Schulzuweisungen in Hamburg - Widerspruch nötig?

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Jedes Jahr im April warten unzählige Hamburger Eltern auf Post von der Schule; ihre Kinder kommen nach den Sommerferien in die fünfte Klasse, und es steht die Entscheidung über die weiterführende Schule an. Wenn dann endlich der ersehnte Brief mit der Schulzuweisung kommt, ist die Enttäuschung oft groß, weil ein Kind auf eine gänzlich unbekannte Schule gehen soll. Wie konnte das geschehen? Und: Was können Sie dagegen tun?

Wie bei jeder Verwaltungsentscheidung gibt es auch im Fall der Schulzuweisung die Möglichkeit, sich gegen den Bescheid zu wehren und Widerspruch einzulegen. Der muss nicht begründet werden, es empfiehlt sich aber, ihn dennoch und sehr sorgfältig zu begründen. Der Widerspruch wird nämlich zunächst von der Schule bearbeitet, die die Schulzuweisung erlassen hat. Und das ist die Schule, auf die Ihr Kind eigentlich gehen wollte. Häufig fühlen Schulleiter sich geschmeichelt, wenn Eltern es mit einer gewissen Vehemenz versuchen, ihr Kind bei ihm unterzubringen. Wenn dann ein gut begründeter Widerspruch eingereicht wird, kann es sein, dass er den Schulleiter umstimmt. Er könnte dann dem Widerspruch, wie man sagt, abhelfen und Ihr Kind doch noch aufnehmen. Das geschieht sogar recht oft. Erst wenn er das nicht tut, muss die Widerspruchsstelle entscheiden.

Wird der Widerspruch zurückgewiesen, müssen Sie darüber nachdenken, gegen die Schulzuweisung eine Schulplatzklage zu erheben und gegebenenfalls eine einstweilige Anordnung zu beantragen; damit kann Ihr Kind vorläufig der gewünschten Schule zugewiesen werden. Die Verwaltungsgerichte bemühen sich, solche Verfahren besonders zügig zu behandeln und vor dem Ende der Sommerferien abzuschließen, damit Sie wissen, welche Schule Ihr Kind besuchen wird.

Kann ich mir die Schule nicht aussuchen?

Grundsätzlich gibt es in Hamburg das Recht der freien Schulwahl. Das gilt aber nur, solange es an der gewählten Schule genügend freie Plätze gibt. Gibt es mehr Anmeldungen als freie Plätze, findet für die Schulzuweisung ein Auswahlverfahren in mehreren Stufen statt. Als Eltern haben Sie dann nur noch die Wahl zwischen Stadtteilschule und Gymnasium einerseits und Schulen mit und ohne Ganztagesangebot andererseits. Wenn diese Wahl allerdings nicht berücksichtigt wird, kann eine Schulzuweisung angreifbar sein. 

Schulzuweisung für Kinder mit Förderbedarf

Zunächst findet die Schulzuweisung für Kinder mit sog. speziellem Förderbedarf statt. Das können Kinder sein, die an Autismus leiden oder Defizite in den Bereichen Lernen, Sprache oder emotionale und soziale Entwicklung haben. Die genauen Aufnahmeregeln für diese Kinder finden Sie in einer Richtlinie, die Sie hier abrufen können. Damit die Inklusion dieser Kinder gelingen kann, wird eine gute Mischung der Klassen angestrebt. Deshalb werden für Inklusionskinder nicht allzu viele Plätze reserviert.

Schulzuweisung bei Härtefällen

Die Schulzuweisung für die übrigen Plätze richtet sich nach § 42 Abs. 7 HmbSG (Hamburger Schulgesetz), wobei es auch hier wieder eine Gruppe von Kindern gibt, die das Schulgesetz zwar nicht nennt, die aber trotzdem vorrangig eine Schulzuweisung zu der gewünschten Schule erhalten: Das sind Kinder in Härtefällen. Ob ein Härtefall vorliegt, muss im Einzelfall entschieden werden. Die zuständigen Verwaltungsgerichte in Hamburg stellen hier jedoch hohe Hürden auf und neigen dazu, auch schwerwiegende Gründe für allgemeine Probleme zu halten. Wenn ein Problem aber allgemein ist, ist es keine besondere Härte mehr. 

Schulzuweisung für alle anderen Kinder

Wenn kein Härtefall vorliegt, darf die Schule die Schulzuweisung nur nach zwei Kriterien vornehmen: Als erstes werden die Kinder aufgenommen, die bereits ein Geschwisterkind an der Schule haben, und die letzten verbleibenden Plätze werden nach der Länge des Schulwegs vergeben: Wer den kürzeren Schulweg hat, bekommt die Schulzuweisung vor dem Kind mit dem längeren Schulweg.

Schulzuweisung bei Sportlern

Eine kleine Ausnahme gibt es für Sportler: Wenn die Wunschschule ein erweitertes Angebot für sportlich besonders talentierte Kinder anbietet, kann sie einen Nachweis für die besondere Begabung verlangen. Ohne den wäre eine Schulzuweisung dann nicht möglich.

Das klingt einfach. Kann man da etwas falsch machen?

So einfach, wie das Verfahren klingt, ist es aber nicht. Das liegt zum einen an der unklaren Abgrenzung zwischen Härtefall und normalen Problemen, zum anderen ist auch die weitere Entscheidung über die Schulzuweisung fehleranfällig. Es gibt beispielsweise immer wieder Fälle, in denen die Länge des Schulwegs falsch berechnet wurde; erst vor wenigen Monaten hat das VG Hamburg entschieden, dass sich Schulen bei der Schulzuweisung nicht blindlings auf einen Schulwegroutenplaner verlassen dürfen.

Wenn die Schulzuweisung falsch ist, kann sich die Behörde auch nicht darauf berufen, dass die Klassen voll sind.

Aber ich habe doch wenigstens die Chance auf den Zweitwunsch?

Sobald dieses Verfahren für Ihren Erstwunsch beendet ist, wird es für Ihren Zweit- oder Drittwunsch wiederholt. Hier gibt es aber einen Haken: Bei Zweit- und Drittwünschen wird das Verfahren der Schulzuweisung nur für die Plätze wiederholt, die nach der Schulzuweisung für die Erst- bzw. Zweitwünsche noch übrig sind. Praktisch bedeutet das, dass Zweit- oder Drittwünsche nur berücksichtigt werden können, wenn Sie nur Schulen angeben, die nicht stark nachgefragt sind.

Was passiert, wenn mein Kind keine Schulzuweisung zu seiner Wunschschule bekommt?

Wenn Ihr Kind keine Schulzuweisung zu einer Wunschschule erhalten hat, wird es einer anderen Schule zugewiesen, die die Behörde sich aussucht. Hier kommt es letzten Endes nur darauf an, dass der Schulweg altersgemäß ist, also nicht zu lang ist. Von Fünftklässlern wird auch erwartet, dass sie mit dem HVV fahren. Ein Wunsch der Eltern wird aber auch hier berücksichtigt, nämlich die gewählte Schulform. Haben Sie bei Ihren Wunschschulen nur Gymnasien angegeben, wird die Behörde ein Gymnasium auswählen; gleiches gilt bei den Stadtteilschulen. Wenn Sie bei den Wünschen aber ein Gymnasium und eine Stadtteilschule angegeben haben, geht die Behörde davon aus, dass Ihnen sie Schulform gleichgültig ist und sucht selbst aus.

Letzte Möglichkeit: Zweite Runde

Sie können gegen die Schulzuweisung Widerspruch einlegen. Das sollten Sie auch unbedingt tun, denn es gibt noch ein Schlupfloch, um doch noch an die Wunschschule zu kommen: Viele Kinder entscheiden sich noch um und nehmen einen zugewiesenen Schulplatz nicht an, sondern melden sich an einer anderen Schule an, an der noch Plätze frei sind. Die Verwaltung nennt diese Schüler "Sinneswandler". Deren Plätze werden wieder frei und in einer zweiten Runde vergeben.

An dieser Runde nehmen aber nur die Kinder teil, deren Schulzuweisung noch nicht bestandskräftig geworden ist, die also gegen die Schulzuweisung Widerspruch eingelegt haben. Deshalb sollten Sie unbedingt Widerspruch einlegen, um Ihre Chancen auf die Wunschschule zu wahren.

Was soll ich tun?

  • Wählen Sie die Wunschschulen sorgfältig aus. Versuchen Sie, als Zweit- oder Drittwünsche wenig gefragte Schulen zu nehmen, wenn das möglich ist.
  • Legen Sie gegen eine unerwünschte Schulzuweisung Widerspruch ein. Nur so haben Sie die Chance auf die zweite Runde
  • Der Widerspruch sollte gut begründet sein. Hierbei helfen wir Ihnen gern.
  • Wenn Ihr Widerspruch zurückgewiesen wurde, können Sie dagegen klagen. Auch dabei unterstützen wir Sie.


Die telefonische Erstberatung ist für Sie kostenlos. Rufen Sie uns gern unter 040 – 411 88 15 70 an.

Für die Vertretung im Widerspruchsverfahren vereinbaren wir ein günstiges Pauschalhonorar, so dass Sie von Beginn der Beratung an wissen, welche Kosten auf Sie zu kommen.

Foto(s): Adobe Stock

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