Schwarzgeldabrede beim Immobilienkauf

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Einleitung / Problemstellung

Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte in seinem Urteil vom 15. März 2024 (Aktenzeichen V ZR 115/22) über die Frage zu entscheiden, ob ein Grundstückskaufvertrag, bei dem der Kaufpreis in einer notariellen Urkunde bewusst niedriger angegeben wurde als tatsächlich vereinbart, wirksam ist oder aufgrund dieser “Schwarzgeldabrede” nichtig sein könnte. Im Streitfall waren die Parteien eine Käuferin (Klägerin) und ein Verkäufer (Beklagter) einer Wohnungs- und Teileigentumseinheit.

Relevante Hintergrundinformationen

Im vorliegenden Fall verkaufte der Beklagte eine Wohnungs- und Teileigentumseinheit an die Klägerin für einen offiziell beurkundeten Kaufpreis von 120.000 Euro, obwohl tatsächlich ein Preis von 150.000 Euro vereinbart war. Den Differenzbetrag von 30.000 Euro zahlte die Klägerin dem Beklagten bereits vor der Beurkundung in bar. Nach Zahlung des restlichen Kaufpreises von 120.000 Euro wurde die Klägerin als Eigentümerin ins Grundbuch eingetragen.

Der BGH musste klären, ob eine solche Praxis zur Steuerhinterziehung dazu führt, dass der gesamte Kaufvertrag nichtig ist oder ob lediglich strafrechtliche Konsequenzen in Bezug auf die Steuerhinterziehung drohen.

Nachdem der Beklagte gegenüber dem Finanzamt eine Selbstanzeige in Bezug auf die Steuerhinterziehung erstattet hatte und die Grunderwerbsteuer für den gesamten Kaufpreis festgesetzt wurde, forderte er die Rückabwicklung des Kaufvertrags. Um die Situation juristisch zu klären, beantragte und bewilligte die Klägerin die Eintragung eines Widerspruchs gegen ihre Eintragung als Eigentümerin auf Verlangen des Beklagten. In der Folge überwies der Beklagte 120.000 Euro auf ein Treuhandkonto eines Notars, der diesen Betrag an die Klägerin auszahlte.

Mit der Klage machte die Klägerin die Löschung des Widerspruchs geltend

Wichtige rechtliche Erwägungen

1. Anspruch der Klägerin auf Zustimmung zur Löschung des Widerspruchs

Nach Auffassung des Berufungsgerichts (BerGer.), die der BGH bestätigte, ergibt sich ein Anspruch der Klägerin gegen den Beklagten auf Zustimmung zur Löschung des Widerspruchs aus § 894 BGB. Die Klägerin war durch die Auflassung und Eintragung ins Grundbuch rechtmäßig Eigentümerin der Wohnungs- und Teileigentumseinheit geworden. Zwar war der beurkundete Kaufvertrag wegen der bewusst falschen Kaufpreisangabe nach § 117 Abs. 1 BGB als Scheingeschäft nichtig. Das verdeckte Rechtsgeschäft, der mündlich abgeschlossene Kaufvertrag über 150.000 Euro, sei jedoch wirksam. Dieser Formmangel wurde durch die notarielle Auflassung und Eintragung ins Grundbuch gemäß § 311b Abs. 1 Satz 2 BGB geheilt.

2. Keine Nichtigkeit des Kaufvertrags nach § 134 BGB

Der BGH stellte fest, dass der Kaufvertrag trotz der falschen Kaufpreisangabe nicht gegen ein gesetzliches Verbot gemäß § 134 BGB oder die guten Sitten gemäß § 138 Abs. 1 BGB verstößt. Die Steuerhinterziehung war nicht der Hauptzweck des Vertrags, sondern die Parteien wollten den Leistungsaustausch (Eigentumsübertragung gegen Kaufpreis) ernstlich vollziehen.

3. Unterschied zu Entscheidungen des VII. Zivilsenats und Werkvertragsrecht

Ein wichtiger Aspekt der Entscheidung war die Abgrenzung zur Rechtsprechung des VII. Zivilsenats des BGH, der in Fällen von Schwarzarbeit nach dem Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz (SchwarzArbG) eine Gesamtnichtigkeit des Vertrags annimmt. Der BGH betonte, dass diese Erwägungen nicht auf Schwarzgeldabreden im Rahmen von Grundstückskaufverträgen anwendbar sind. Das SchwarzArbG zielt unmittelbar darauf ab, die Erfüllung steuerlicher Pflichten zu verhindern, den zugrunde liegenden Rechtsgeschäften ihre rechtliche Wirksamkeit zu nehmen, um den Leistungsaustausch zu unterbinden und insbesondere der Schutz des redlichen Wettbewerbs zu gewährleisten. Im Gegensatz dazu zielt die Strafbarkeit der Steuerhinterziehung bei Grundstücksgeschäften “nur” auf die Sicherung des staatlichen Steueraufkommens ab und nicht auf den Schutz des redlichen Wettbewerbs.

Folgen für die Praxis

Dieses Urteil des BGH hat erhebliche praktische Konsequenzen für Immobilienkaufverträge, bei denen der tatsächliche Kaufpreis von dem im notariellen Vertrag angegebenen abweicht. Es bestätigt, dass eine solche Diskrepanz und die damit verbundene Steuerhinterziehung nicht automatisch zur Nichtigkeit des gesamten Vertrags führt. Der Hauptzweck des Vertrags, also der ernstliche Leistungsaustausch, bleibt maßgeblich. Für die Praxis bedeutet dies, dass sowohl Käufer als auch Verkäufer wissen müssen, dass eine bewusste Falschangabe des Kaufpreises nicht zwingend zur Unwirksamkeit des Vertrags führt, es sei denn, die Steuerhinterziehung ist der Hauptzweck des Geschäfts.

Die umstrittene Frage, ob die Vorschriften des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz auf Kaufverträge übertragen werden können, ist mit nein beantwortet.

Fazit

Das Urteil des BGH vom 15. März 2024 stellt klar, dass Schwarzgeldabreden bei Grundstückskaufverträgen nicht automatisch zur Nichtigkeit des gesamten Vertrags führen, solange die Steuerhinterziehung nicht der Hauptzweck des Geschäfts ist. Der Entscheidung wird eine erhebliche Bedeutung beigemessen, da sie die Rechtsprechung zu steuerlichen Verstößen bei Immobiliengeschäften festigt und Grenzlinien zwischen privatrechtlicher Wirksamkeit und strafrechtlichen Folgen aufzeigt. Die Praxis muss sich darauf einstellen, dass Schwarzgeldabreden außerhalb des Werkvertragsrechts rechtlich anders bewertet werden.




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