Steuerpflichtige mit türkischen Wurzeln im Blickfeld der Finanzämter und der Steuerfahndung

  • 2 Minuten Lesezeit

Im Juli 2020 veröffentlichte das Bundesministerium der Finanzen die Staatenaustauschliste 2020 für den automatischen Informationsaustausch über Finanzkonten in Steuersachen (AIA). Auf dieser Liste befindet sich auch zum ersten Mal die Türkei. Das hat zur Folge, dass türkische Banken und Versicherungen Informationen zu Konten, Inhabern, Kontensalden und Erträgen wie Zinsen u.a. an die türkischen Steuerbehörden zu melden. Diese leiten die Informationen an das Bundeszentralamt für Steuern weiter.  Von dort aus werden die Daten an die Veranlagungsfinanzämter verteilt.

Dieser Austausch sollte die Daten für 2019 betreffen und bis zum 31.12.2020 erfolgen.

Allerdings hat das türkische Finanzministerium mitgeteilt, dass mit Deutschland und anderen EU Staaten 2020 kein Datenaustausch erfolgen kann. Der Datenaustausch würde dann erst im September 2021 für Daten des Jahres 2020 erfolgen. Allerdings ist diese Verzögerung nicht gesichert, da die EU mit Sanktionen gegen Länder vorgehen kann, die am Informationsaustausch vertragswidrig nicht teilnehmen.

Steuerrechtliche Konsequenzen

Sofern die deutschen Finanzämter davon erfahren, dass Einkünfte oder Erbschaften, die in der Türkei generiert worden sind, nicht in Deutschland versteuert wurden, müssen diese  nachversteuert werden. Die übermittelten Daten betreffen zwar nur den Zeitraum des Vorjahres, also bei Datenübermittlung in 2020 das Jahr 2019, bei Datenübermittlung 2021 die Daten für 2020. Sollten sich aus den übermittelten Daten jedoch Anhaltspunkte dafür ergeben, dass auch in den Vorjahren Einkünfte/ Erbschaften in der Türkei generiert wurden, kann bis zu 10 Jahren rückwirkend eine Festsetzung erfolgen, da das Verschweigen von Einkünften eine Steuerhinterziehung darstellt (§ 169 II S.2 AO).Sollte der Steuerpflichtige Auskünfte zu weiter zurückliegenden Zeiträumen verweigern, können die Finanzämter auch schätzen.

Steuerstrafrechtliche Konsequenzen

Das Verschweigen der Einkünfte stellt eine Straftat der Steuerhinterziehung dar (§ 370 AO). Hier drohen Geldstrafen und Freiheitsstrafen bis zu 5 Jahren.

Die Strafverfolgung kann nur durch eine Selbstanzeige gegenüber dem Finanzamt vermieden werden (§ 371 AO). Diese muss vollständig sein. Dies bedeutet, dass eine Selbstanzeige die hinterzogenen Beträge für jedes Jahr und jede Steuerart komplett benennen muss. Sofern die Angaben für ein einzelnes Jahr nicht vollständig sind, ist die gesamte Selbstanzeige für alle Jahre, auch die, für die vollständige Angaben gemacht wurden, unwirksam.

Neben der Nachholung der steuerlich relevanten Angaben ist auch erforderlich, dass die neu festgesetzten Steuerbeträge nebst Zinsen in angemessener Frist entrichtet werden.

Es sollte dringend berücksichtigt werden, dass die Selbstanzeige nur solange möglich ist, solange dem betroffenen Steuerpflichtigen nicht die Einleitung eines Strafverfahrens bekannt gegeben worden ist oder der Steuerpflichtige  wusste oder damit rechnen musste, dass die Tat entdeckt ist (§ 371 II Nr.2 AO). Dies ist zumindest dann der Fall, wenn die Veranlagungsfinanzämter die Daten vom Bundeszentralamt für Steuern erhalten haben.

Fazit:

Insgesamt ist festzustellen, dass der Zeitrahmen für die Erstattung der Selbstanzeige eng gesteckt ist, auch wenn der Datenaustausch erst 2021 erfolgen sollte.

Möglicherweise Betroffene sollten sich zeitnah fachkundigen anwaltlichen Rat einholen und umgehend aktiv werden.

Bei der geschätzten Anzahl von 3.000.000 in Deutschland steuerpflichtiger Personen mit Bezug zur Türkei ist davon auszugehen, dass mehrere 100.000 Personen von dem Datenaustausch betroffen sein werden.  

Ich bin als zertifizierter Verteidiger für Wirtschaftsstrafrecht (DSV e.V.) gemeinsam mit den mit mir kooperierenden Steuerberatern gern behilflich.

Foto(s): selbst

Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

Artikel teilen:


Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Michael Tröster

Beiträge zum Thema