Stimmbandlähmung nach Schilddrüsenoperation: Haftung von Arzt und Krankenhaus

  • 3 Minuten Lesezeit

Stimmbandlähmung (Recurrensparese) nach Schilddrüsen OP

Schilddrüsenoperationen sind aufgrund der Sensibilität des Operationsgebiets mit besonderen Gefahren verbunden. Speziell das Risiko einer einseitigen oder gar beidseitigen Stimmbandlähmung besteht immer, weil der Nervus laryngeus recurrens nahe der Schilddrüse verläuft. Die Folgen der so genannten Recurrensparese reichen von Heiserkeit und Stimmstörungen über Einschränkungen der Belastungsfähigkeit bis hin zu Atemnot. Nicht selten ist diese Art der Verletzung auf Fehler des behandelnden Arztes rund um die Schilddrüsenoperation zurückzuführen. Die typischen Fehlerquellen bei entsprechenden Eingriffen sollen an dieser Stelle behandelt werden:

Behandlungsfehler im Vorfeld des Schilddrüsen Eingriffs

Zunächst muss der ins Auge gefasste Eingriff in der konkreten Situation überhaupt angezeigt sein. Ist er dies nicht, bestand also eine andere vorrangige Behandlungsmethode, ist die Durchführung der Operation per se fehlerhaft. Man spricht dann in Fachkreisen von einer fehlenden Indikation. Die Indikationen zur Operation bei Schilddrüsenerkrankungen stellen ein Malignitätsverdacht, lokale Beschwerden, eine dystope Lage oder eine konservativ nicht ausreichend therapierbare Überfunktion der Schilddrüse dar. Bei Kindern und Jugendlichen entsprechen die Indikationen zur Operation der Indikationsstellung bei Erwachsenen. Allerdings müssen der besonderen Anatomie und Physiologie von Kindern und Jugendlichen Rechnung getragen werden.

Außerdem ist der behandelnde Arzt nach § 630e Abs. 1 BGB dazu verpflichtet, den Patienten vor Durchführung des Eingriffs über sämtliche für die Einwilligung in die medizinische Maßnahme wesentlichen Umstände aufzuklären. Die Wahrung des Selbstbestimmungsrechts des Patienten erfordert insbesondere eine Unterrichtung über eine alternative Behandlungsmöglichkeit, wenn für eine medizinisch sinnvolle und indizierte Therapie mehrere gleichermaßen indizierte und übliche Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen, die zu jeweils unterschiedlichen Belastungen des Patienten führen oder unterschiedliche Risiken und Erfolgschancen bieten (BGH, Beschluss vom 19.07.2011, VI ZR 179/19).

Behandlungsfehler im Rahmen des operativen Eingriffs an der Schilddrüse

Intraoperativ sollte der Behandler den Nervus laryngeus recurrens nach vorherrschender Ansicht in der Fachliteratur visuell darstellen, um ihn effektiv und sicher schonen zu können. Dies gilt zumindest für Konstellationen, in denen die Präparations- und Resektionsnähe zum Verlauf des Nervs eine Darstellung erfordert. Das ist namentlich der Fall

  • bei allen Primäreingriffen, deren Ebene vor der vorderen Grenzlamelle liegt und
  • bei allen Reoperationen, die mit einer Präparation im möglichen Nervenverlauf einhergehen.

Unabhängig von dieser räumlichen Nähe sollte der Nerv zudem bei der totalen Lappenresektion und der totalen Thyreoidektomie visuell dargestellt werden.

Zusätzlich muss nach dem Prinzip „Stimulation und Reizantwort“ ein Neuromonitoring durchgeführt werden. Dabei werden Irritationen des Nervus laryngeus recurrens beim operativen Eingriff anhand von elektrischen Impulsen sichtbar gemacht. Der Behandler muss also zur Kontrolle des Nervs nicht die Operation unterbrechen, sondern bekommt andauern über ein akustisches Signal eine Rückmeldung zur regelrechten Nervenfunktion und kann damit rechtzeitig intervenieren, wenn eine Nervenschädigung droht.

Behandlungsfehler im Anschluss an den Eingriff

Postoperativ – und zwar zeitlich direkt nach Abschluss der Operation – muss der Behandler die Stimmbandbeweglichkeit prüfen, um eine mögliche Recurrensparese zu erkennen und in diesem Fall unverzüglich die entsprechende Behandlung einleiten zu können.

Fazit zu möglichen Behandlungsfehlern

Wie gesehen drohen Behandlungsfehler also vor, während und nach der Operation. Um einen bessere Einblick in das Behandlungsgeschehen zu erlangen, sollten betroffene Patienten von ihrem Arzt die jeweiligen Unterlagen herausverlangen. Dieses Recht auf Einsicht in die Behandlungsunterlagen steht jedem Patienten zu!



Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Markus Rassi Warai

Beiträge zum Thema

Ihre Spezialisten