Steuerrecht ermöglicht Engagement in Corona-Zeiten

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Die Corona-Pandemie stellt auch steuerbegünstigte – gemeinnützige, mildtätige und kirchliche – Organisationen wie Vereine, Stiftungen und gGmbHs vor vielfältige Herausforderungen.

Zur Sicherung der Handlungsfähigkeit der Organe gemeinnütziger Organisationen hat der Gesetzgeber Sonderregelungen für Mitgliederversammlungen und Vorstandssitzungen beschlossen, die seit dem 28.03.2020 bis zum 31.12.2021 gelten.

Tipp: Ausführliche Informationen hierzu finden Sie im Rechtstipp „Mitgliederversammlungen und Vorstandssitzungen in Krisenzeiten“.

Darüber hinaus hat das Bundesministerium der Finanzen am 19.03. und 09.04.2020 (ergänzt durch BMF-Schreiben v. 26.05 und 18.12.2020) Verwaltungsanweisungen erlassen. Diese beseitigen zum einen steuerliche Hindernisse für Nonprofits und deren Förderer, die Hilfe für von der Corona-Krise betroffene Personen leisten wollen. Zum anderen wird die Tätigkeit steuerbegünstigter Organisationen erleichtert. Sie sollen damit auch motiviert werden, den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu fördern, sich für die Eindämmung der Ausbreitung der Pandemie einsetzen oder diejenigen zu unterstützen, die aufgrund von Corona besonders gefährdet sind.

Die Bestimmungen gelten für Unterstützungsmaßnahmen, die vom 01.03.2020 bis längstens zum 31.12.2021 durchgeführt werden. Die neuen Regelungen erinnern an befristete Billigkeitsbestimmungen zur Bewältigung der Flüchtlings-Krise in den Jahren 2015 und 2016.

Engagement gegen Corona – alle können sich beteiligen

a) durch Corona-Spenden

Nonprofits dürfen zu Spenden für Hilfen zur Bewältigung der Corona-Pandemie aufrufen, auch wenn ihr Satzungszweck dies eigentlich nicht zulässt. Ob Sport-, Musik- oder Kleingartenvereine, Bildungs- oder Kunststiftungen, die nach ihrer Satzung nicht das öffentliche Gesundheitswesen, das Wohlfahrtswesen oder mildtätige Zwecke fördern, können somit nun auch spendenfinanziert Corona-Hilfe leisten.

Achtung: Auf den entsprechenden Zuwendungsbestätigungen muss auf die Sonderaktion hingewiesen werden.

Die Organisationen können die so eingeworbenen Mittel an andere steuerbegünstigte Organisationen zur Förderung der Corona-Hilfe weiterleiten oder auch eigene Maßnahmen umsetzen.

Achtung: Stiftungen müssen weiterhin auch das Stiftungsrecht beachten! So dürfen Stiftungen nur die in ihrer Satzung vorgegebenen Zwecke verwirklichen und grundsätzlich auch nur für diese Zwecke Spenden sammeln. Zu Recht vertreten wird allerdings, dass auch von Stiftungen in besonderen gesellschaftlichen Notlagen – wie der aktuellen Pandemie-Situation – soziale Verantwortung erwartet werden muss. In einem gewissen, steuerlich unbedenklichen Rahmen sollen daher auch Tätigkeiten zulässig sein, die nicht unmittelbar dem Satzungszweck zugeordnet werden kann.

b) durch den Einsatz sonstiger Mittel

Neben der Verwendung der Corona-Hilfe-Spenden können steuerbegünstigte Organisationen ohne passenden Satzungszweck auch ihre sonstigen Mittel zur Unterstützung der von der Corona-Krise Betroffenen einsetzen.

Achtung: Die Mittel dürfen nicht bereits für eine andere Maßnahme gebunden sein.

Dabei können sie ebenfalls selbst operativ tätig werden oder andere steuerbegünstigter Organisationen fördern, auch durch die Überlassung von Personal oder Räumlichkeiten.

Achtung: Organisationen dürfen ihre sonstigen Mittel jedoch nur im Sinne des § 58 Nr. 2 AO und damit lediglich teilweise (nicht überwiegend) weitergeben. Wegen dieser Beschränkung ist bei der Mittelweitergabe keine Verbesserung gegenüber der bestehenden Rechtslage verbunden.

Achtung: Auch hier gilt, dass Stiftungen aus stiftungsrechtlicher Sicht nur ihre satzungsmäßigen Zwecke fördern dürfen.

Vereinfachter Zuwendungsnachweis für private Förderer

Für Spenden zur Hilfe für von der Corona-Krise Betroffene an Vereine der freien Wohlfahrtspflege – egal in welcher Höhe – reicht der vereinfachte Zuwendungsnachweis: Möchte der Förderer seine Zuwendung bei der Einkommensteuer steuermindernd geltend machen, benötigt er hierfür lediglich den Bareinzahlungsbeleg oder die Buchungsbestätigung eines Kreditinstituts (z. B. den Kontoauszug oder den PC-Ausdruck bei Online-Banking). Dies mindert den Verwaltungsaufwand für die geförderten Organisationen.

Achtung: Diese Sonderregelung gilt nur für solche Organisationen, deren Maßnahmen gegen Corona durch ihren Satzungszweck gedeckt sind.

Bedürftigkeitsnachweis entfällt

Bei Maßnahmen wie Einkaufshilfen, für Personen in häuslicher Quarantäne oder solche, die zum besonders gefährdeten Personenkreis gehören, ist von einer körperlichen Hilfsbedürftigkeit auszugehen. Damit entfallen die Prüfung und Dokumentation der Bedürftigkeit der unterstützen Personen. Die wirtschaftliche Hilfsbedürftigkeit wird bei der kostenlosen Ausgabe von Lebensmitteln oder Einkaufsgutscheinen unterstellt, die an die Stelle des Angebots der vielerorts geschlossenen Tafeln getreten sind, oder bei Hilfen für Obdachlose.

Achtung: Bei finanziellen Hilfen ist die wirtschaftliche Hilfsbedürftigkeit der unterstützten Person aber weiterhin glaubhaft zu machen.

Unterstützungsleistungen an von der Corona-Pandemie besonders betroffene Unternehmen, Selbständige oder an entsprechende Hilfsfonds der Kommunen sind nicht begünstigt.

Steuererleichterungen

1. für Organisationen

Stellen steuerbegünstigte Organisationen – egal welchen Satzungszweck sie verfolgen – entgeltlich Personal, Räumlichkeiten, Sachmittel oder andere Leistungen in Bereichen zur Verfügung, die für die Bewältigung von Auswirkungen der Corona-Pandemie notwendig sind, z. B. an Krankenhäuser, Alten- und Pflegeheime, können diese Aktivitäten sowohl ertragsteuerlich als auch umsatzsteuerlich (mit ermäßigtem Steuersatz) dem Zweckbetrieb zugeordnet werden.

Wenn sich steuerbegünstigte Organisationen Sachmittel, Räume oder Beschäftigte entgeltlich untereinander überlassen, handelt es sich hierbei um grundsätzlich umsatzsteuerbare Leistungen. Diese sind unter den weiteren Voraussetzungen des § 4 Nrn. 14, 16, 18, 23 und 25 UStG umsatzsteuerfrei, wenn die Überlassung zwischen Einrichtungen erfolgt, deren Umsätze nach der gleichen Vorschrift steuerbefreit sind. Für die Anwendung der genannten Umsatzsteuerbefreiungen ist eine Anerkennung als gemeinnützige Einrichtung nicht erforderlich.

Achtung: Für Überlassungsleistungen von bzw. an gewerbliche Unternehmen greift die Umsatzsteuerbefreiung nicht.

Einrichtungen, die durch das Corona-Virus unmittelbar beträchtliche wirtschaftliche Schäden erlitten habe, können bis zum 31.12.2020 unter Darlegung ihrer Verhältnisse zudem Anträge auf Stundung der bis zu diesem Zeitpunkt bereits fälligen oder fällig werdenden Steuern sowie Anträge auf Anpassung der Vorauszahlungen auf die Körperschaftsteuer stellen. Auf die Erhebung von Stundungszinsen kann i. d. R. verzichtet werden.

Auch auf Vollstreckungsmaßnahmen soll bei aufgrund von Corona finanziell besonders geschädigten Steuerschuldnern bis zum 31.12.2020 verzichtet und verwirkte Säumniszuschläge erlassen werden.

2. für Arbeitnehmer – die Arbeitslohnspende

Arbeitnehmer können auf die Auszahlung von Teilen ihres Lohns oder auf Teile eines angesammelten Wertguthabens zugunsten einer Zahlung des Arbeitgebers an eine steuerbegünstigte Organisation verzichten. Diese Arbeitslohnspende mindert den steuerpflichtigen Arbeitslohn.

Achtung: Der Arbeitgeber muss die zweckgebundene Weitergabe der Spende dokumentieren.

Die Arbeitslohnspende darf in der Einkommensteuerveranlagung nicht noch einmal als Spende angegeben werden.

Dies gilt sinngemäß auch beim Verzicht auf Aufsichtsratsvergütungen.

3. für Unternehmen

Bei Unternehmen, die Mittel des medizinischen Bedarfs sowie Personal für medizinische Zwecke an Einrichtungen, die einen unverzichtbaren Einsatz zur Bewältigung der Corona-Pandemie leisten, unentgeltlich zur Verfügung stellen, wird von der Besteuerung dieser Wertabgabe abgesehen. Beabsichtigt der Unternehmer bereits beim Bezug dieser Leistungen, diese ausschließlich und unmittelbar wie oben beschrieben zu verwenden, kann er darüber hinaus die entsprechenden Vorsteuerbeträge unter den übrigen Voraussetzungen des § 15 UStG berücksichtigen.

Zuwendungen zur Bewältigung der Corona-Krise an Nonprofits können als Sponsoring und damit als Betriebsausgaben anerkannt werden. Das sponsernde Unternehmen muss also insbesondere öffentlichkeitswirksam auf die Leistungen aufmerksam machen, um einen Kommunikationsvorteil zu haben.

Ausgleich von Verlusten

Haben steuerbegünstigte Organisationen aufgrund der Auswirkungen der Corona-Krise bis zum 31.12.2020 Verluste im steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb oder in der Vermögensverwaltung zu verzeichnen, können sie diese mit Mitteln des ideellen Bereichs, Gewinnen aus Zweckbetrieben, Erträgen aus der Vermögensverwaltung oder Gewinnen aus wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben ausgleichen, ohne dadurch ihren Gemeinnützigkeitsstatus zu gefährden. 

Achtung: Es ist davon auszugehen, dass die Verluste im bezeichneten Zeitraum realisiert sein müssen.

Aufstockung von Kurzarbeitergeld

Steuerbegünstigte Organisationen dürfen ihren eigenen Beschäftigten, die sich in Kurzarbeit befinden, das Kurzarbeitergeld aus eigenen Mitteln bis zu einer Höhe von insgesamt 80 % des bisherigen Entgelts aufstocken, ohne dass die Angemessenheit oder Marktüblichkeit geprüft werden muss.

Achtung: Die Aufstockung muss für alle Arbeitnehmer einheitlich erfolgen.

Bei einer Aufstockung auf über 80 % bedarf es einer entsprechenden Begründung, insbesondere zur Marktüblichkeit und Angemessenheit der Aufstockung. Der Nachweis kann z. B. durch die Vorlage eines Tarifvertrages oder eines mit allen Mitarbeitern einheitlich abgeschlossenen (Muster-)Vertrages, der entsprechende kollektivrechtliche Vereinbarungen der Branche enthält, erfolgen.

Fortzahlung von Übungsleiter- und Ehrenamtspauschal

Es ist zulässig, die Ehrenamts- und Übungsleiterpauschalen weiterhin zu zahlen, auch wenn eine Ausübung der Tätigkeit aufgrund der Corona-Krise temporär nicht möglich ist.

Offene Fragen

Bislang nicht geklärt ist,

  • ob zur Verfügung gestellte Gelder aus bestehenden Zuwendungs- und Fördervereinbarungen für Projekte und Veranstaltungen, die nicht stattfinden können, zurückgefordert werden müssen, um zu verhindern, dass die Finanzverwaltung Sanktionen aufgrund einer Mittelfehlverwendung erlässt.
  • ob Projektlaufzeiten, Personalkosten und Verwendungsnachweise bei bestehenden Fördervereinbarungen angepasst werden können.
  • wie das Finanzamt mit einem Anstieg der Verwaltungskostenquote (ggf. über 50 %) aufgrund zurückgehender Einnahmen, aber nicht in gleichem Umfang sinkender laufender Kosten umgehen wird.

Es wird aber von einer großzügigen Haltung der Finanzverwaltung auszugehen sein.

Ob die Bestimmungen für die individuelle Situation Ihrer Organisation tatsächlich greifen, ist im Einzelfall zu prüfen. Hierbei helfen wir Ihnen gern!


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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