Selbsthilfe nach Fahrraddiebstahl

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Allein in Leipzig gibt es über 8.000 Fahrraddiebstähle im Jahr, nur ein Bruchteil der Räder wird auch tatsächlich wieder von der Polizei gefunden. Wie ist es nun aber, wenn ich mein als gestohlen gemeldetes Fahrrad selbst wiederfinde, darf ich es dann dem Dieb wieder wegnehmen?

Das Bürgerliche Gesetzbuch regelt einen solchen Fall in den Paragraphen 858 und 859. In diesem Zusammenhang fallen auch immer die Begriffe Besitzkehr sowie Besitzwehr.

Hier ein Beispiel: A hält B fest, weil B mit einem Fahrrad herumfährt, von dem A glaubt, dass dieses im gestohlen wurde. B wehrt sich und behauptet, dieses auf dem Flohmarkt gekauft zu haben.

Besitzer vs. Eigentümer, zunächst einmal ist der juristischer Unterschied zu erklären:

Der Besitzer einer Sache ist derjenige, der momentan die Verfügungsgewalt über eine Sache hat. Zum Beispiel, weil er sie bei sich trägt. Deshalb muss ihm die Sache aber noch lange nicht gehören. Der Eigentümer hat jedoch noch höhere Rechte an der Sache, er ist derjenige, dem eine Sache rechtlich gehört.

Der Besitz allein reicht aber bereits aus, um Rechte zu erlangen. Dies ist auch notwendig, beispielsweise stehen viele Autos im Eigentum von Banken, die Besitzer fahren jedoch mit diesen und müssen daher geschützt sein.

Den Besitz erlangt man schon dann, wenn man im Supermarkt das letzte Glas Nutella in seinen Einkaufswagen stellt. Obwohl der Supermarkt noch der Eigentümer ist, ist man bereits Besitzer und niemand anderes darf das Glas Nutella einfach aus dem Einkaufswagen nehmen. Denn dies wäre schon verbotene Eigenmacht nach §858 BGB. Eigentümer werden nach §872 BGB übrigens „Eigenbesitzer“ genannt.

§ 858 BGB Verbotene Eigenmacht
Die Besitzkehr durch einen Dritten ist widerrechtlich, und der so erlangte Besitz „fehlerhaft“. Diese Fehlerhaftigkeit wird sogar vererbt, verjährt jedoch nach einem Jahr.

§ 859 BGB Selbsthilfe des Besitzers
Hierdurch erhält der Besitzer großzügige Rechte, denn das Gewaltmonopol wird in diesem Fall gebrochen. Der Besitzer einer Sache darf sich im Falle der verbotenen Eigenmacht durch Dritte gegen diese Dritten wehren. Auch Gewaltsam. Der Störer muss jedoch auf frischer Tat erwischt worden sein – also zweifelsfrei feststehen. Überdies ist dem Besitzer auch die Verfolgung erlaubt – sogar über fremde Grundstücke hinweg nach §867 BGB, da in der Regel eine „Gefahr im Verzug“ vorliegt kann der Grundstückseigentümer dies nicht verwehren. Jedoch kann er später Schadenersatzansprüche geltend machen wenn diese durch die Verfolgung entstanden sind.

Im Beispielsfall heißt dass nun: A hat kein Recht B festzuhalten, es sei denn er würde sein Fahrrad an Gebrauchsspuren oder individuellen Veränderungen einwandfrei identifizieren können. In diesem Falle hätte B die Fehlerhaftigkeit des Besitzes sozusagen mitgekauft und wäre nach §861 Abs.1 BGB A zur Aushändigung verpflichtet.

Würde A sich aber täuschen und B festhalten obwohl er sich nicht sicher sein kann, dass B mit seinem Eigentum unterwegs ist, wäre A der Störer und B dürfte sich gegen ihn wehren.

Praxistipp: Am besten ist es, wenn Sie denjenigen, der Ihr Fahrrad fährt anhalten und versuchen seine Personalien zu erhalten. Sollte derjenige sich nicht kooperativ zeigen, so können Sie ihn nach dem soeben gesagten festhalten und die Polizei verständigen. Die Polizei sollte in jedem Fall verständigt werden.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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