Rückgabe (auch) des Skandal-Diesels ohne Nutzungsentschädigung?

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Wer einen „Skandal-Diesel“ mit eingebauter NOx-Betrugssoftware fährt, ist sich häufig im Unklaren darüber, ob oder wann seine Ansprüche verjähren.

Die Käufer dieser Fahrzeuge haben zudem mit dem Umstand zu kämpfen, dass sie bei der Rückabwicklung – so zumindest die Mehrzahl der angerufenen Gerichte – üblicherweise eine Nutzungsentschädigung für die gefahrenen Kilometer zahlen müssen und es sich daher in vielen Fällen zumindest bei älteren Fahrzeugen mit entsprechend hoher Laufleistung kaum lohnt, den Klageweg zu beschreiten und eine Rückabwicklung des Kaufvertrages vor Gericht zu erstreiten. Die Faustformel für die vom Käufer zu zahlende Nutzungsentschädigung lautet hier: „Gefahrene Kilometer geteilt durch typische Gesamtlaufleistung (meist 250.000 Kilometer, bei kleineren Wagen zuweilen 200.000, bei großen 300.000) mal Kaufpreis“.

Auch die vor dem Landgericht Oldenburg gegen VW geführten Feststellungsklagen (u. a. Landgericht Oldenburg mit Urteil vom 11.05.2018, 6 O 2257/17, nicht rechtskräftig) sind zumindest im Hinblick auf die Kosten der Prozessführung kritisch zu hinterfragen, da unklar ist, welchen konkreten Wert die Feststellung des Bestehens eines Schadensersatzanspruches gegenüber VW tatsächlich hat.

Die Besonderheit beim Widerruf von insoweit „fehlerhaften“ Pkw-Kredit- und Leasingverträgen der Autobanken hingegen besteht nun darin, dass Käufer, die ihren Pkw nach dem 10. Juni 2010 mit einem vom Händler vermittelten Kredit- oder Leasingvertrag finanziert haben, ihn zeitlich unbeschränkt widerrufen können. Sie erhalten Anzahlung und Raten zurück und müssen im Gegenzug u. a. das Auto zurückgeben.

Dies betrifft übrigens alle Fahrzeuge, nicht nur die vom Diesel-Abgasskandal betroffenen.

Inzwischen haben vier Landgerichte in diesem Zusammenhang die VW Bank verurteilt:

  • Landgericht Arnsberg, Urteil vom 17.11.2017 Aktenzeichen: 2 O 45/17 (nicht rechtskräftig)
  • Landgericht Berlin, Urteil vom 05.12.2017 Aktenzeichen: 4 O 150/16 (nicht rechtskräftig)
  • Landgericht Ellwangen (Jagst), Urteil vom 25.01.2018 Aktenzeichen: 4 O 232/17 (nicht rechtskräftig)
  • Landgericht München I, Urteil vom 09.02.2018, Aktenzeichen: 29 O 14138/17 (nicht rechtskräftig)
  • Landgericht München I, Urteil vom 01.06.2018, Aktenzeichen: 29 O 1351/18 (nicht rechtskräftig)
  • Das Landgericht Stuttgart hält eine Widerrufsbelehrung der Mercedes-Benz Bank AG für falsch (Landgericht Stuttgart, Hinweis vom 02.05.2018 zum Aktenzeichen: 12 O 94/18).

Da also diverse Kreditverträge fehlerhaft sind, können diese damit auch Jahre nach Vertragsschluss noch widerrufen werden. Die VW Bank – so ist u. a. in den Urteilen zu lesen – hätte ihre Kunden genauer über das Recht zur Kündigung der Kreditverträge informieren müssen. So wurde VW verurteilt, die Fahrzeuge zurückzunehmen.

In der Widerrufsbelehrung der Mercedes-Benz Bank AG waren Widerrufsbelehrung und Geschäftsbedingungen zum Sollzins nach Widerruf widersprüchlich, sodass der Hinweis des o. g. Gerichts erfolgte. Besonders interessant wird es für über Herstellerkredite finanzierte Pkw, die nach dem 13.06.14 erworben wurden:

An diesem Tag ist u. a. die Nutzungsentschädigung für Verbraucher neu – und sehr verbraucherfreundlich – geregelt worden (§ 357 VII BGB), sodass bei widerrufenen Verträgen eine Entschädigung für die gefahrenen Kilometer nicht zu leisten ist, so u. a. Rechtsanwalt Alexander Döll, Experte für Verbraucherrecht in der Juristischen Zentrale des ADAC. Demnach lasse sich die Pflicht zum Nutzungswertersatz nicht direkt ableiten, schreibt er in der Fachzeitschrift Deutsches Autorecht (DAR Heft 2/2018, S. 66).

Zumindest bis zum heutigen Tage liegen jedoch noch keine Entscheidung vor, in denen eine Rückabwicklung ohne Nutzungsersatz ausgeurteilt wurde. Dies könnte unter anderem daran liegen, dass derartige, ein großes Medieninteresse auslösende Urteile dadurch tunlichst vermieden werden, dass sich die Parteien einigen, wobei sehr großzügige Angebote der betroffenen Banken mit entsprechenden Verschwiegenheits-Klauseln als Grundlage derartiger Einigungen angenommen werden können.  

Der Text umfasst u. a aktuelle Erkenntnisse der Stiftung Warentest vom Mai 2018, wobei auch Rechtsanwalt Spangenberg als in der Thematik ausdrücklich empfohlener Rechtsanwalt („Diese Anwälte helfen“) unter „Santander Consumer Bank AG“ benannt ist.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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