KCanG unterliegen derzeit noch Veränderungen; so wurden erst im November 2023 wesentliche Modifikationen vom Gesundheitsausschuss des Bundestages vorgeschlagen. Wir beziehen uns in diesem Artikel auf den Stand von Januar 2024 und erwarten bis April 2024 nur noch geringfügige Anpassungen.

Besitz von Cannabis: Was ändert sich?

Derzeit wird der Besitz von Cannabis nach dem Betäubungsmittelgesetz (BtMG) mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder einer Geldstrafe gemäß § 29 BtMG geahndet. Lediglich bei sehr geringen Mengen (in der Regel 6 Gramm Cannabis, in Berlin auch 10 Gramm Cannabis) werden die Verfahren bei Ersttätern nach § 31a BtMG eingestellt. 

Das neue KCanG sieht im aktuellen Entwurf vor, dass nach § 3 KCanG der Besitz von bis zu 50 Gramm Cannabis in der eigenen Wohnung und bis zu 25 Gramm im öffentlichen Raum legal sein wird. Bei Überschreitung dieser Mengen drohen Bußgelder, während erst der Besitz von über 60 Gramm als Straftat gewertet wird. Dabei beziehen sich alle Mengen auf getrocknetes Cannabis. Eine frisch geerntete Cannabispflanze, von denen drei legal angebaut werden dürfen nach dem neuen Gesetz, kann und darf daher mehr als 50 bzw. 60 Gramm wiegen.

Wird die Menge von 60 Gramm Cannabis überschritten, droht nach der geplanten neuen Gesetzeslage gemäß § 34 Abs. 1 KCanG Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe und damit erheblich weniger als nach den jetzigen Regelungen.

Besitz und Handel mit Cannabis in "nicht geringer Menge"

Die derzeitige Rechtslage sieht bei Besitz oder Handel mit nicht geringen Mengen Cannabis hohe Strafen vor. Nach der aktuellen Gesetzeslage droht gemäß § 29a BtMG bereits beim Besitz einer nicht geringen Menge Cannabis eine Freiheitsstrafe von einem bis zu fünfzehn Jahren. Dabei kommt es bei der Bestimmung der "nicht geringen Menge" nicht auf die Menge des Cannabis an, sondern allein auf den Wirkstoffgehalt an THC. Von einer nicht geringen Menge wird aktuell bei eine Wirkstoffgehalt von 7,5g THC gesprochen. Dies entspricht in etwa 50g Cannabis von mittlerer Qualität.

Nach dem neuen KCanG kann ein Überschreiten der nicht geringen Menge ebenfalls härter bestraft werden, es muss aber nicht mehr zwingend erfolgen. Je nach Gesamtumständen kann das Gericht einen besonders schweren Fall nach § 34 Abs. 3 KCanG annehmen, danach droht sodann aber nicht wie bisher 1 Jahr bis 15 Jahren Gefängnis, sondern nur noch Freiheitsstrafe von 3 Monaten bis zu fünf Jahren.

Bei der Bestimmung der "nicht geringen Menge" kann die aktuelle Grenze von 7,5g THC aber nach überzeugender Ansicht nicht Bestand haben. Unsere Kanzlei hat in mehreren Verfahren bereits mit guten Argumenten vorgetragen, warum dieser Grenzwert nach der neuen Gesetzeslage mindestens um den Faktor 10 anzuheben sein wird. Letztendlich wird dies aber vermutlich erst in einigen Monaten der Bundesgerichtshof entscheiden. Wir sind aktuell dabei in mehreren Verfahren für unsere Mandanten zu kämpfen und wenn notwendig eine positive Entscheidung vor dem höchsten deutschen Gericht zu erkämpfen.

Bandenmäßiges Handeln oder Handeln mit Waffe bei Cannabis

Noch höhere Strafen sieht das aktuelle Betäubungsmittelgesetz aktuell bei bandenmäßigen Betäubungsmittelhandel (§ 30a Abs. 1 BtMG) oder bei Betäubungsmittelhandel mit Waffe (§ 30a Abs. 2 BtMG) vor. Dort drohen aktuell Freiheitsstrafe von fünf Jahren bis zu fünfzehn Jahren.

Auch hier sieht das neue KCanG deutlich mildere Strafen vor. Gemäß § 34 Abs. 4 KCanG drohen für diese Fälle nur noch Freiheitsstrafe von zwei bis zu fünfzehn Jahren. Ferner sieht das neue Gesetz einen minder schweren Fall auch in diesen Fällen vor, der den Strafrahmen auf Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren senkt.

Gerade bei diesen Strafrahmen sieht man, dass bei Vorwürfen, die heute zwingend zu einer langjährigen Haftstrafe von mehr als fünf Jahren führen, mit der richtigen Verteidigungsstrategie zukünftig noch mit einer Bewährungsstrafe erledigt werden können.

Übersicht der neuen Straftatbestände

StraftatbestandAlte Regelung (BtMG)Neue Regelung (KCanG)
Besitz von CannabisBis zu 5 Jahre Freiheitsstrafe oder Geldstrafe.Legal bis 50 Gramm in der Wohnung und 25 Gramm im öffentlichen Raum. Bußgeld bei geringfügiger Überschreitung, Straftat bei Besitz von mehr als 60 Gramm.
Besitz und Handel mit nicht geringen MengenFreiheitsstrafe von 1 bis 15 Jahren bei einem Wirkstoffgehalt von mehr als 7,5g THC (entspricht ca. 50g Cannabis).Freiheitsstrafe von 3 Monaten bis zu 5 Jahren. Grenzwert für "nicht geringe Menge" voraussichtlich höher als 7,5g THC.
Bandenmäßiges Handeln mit Cannabis5 bis 15 Jahre Freiheitsstrafe. Eine Bewährungsstrafe ist nicht möglich.2 bis 15 Jahre Freiheitsstrafe, Möglichkeit für einen minder schweren Fall mit 3 Monaten bis zu 5 Jahren Freiheitsstrafe. Eine Bewährungsstrafe ist möglich.
Cannabishandel mit Waffe5 bis 15 Jahre Freiheitsstrafe.2 bis 15 Jahre Freiheitsstrafe, Möglichkeit für einen minder schweren Fall mit 3 Monaten bis zu 5 Jahren Freiheitsstrafe. Eine Bewährungsstrafe ist möglich.

Fazit: Eine Neue Ära im Betäubungsmittelstrafrecht

Das Betäubungsmittelstrafrecht befindet sich momentan in einer spannenden Zeit des Umbruchs und es wird sich in den nächsten Monaten vieles tun. Unsere Kanzlei ist aktuell in vielen Cannabisverfahren und Betäubungsmittelverfahren aktiv und wir kämpfen für unsere Mandanten an allen Fronten für das bestmögliche Ergebnis. Bisher konnten wir bereits viele Gerichte überzeugen, auf die neue Gesetzeslage zu warten. In vielen Fällen kann so eine Hauptverhandlung ganz vermieden werden und eine Einstellung des Verfahrens nach der neuen Rechtslage erreicht werden. Gerade jetzt, wo das neue Cannabisgesetz kurz vor der Inkrafttretung steht, ist eine professionelle Verteidigungsstrategie notwendig, da diese über Freiheit oder Gefängnis entscheiden kann. Im Zweifel müssen jetzt alle Rechtsmittel gezogen werden, bis hin zur Revision, um den Abschluss des Verfahrens bis zur Gesetzesänderung zu verzögern. In vielen Fällen können aber die Gerichte bereits zuvor überzeugt werden.

Sofern Ihnen ein Vorwurf aus dem Betäubungsmittelstrafrecht gemacht wird, stehen wir Ihnen als erfahrene Rechtsanwälte zur Seite und unterstützen Sie in allen Verfahrensstadien des Betäubungsmittelstrafrecht. Nehmen Sie gerne für ein unverbindliches Erstgespräch Kontakt mit uns auf und wir prüfen gerne, wie auch Sie bestmöglichst von der neuen Gesetzeslage profitieren können.

Foto(s): Consultatio Strafverteidiger

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