Sensation: EuGH erleichtert Dieselklagen im Abgasskandal

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Schwere Niederlage der Automobilhersteller im Diesel-Abgasskandal, großer Sieg für die Verbraucher am Europäischen Gerichtshof. (EuGH). Das oberste europäische Gericht entschied mit Urteil vom 21. März 2023 in einem Daimler-Verfahren, dass Ansprüche auf Schadensersatz gegen die Hersteller bereits aufgrund von fahrlässigem Verhalten rechtens sind. Damit werden Klagen enorm erleichtert. Auch die sogenannte Nutzungsentschädigung, die sich Verbraucher vom Schadensersatz für gefahrene Kilometer bisher abziehen lassen mussten, hat das Gericht in der bestehenden Form gerügt. Das Gericht fordert eine angemessene Entschädigung (Az.: C-100/21). 

Der EuGH folgte mit seinem Urteil den Schlussanträgen des Generalanwalts Athanasios Rantos vom 6. Juni 2022 und widerspricht vehement der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH). Die Diesel-Kanzlei Dr. Stoll & Sauer hält das verbraucherfreundliche Urteil für einen Meilenstein. „Eine neue Klagewelle wird auf die Autoindustrie zurollen“, sagte Kanzlei Geschäftsführer Ralph Sauer. „Die Chancen der Verbraucher auf Schadensersatz sind enorm gestiegen“, betonte Dr. Ralf Stoll, Geschäftsführer der Kanzlei. Dr. Stoll & Sauer rät Betroffenen daher zur anwaltlichen Beratung im kostenlosen Online-Check. Die Kanzlei gehört zu den führenden im Abgasskandal. Mehr Infos zu den Entwicklungen am EuGH gibt es auf unserer Spezial-Website.


Was bedeutet das verbraucherfreundliche EuGH-Urteil?

Der EuGH hat entschieden, dass Käufer eines Kraftfahrzeugs mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung gegen den Fahrzeughersteller einen Anspruch auf Schadensersatz haben, wenn ihnen durch diese Abschalteinrichtung ein Schaden entstanden ist. Dabei hat sich der EuGH mit der Frage beschäftigt, ob die europäischen Regelungen, die sich mit den Genehmigungen von Kraftfahrzeugen auseinandersetzen, auch die Interessen der jeweiligen Käufer schützen. Und diese Frage hat das Gericht bejaht. Der EuGH hat grundsätzlich entschieden, dass Ansprüche auf Schadensersatz gegen die Hersteller bereits aufgrund von fahrlässigem Verhalten berechtigt sind. Damit werden Klagen enorm erleichtert. Bisher mussten geschädigte Verbraucher nachweisen, dass die Hersteller wie VW und Mercedes vorsätzlich und sittenwidrig, vereinfacht gesagt betrügerisch, gehandelt haben. Der Nachweis des Vorsatzes ist sehr schwierig zu führen, weil keiner genau weiß, wie Großkonzerne entscheiden. Wer hat den Diesel-Betrug angewiesen? Wer hat die Manipulation umgesetzt?


Aus Sicht der Dieselskandal-Anwälte wird es nach diesem verbraucherfreundlichen Urteil des EuGH wesentlich leichter sein, erfolgreich gegen Automobilhersteller Schadensersatz einzuklagen. Nicht nur die Erfolgsaussichten sind gestiegen, auch viel mehr Dieselfahrer sind klageberechtigt. Warum ist das so?

  1. Das Thermofenster wird gleich gesetzt mit anderen illegalen Abschalteinrichtungen. Abschalteinrichtungen sorgen dafür, dass die Abgasreinigung auf dem Prüfstand gesetzeskonform funktioniert. Im normalen Straßenverkehr verpesten die Diesel die Umwelt und gefährden die Gesundheit der Menschen.
  2. Fahrlässiges Handeln der Autohersteller beim Einbau der Abschalteinrichtungen genügt bereits, um erfolgreich eine Klage auf Schadensersatz durchzusetzen.
  3. Lässt sich ein sittenwidriges und vorsätzliches Handeln im Diesel-Abgasskandal nachweisen, steht einer Verurteilung zu Schadensersatz bisher auch nichts im Wege. Der BGH beharrt jedoch bisher auf den Nachweis des vorsätzlichen Handelns. Das stellt sich für Kläger jedoch schwierig dar, weil niemand Einblick in die Entscheidungsstrukturen der Autohersteller hat.
  4. Der Bundesgerichtshof hat in einem VW-Urteil den sogenannten Restschadensersatz (BGB §852) bestätigt. Neuwagenkäufer haben hier die Möglichkeit bis zu zehn Jahren ab Kauf, Ansprüche auf Schadensersatz geltend zu machen.
  5. Da das Thermofenster in beinahe allen Dieselmotoren verbaut worden ist, können Verbraucher problemlos gegen jeden Hersteller von Dieselfahrzeugen Ansprüche auf Schadensersatz geltend machen. Das sind neben VW und Mercedes die Marken, Audi, Toyota, Renault, Opel, Fiat, Jepp, BMW, Lancia, Skoda, Seat, Peugeot.
  6. Achtung Wohnmobil-Fahrer: Der durch Fiat Chrysler Automobiles (FCA/jetzt: Stellantis) in die Wohnmobilbranche hineingetragene Abgasskandal wird aufgrund des EuGH-Urteils neue Dynamik erhalten. Die meisten Verfahren sind in Erwartung des EuGH von deutschen Gerichten auf Eis gelegt worden. Alles andere als Verurteilungen von FCA zur Zahlung von Schadensersatz wären jetzt nach dem vorliegenden EuGH-Urteil eine Überraschung.

Rat an die Verbraucher: Abwarten ist immer die falsche Entscheidung. Die Geschichte des Diesel-Abgasskandals bei VW hat gezeigt, dass jene die abgewartet haben, keinen Schadensersatz erhalten haben, obwohl ihnen ein Schaden entstanden ist. Die Fälle waren verjährt. Darauf hat VW immer gesetzt, die Aufklärung verhindert und die Verfahren verschleppt. Eine schnelle Prüfung, ob Schadensersatz geltend gemacht werden kann, wie viel dabei rausspringen kann, sollte daher zügig erfolgen, ehe man erneut aufgrund der eingetretenen Verjährung leer ausgeht

Dr. Stoll & Sauer gehört zu den führenden Kanzleien

Bei der Kanzlei Dr. Stoll & Sauer Rechtsanwaltsgesellschaft mbH handelt es sich um eine der führenden Kanzleien in Deutschland. Die Gesellschafter Dr. Ralf Stoll und Ralph Sauer führten die Musterfeststellungsklage gegen die Volkswagen AG, handelten für 260.000 Verbraucher einen 830-Millionen-Vergleich aus. Aktuell führen die Inhaber in einer Spezialgesellschaft die Musterklage gegen die Mercedes-Benz Group AG.

Foto(s): Pixabay

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