Spezifische Tiergefahr bei der Tierhalterhaftung: Haftung trotz Gehorsam des Hundes
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In einem kürzlich ergangenen Urteil befasste sich der Bundesgerichtshof (BGH) mit der Frage, ob die Haftung eines Hundehalters auch dann greifen kann, wenn ein Hund auf die Kommandos seines Halters reagiert und vermeintlich unter Kontrolle steht. Die Entscheidung behandelt die verschuldensunabhängige Tierhalterhaftung nach § 833 BGB und wirft die Frage auf, ob auch in kontrollierten Situationen eine Tiergefahr bestehen und somit eine Haftung begründet sein kann. Das Urteil bringt wichtige Erkenntnisse für Hundehalter und deren Verantwortung in alltäglichen Situationen (Urteil v. 11.06.2024, Az. VI ZR 381/23).
Unfall trotz Gehorsam: Muss der Tierhalter haften?
In dem zugrunde liegenden Fall stürzte eine Frau beim Spaziergang mit ihrem eigenen Hund durch die Schleppleine eines anderen Hundes, welche sich um ihr Bein geschlungen hatte. Die Tochter des Hundehalters rief den Hund zurück, als dieser einem Mäuseloch nachjagte. Der Hund folgte dem Befehl, jedoch verfing sich die Schleppleine in den Beinen der Frau, was zu einem Sturz mit schwerwiegenden Verletzungen führte.
Keine spezifische Tiergefahr: Vorinstanzen verneinen Haftung
Bei der Tierhalterhaftung ist – anders als bei der allgemeinen Deliktshaftung – kein Verschulden des Halters erforderlich. Es genügt, dass das Tier sich unvorhersehbar verhält und dieses Verhalten zu einem Schaden führt. Folglich reicht aus, dass die Gefahr, die ein Tier immer potenziell mit sich bringt, ursächlich für den Schaden war. Die Vorinstanzen verneinten eine Haftung des Hundehalters. Ihrer Auffassung nach habe der Hund auf ein Kommando reagiert und somit kein unberechenbares Verhalten gezeigt. Folglich sei die erforderliche spezifische Tiergefahr für die Haftung nicht verwirklicht worden.
Tiergefahr trotz Kommando verwirklicht – Verhalten wird nicht vollständig vom Menschen gesteuert
Nach Ansicht des BGH schließt jedoch selbst der Gehorsam eines Tieres die Verwirklichung der spezifischen Tiergefahr nicht automatisch aus. Entscheidend sei, dass das Verhalten des Hundes, insbesondere seine Laufrichtung, Geschwindigkeit und Kraftentfaltung, trotz des befolgten Kommandos nicht vollständig vom Menschen gesteuert wurde. Der Hund habe aus eigener Energie gehandelt und damit die typische, unberechenbare Gefahr eines Tieres gezeigt. Der Hundehalter müsse daher auch für dieses unkontrollierte Verhalten haften.
Umfassende Haftung des Tierhalters: Begründung durch unkontrollierbares Verhalten
Das Urteil des BGH verdeutlicht, dass die Tierhalterhaftung auch in scheinbar beherrschten Situationen greift. Selbst wenn ein Hund auf Kommandos hört, bleibt er ein lebendes Wesen, dessen Verhalten nie vollständig berechenbar ist. Hundehalter tragen daher stets das Risiko der spezifischen Tiergefahr, selbst wenn das Tier kontrolliert erscheint.
Kontrolliertes Vorgehen trotz unkontrollierbaren Verhaltens: GKS Rechtsanwälte stehen Ihnen zur Seite
Dieses Urteil ist von großer Bedeutung, da es die rechtlichen Risiken für Hundehalter selbst in alltäglichen Situationen hervorhebt und aufzeigt, dass eine lückenlose Haftung besteht. Gerade deswegen ist es umso wichtiger, in Fällen der Tierhalterhaftung gut beraten zu sein. Unsere Rechtsanwältin Anna-Sophie Böttcher steht Ihnen bei Fragen rund um das Thema Tierrecht beratend zur Seite. Kontaktieren Sie uns schnell und unkompliziert über die unverbindliche Online-Beratung oder rufen Sie uns an (0202 24 56 70).
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