Schulbegleiter befinden sich regelmäßig in keinem Arbeitsverhältnis

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Soziale Arbeit kann sowohl im Rahmen von Arbeitsverhältnissen als auch in anderen Rechtsverhältnissen erbracht werden; beim Beruf  eines Schulbegleiters liegt nach Ansicht des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen regelmäßig nur freie Honorartätigkeit, aber kein Arbeitsverhältnis vor.

Ein 1963 geborener Kunsttherapeut und Kunstpädagoge hat im Jahre 2006 die 1. Staatsprüfung für das Lehramt Sonderpädagogik an öffentlichen Schulen abgelegt und ist nunmehr als Schulbegleiter tätig. Die Verwaltung  setzte  für die Durchführung von Schulbegleitungen Honorarkräfte ein. Es bestand ein Pool freiberuflicher Mitarbeiter, in dem verschiedene Berufsgruppen vertreten waren. Der Einsatz erfolgte je nach Bedarf in Abhängigkeit auftretender Jugendhilfefälle.

Mit Schreiben vom 4. Juni 2009 wurde unser Schulbegleiter von der Verwaltung mit der Schulbegleitung des an ADHS leidenden Schülers H. an der Grund- und Hauptschule Landesbergen beauftragt. Im Auftragsschreiben führte sie unter anderem aus:

„Die Einsatzzeit zur Schulbegleitung wird durch meinen Allgemeinen Sozialen Dienst festgelegt. Die Stunde wird mit 24 € vergütet.

Ich bitte, eine Rechnung über die von ihnen geleisteten Stunden monatlich nachträglich zu übersenden. Ich weise darauf hin, dass es sich bei der Schulbegleitung um eine selbständige Tätigkeit im Sinne des Einkommensteuerrechts handelt. Die Entschädigung wird daher unversteuert an Sie ausgezahlt. Für die Versteuerung der Ihnen gezahlten Beträge haben Sie ... in eigener Verantwortung zu sorgen."

Die Schulbegleitungen wurden sodann vom Schulbegleiter durchgeführt. Er rechnete die geleisteten Stunden ab. Seine Tätigkeit bestand in der Unterstützung und Anleitung des Schülers H., damit dieser selbständig, aktiv und konstruktiv am Unterricht teilnehmen kann.

Der Schulbegleiter musste an den monatlichen Teambesprechungen teilnehmen. Ferner sollte alle 2 Monate eine Supervision stattfinden. Im Falle einer Erkrankung musste sich der Schulbegleiter vor Unterrichtsbeginn bei der Verwaltung, der Schule und den Eltern des Schülers melden.

Die Verwaltung teilte sodann mit Schreiben vom 8. Oktober 2009  dem Schulbegleiter mit, dass die Schulbegleitung für H. zum 2. Oktober 2009 ende und forderte ihn auf, die Rechnung für September und Oktober einzureichen. Dies tat der Schulbegleiter auch. Gleichzeitig schrieb er der Verwaltung, dass er sich seit dem 29. Mai in einem Arbeitsverhältnis zu ihr befinde.

Da die Verwaltung kein Arbeitsverhältnis zum Schulbegleiter erblicken konnte oder wollte, erhob der Schulbegleiter beim Arbeitsgericht Klage auf Feststellung, dass er sich in einem Arbeitsverhältnis befinde.

Sowohl Arbeitsgericht, als auch Landesarbeitsgericht sahen kein Arbeitsverhältnis und wiesen seine Klage ab.

Soziale Arbeit könne sowohl im Rahmen von Arbeitsverhältnissen als auch in anderen Rechtsverhältnissen erbracht werden. Der jeweilige Vertragstyp ergäbe sich aus dem wirklichen Geschäftsinhalt.  Vorliegend könne nicht festgestellt werden, dass der Schulbegleiter sich in einem Arbeitsverhältnis  befunden habe; denn er unterlag weder einem umfassenden Weisungsrecht im Hinblick auf Art und Weise der Ausführung seiner Tätigkeit noch war er in die Arbeitsorganisation der Verwaltung eingegliedert. 

Der Schulbegleiter gehe selbst davon aus, dass er bei seiner Tätigkeit kein  vorgegebenes Konzept habe umsetzen müssen. Entgegen seiner Auffassung könne jedoch nicht festgestellt werden, dass die Verwaltung befugt war, ihm konkrete Weisungen zum Inhalt und zur Durchführung der Schulbegleitung zu erteilen. Gegen das Vorliegen eines Weisungsrechts spräche  zudem, dass die Verwaltung nicht berechtigt war, ihm einseitig eine andere Tätigkeit, insbesondere die Schulbegleitung eines anderen Schülers, zuzuweisen. Vielmehr erstreckte sich die ihm übertragene Aufgabe ausschließlich auf die Betreuung des Schülers H.

Unerheblich sei, dass Ort und Zeit der Schulbegleitung vorgegeben waren. Dies ergibt sich vielmehr aus dem Inhalt der ihm übertragenen Aufgabe. Es liege in der Natur der Sache, dass eine Schulbegleitung in der Schule des betreuten Schülers und während der Dauer des Unterrichts erfolgen müsse. Für eine Abgrenzung zwischen einem Arbeitsverhältnis und einem freien Mitarbeiterverhältnis seien diese Kriterien deshalb nicht tauglich.

Somit könne nicht festgestellt werden, dass der Schulbegleiter  derart persönlich abhängig war, dass zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis begründet worden ist.

Die Klage war daher abzuweisen. 

(Quelle:  Landesarbeitsgericht Niedersachsen,  Urteil vom 03.03.2011;  7 Sa 1370/10

Vorinstanz: Arbeitsgericht Nienburg, Urteil vom 22.07.2010; 2 Ca 105/10)

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