Stoß vor die U-Bahn - Totschlag?

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Vorsatz

Vorsatz bedeutet das Handeln in Wissen und Wollen der Tatbestandsverwirklichung. Er setzt sich also aus einem Willens- und einem Wissenselement zusammen und unterteilt sich in drei Vorsatzformen:

    - Absicht (dolus directus I)

    - Direkter Vorsatz (dolus directus II)

    - Bedingter Vorsatz (dolus eventualis)

Bedingter Vorsatz

Besonders der bedingte Vorsatz kann problematisch sein, wenn es um die Abgrenzung zur bewussten Fahrlässigkeit geht. Beim bedingten Vorsatz sowie bei der bewussten Fahrlässigkeit besteht das Wissenselement darin, dass der Täter den Erfolg für möglich hält. Lediglich das Willenselement unterscheidet sich. Beim bedingten Vorsatz nimmt der Täter den Erfolg billigend in Kauf, während bei der bewussten Fahrlässigkeit auf das Ausbleiben des Erfolges gehofft wird. Da sich die Abgrenzung zwischen den beiden Elementen oftmals als schwierig erweist, gibt es verschiedenen Theorien, mit denen versucht wird, die Abgrenzung zu erleichtern.

Stoß ins Gleisbett

Auch der Bundesgerichtshof (5 StR 509/20) musste sich mit der Abgrenzung von bedingtem Vorsatz und bewusster Fahrlässigkeit in seinem Urteil vom 4. März 2021 beschäftigen. Im vorliegenden, dem Beschluss des Bundesgerichtshofes zugrunde liegenden Sachverhalt kam es zu einer Auseinandersetzung zwischen dem Angeklagten und dem Tatopfer. Diese spielte sich auf dem Bahnsteig eines U-Bahnhofes ab. Nachdem das Tatopfer sich umdrehte und anfing zur anderen Seite des Bahnsteigs zu laufen, stieß der Angeklagte ihn in den Rücken, woraufhin das Tatopfer ins Gleisbett fiel und von einer U-Bahn erfasst und tödlich verletzt wurde.

Totschlag?

Das Landgericht Berlin verurteilte ihn daraufhin wegen Körperverletzung mit Todesfolge. Die Revision der Staatsanwaltschaft hatte Erfolg. Die Erwägungen, mit denen der Tötungsvorsatz abgelehnt wurde, halten vor dem Bundesgerichtshof nicht stand.

Eine konkrete Lebensgefährlichkeit der Tatausführung stellt nach dem Bundesgerichtshof ein auf den bedingten Tötungsvorsatz hinweisendes Beweiszeichen dar. Vorliegend muss beachtet werden, dass es sich um einen kraftvollen Stoß in ein tiefes, unebenes Gleisbett handelt. Nach so einem tiefen Fall erscheint es äußerst unwahrscheinlich, aus eigener Kraft zu entkommen. Das Vertrauen auf einen glimpflichen Ausgang darf nicht nur auf Hoffnungen beruhen, sondern muss auch tatsachenbasiert sein. Im hiesigen Fall war es nicht außerhalb aller Lebenserfahrung, dass das Tatopfer zu Tode kommt.

Hilfe durch Fachanwalt für Strafrecht

Dieser Beitrag wurde von Rechtsanwalt Dietrich erstellt. Rechtsanwalt Dietrich tritt bereits seit vielen Jahren deutschlandweit als Strafverteidiger auf. Wenn Ihnen vorgeworfen wird, sich wegen Totschlags strafbar gemacht zu haben, können Sie unter den angegebenen Kontaktdaten einen Besprechungstermin mit Rechtsanwalt Dietrich vereinbaren. Alternativ können Sie Rechtsanwalt Dietrich auch eine E-Mail schreiben.

Foto(s): ©Pexels/MART PRODUCTION

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