Stornierung des Rückflugtickets durch die Fluggesellschaft nach Vorverlegung des Hinfluges, ist das rechtens?

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Mit Urteil vom 23. September 2021 (29 C 5140/20) hat das Amtsgericht Frankfurt /Main entschieden, dass eine Fluggesellschaft Ausgleichszahlung an den Fluggast zahlen muss, wenn der Rückflug annulliert wird, nachdem der Hinflug nicht in Anspruch genommen wurde.

Was war geschehen?

Der Kläger schloss mit der Beklagten, einer chilenischen Fluggesellschaft einen Beförderungsvertrag, der die Beförderung auf der Strecke von Frankfurt nach Madrid am 22. Dezember 2017 und den Rückflug am 7. Januar 2018 zum Inhalt hatte. Der Kläger versuchte am 21. Dezember 2017 vergeblich, online für den Flug am 22. Dezember 2017 einzuchecken. Nachdem ihm das nicht gelang, telefonierte er mit der Fluggesellschaft und erhielt die Information, dass sein Flug bereits auf den 20. Dezember 2017 vorverlegt worden sei. Eine Information über die Vorverlegung erhielt der Kläger allerdings nicht. Dem Kläger wurde kein Ersatzflug angeboten, zugleich wurde ihm im Telefonat mitgeteilt, dass er wegen der Nichtteilnahme am Flug am 20. Dezember 2017 auch für die Teilnahme am Flug am 7. Januar 2018 von Madrid nach Frankfurt gesperrt sei. Der Kläger hat sich für den Hinflug nach Madrid einen Ersatzflug zum Preis von 236,64 € gebucht. Den Rückflug hat der Kläger bei einer anderen Fluggesellschaft zum Preis von 291,59 € gebucht.

Der Kläger verlangte von der Beklagten einerseits die Erstattung der Mehrkosten für die ersatzweise gebuchten Flüge und zudem verlangte der Kläger von der Fluggesellschaft die Ausgleichszahlung sowohl für den Hinflug als auch für den Rückflug, jeweils in Höhe von 250,00 €. Die Fluggesellschaft hat dem Kläger vorprozessual über den Vermittler mitteilen lassen, dass eine Rückerstattung des Ticketpreises und zudem die Leistung der Ausgleichszahlung abgelehnt werde. Vorprozessual hat die Fluggesellschaft nur das Ticketentgelt in voller Höhe (101,55 €) zurückerstattet. Daraufhin hat der Kläger Klage vor dem Amtsgericht Frankfurt am Main erhoben. In der Klageerwiderung hat die Beklagte vorgetragen, dass es sich hinsichtlich des Rückfluges nicht um eine Nichtbeförderung im Sinne des Art. 4 Fluggastrechte-Verordnung handelt, sondern dass in dem Verhalten der Fluggesellschaft eine Annullierung des Rückfluges, die allerdings mehr als 14 Tage vor dem geplanten Flugereignis ausgesprochen wurde, zu sehen ist.

Das Urteil des Amtsgerichts

Mit dem Urteil vom 23. September 2021 hat das Amtsgericht die Fluggesellschaft entsprechend dem Klageantrag in voller Höhe zur Rückerstattung der Mehrkosten für die Ersatzticket und zur Leistung der Ausgleichszahlung sowohl für den Hinflug als auch für den Rückflug verurteilt. 

In dem Verhalten der Beklagten hat das Amtsgericht eine Weigerung der Beförderung gegen den Willen des Fluggastes gesehen. Bezüglich beider Flüge kommt somit die Rechtsfolge der Nichtbeförderung nach Art. 4 Fluggastrechte-Verordnung zur Anwendung. 

Zwar sieht Art. 4 Fluggastrechte-Verordnung als Voraussetzung des Anspruchs auf Ausgleichszahlung vor, dass sich der Fluggast am Flugsteig einfindet und dort gegen seinen Willen an der Beförderung gehindert wird. Das Amtsgericht Frankfurt am Main hat mit dem Inhalt des BGH-Urteils vom 17. März 2015 (X ZR 34/14) argumentiert, dass unter der Voraussetzung, dass einem Fluggast bereits vorab unmissverständlich mitgeteilt wird, dass er nicht befördert werde, ein Erscheinen am Flugsteig nicht mehr notwendig ist. Da das Amtsgericht in dem Verhalten der Fluggesellschaft eine Nichtbeförderung sah, kommt eine Entlastung der Beklagten wegen rechtzeitiger Unterrichtung nach Art. 5 Abs. 1 lit. c Fluggastrechte-Verordnung nicht in Betracht.

Das Urteil ist erfreulich, denn es sorgt für eine Stärkung des Verbraucherschutzes. 

Es ist vor allem auch auf die Fälle anwendbar, in denen ein Fluggast den Hinflug verpasst und bei dieser Gelegenheit die Mitteilung erhält, er werde deswegen auch nicht auf dem Rückflug befördert. Viele Fluggesellschaften haben eine solche Regelung in ihren allgemeinen Beförderungsbedingungen enthalten. Der Ausschluss vom Rückflug ist allerdings mit dem Verpassen des Hinfluges nicht zu rechtfertigen. In solchen Fällen muss die Fluggesellschaft daher nach der rechtskräftigen Entscheidung des Amtsgerichts sowohl die Mehrkosten für den zusätzlich gebuchten Flug tragen als auch die Ausgleichszahlung wegen Nichtbeförderung leisten.

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Foto(s): Holger Hopperdietzel

Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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