Schmähgedicht
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Kurz und bündig:
- Der türkische Staatspräsident Recep Erdoğan hat gegen Mathias Döpfner keinen Unterlassungsanspruch wegen seiner Solidarisierung mit dem Schmähgedicht von Jan Böhmermann.
- Döpfner habe sich das Gedicht aus presserechtlicher Sicht nicht „zu eigen gemacht“. Insofern ist seine Solidarisierung von der Meinungsfreiheit gedeckt.
(vgl. OLG Köln, Beschluss vom 21.06.2016 – 15 W 32/16)
Der türkische Staatspräsident hatte zunächst vor dem Landgericht den Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen den Vorstandsvorsitzenden des Springer-Verlags beantragt. Das Gericht erachtete die Äußerung von Döpfner jedoch als eine von Art. 5 GG geschützte zulässige Meinungsäußerung. Nun hat das OLG Köln die Abweisung des Antrags bestätigt. Dass Döpfner den Beitrag aus Jan Böhmermanns Sendung „Neo Magazin Royale“ gutheiße, sei von seinen Grundrechten umfasst.
Präsident Erdogan begehrte Unterlassung aus § 1004 Abs.1 Satz 2 analog, § 823 Abs.1 BGB in Verbindung mit Art.1 Abs.1, Art.2 Abs.1 GG, Art. 8 Abs.1 EMRK. Das OLG bestätigte die Rechtsauffassung des LG, wonach es sich bei der von Erdogan angegriffenen und im „PS“ des „offenen Briefes“ enthaltenen Äußerung unter der gebotenen Rücksicht des für ihr Verständnis maßgebenden Kontextes nicht um eine Beleidigung handelt. Zwar könne das „Zu-Eigen-Machen“ einer fremden Äußerung zu einer erhöhten Verantwortlichkeit führen – indes sei ein solcher Tatbestand hier nicht erfüllt. Zwar habe Döpfner einige Originalstellen aus dem in Rede stehen Satiregedicht wörtlich übernommen. Unabhängig von der rechtlichen Bewertung des Gedichts als solchem sei eine bloße Bezugnahme auf dieses hingegen zulässig.
Durch die rigide Ablehnung und Verurteilung Erdogans bzgl. jedweder Veröffentlichung im Zusammenhang mit Jan Böhmermanns Schmähgedicht untermauert das türkische Staatsoberhaupt erneut den Stellenwert, den er Grundrechten wie Meinungs- und Pressefreiheit beimisst. Auch wenn die rechtliche Zulässigkeit der in Jan Böhmernanns satirischem Schmähgedicht verwendeten Begriffe noch nicht abschließend geklärt wurde, so scheint jedenfalls die bloße Inbezugnahme dessen juristisch unbedenklich.
RA Marc E. Evers / Wiss.Mit. Julius Pieper
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