Start-up-Gründer erstreitet mit LFR Wirtschaftsanwälten einstweilige Verfügung gegen seinen Gesellschafterausschluss

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Vorbemerkung

Der Abschluss einer Finanzierungsrunde ist für Gründungsgesellschafter ein aufregender und kraftraubender Akt. Dem Einstieg geht oftmals eine aufwendige Due Diligence in den Bereichen Strategie, Finanzen, Operational, Commercial Tax, IT und Legal voraus. Deren Ergebnisse sind meist unter großem Zeitdruck und nicht selten in hunderten von (gerne  in rechtsenglischer Sprache formulierten) Seiten vom externen Beratern zusammengefasst. Es ist daher nicht verwunderlich, dass mancher Gründungsgesellschafter erst nach notarieller Beurkundung die Verträge sorgsam prüft und mit Erschrecken feststellt, dass er nicht mehr Herr im (vormals eigenen Haus) ist, sondern die Firma gesellschaftsrechtlich von den Investoren kontrolliert wird.

Wer dann auf einmal nicht mehr den Vorstellungen der Investoren entspricht, sieht sich schnell vor die Tür gesetzt.

Während sich Gründungsgesellschafter ohne ausdrückliche vertragliche Absicherung i.d.R. kaum gegen ihre Abberufung als Geschäftsführer wehren können, ist das Vorgehen gegen einen Ausschluss als Gesellschafter aussichtsreicher, insbesondere wenn die Gesellschafter zur Begründung den Verlust der Stellung als Geschäftsführer heranziehen.

In der Praxis erlaubt die Satzung aber i.d.R. einen sofortigen Ausschluss, verbunden mit dem Verlust der Stimmrechte. Wenn dann der Gründungsgesellschafter – wie üblich – sofort nach Abberufungsbeschluss als Gesellschafter aus der Gesellschafterliste ausgeschlossen wird, verfügt dieser über keine Teilhabe und Mitspracherechte mehr in der Gesellschaft. Denn der BGH stellt seit einiger Zeit für die Frage, wer als Gesellschafter anzusehen ist, maßgeblich auf die Gesellschafterliste ab.

Es ist daher von entscheidender Bedeutung für den Gesellschafter, dass er sich mit dem Mittel des einstweiligen Rechtsschutzes gegen seinen vorläufigen Ausschluss wehren kann.

Zum Sachverhalt

In dem vom OLG München entschiedenen Fall beantragte der von uns vertreten StartUp-(Mit-)Gründer die Hinterlegung einer neuen Gesellschafterliste im Wege des Eilrechtsschutzes zu untersagen. An seiner Gesellschaft (einer GmbH, an der er noch mehr als 10 % der Anteile hielt) waren verschiedene namhafte VC-Investoren beteiligt. Der Startup-Gründe war zunächst auch Geschäftsführer der Start-Up-GmbH.

Wenige Wochen nach einer erfolgreichen Finanzierung wurde ihm von den Investoren eröffnet, dass man ihn nicht für geeignet halte, die Start-Up-GmbH zu führen. Der Geschäftsführer lud daraufhin sensible Firmendateien auf seinen betrieblichen Laptop und ein Speichermedium herunter, gab diese aber später wieder zurück. In einer daraufhin abgehaltenen Gesellschafterversammlung stimmen die Investoren jedoch gleichwohl für die Abberufung des Geschäftsführers und die außerordentliche Kündigung seines Anstellungsvertrags. In einer weiteren Gesellschafterversammlung wurde mit den Stimmen der Investoren außerdem die Einziehung der Geschäftsanteile der Gründungsgesellschafterin an der Start-Up-GmbH beschlossen.

Der Start-Up-Gründer beantragte im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Unterlassung der Einreichung einer neuen Gesellschafterliste der Start-Up-GmbH (bzw. die Hinterlegung einer korrigierten Liste, wenn eine Einreichung bereits erfolgt sei) und ihre Fortbehandlung als Gesellschafterin. Gegen die Entscheidung des Landgerichts, das den Erlass der einstweiligen Verfügung abgelehnt hatte, legte er sofortige Beschwerde ein.

DAS OLG München gab unserer sofortigen Beschwerde (Beschl. vom 18.05.2021 – Az. 7 W 718/21 n.rk.) statt. Es entschied als erstes Obergericht, dass ein Gesellschafter auch vorgelagert im Wege und unter den Voraussetzungen des einstweiligen Rechtsschutzes von der Gesellschaft die Korrektur einer zwischenzeitlich geänderten Gesellschafterliste verlangen kann. Das gelte in besonderem Maße bei Start-ups, bei denen in der Anfangsphase bedeutende Entscheidungen in schneller Folge gefasst werden und es deswegen für einen möglicherweise ausgeschlossenen Gesellschafter besonders misslich wäre, seine vorläufig zu verlieren.

Zugleich hielt es das OLG München für glaubhaft, dass der Einziehungsbeschluss rechtswidrig war. Es hob hervor, dass das Herunterladen der Daten und diverse damit im Zusammenhang stehende Pflichtverletzungen zwar möglicherweise die Abberufung und Kündigung des Geschäftsführers rechtfertigten, dies aber nicht reiche, um (auch) die Einziehung der Geschäftsanteile der Gründungsgesellschafterin zu begründen.

Praxishinweis

Der von einem rechtswidrigen Einziehungsbeschluss Betroffene sollte schnellstmöglich reagieren und den Versuch unternehmen, bereits die Änderung der Gesellschafterliste im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes zu verhindern. Ist unklar, ob eine geänderte Liste bereits eingereicht wurde, empfiehlt es sich, den auf Unterlassung gerichteten Hauptantrag mit einem Hilfsantrag auf Listenkorrektur zu verbinden.

Gerade für Start-Ups enthält der Beschluss des OLG München den tröstlichen Hinweis, dass gerade dort die Gefahr drohe, dass bis zur gerichtlichen Klärung der Wirksamkeit des Einziehungsbeschlusses im Hauptsacheverfahren richtungsweisende Entscheidungen (z.B. über Kapitalmaßnahmen) getroffen würden. Über derartige einschneidende Maßnahmen müsse auch ein Minderheitsgesellschafter, der diese alleine mit seinem Stimmrecht möglicherweise nicht verhindern kann, zumindest informiert werden. Dies setze voraus, dass er auch in der Zeit, in der über die Wirksamkeit eines gegen ihn gerichteten Einziehungsbeschlusses noch nicht entschieden ist, in der Gesellschafterliste geführt wird.

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