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Tatort Internet – Nepper, Schlepper, Surferfänger

  • 7 Minuten Lesezeit
Esther Wellhöfer anwalt.de-Redaktion

Der heutige anwalt.de-Newsletter widmet sich einem Thema, auf das uns ein Leser hingewiesen hat: Internetabzocke mit betrügerischen Abonnements. Und die Brisanz scheint gegeben, denn immer wieder werden arglose User ausgetrickst und dazu gebracht, mit einem Klick überteuerte Internet-Dienste zu abonnieren - oftmals ohne es überhaupt zu bemerken. Das Redaktionsteam von anwalt.de gibt Tipps, wie man diese Internet-Fallen umgehen kann und wie man reagieren sollte, wenn man doch versehentlich ein solches Abonnement abgeschlossen hat.

[image]Abofallen rechtzeitig erkennen

Im Netz lauern die Abofallen meist bei völlig harmlos erscheinenden Angeboten. Es werden angeblich kostenlose Dienste angeboten, z.B. Downloads oder der Zugang zu Datenbanken. Oftmals werden Internetnutzer zusätzlich mit Gewinnspielen geködert. Der Nutzer soll nur ein Anmeldeformular mit seinem Namen und seiner Anschrift ausfüllen. Allerdings schließt er mit der Registrierung gleichzeitig ein teures Abonnement ab. Die Kosten stehen dabei meist im Kleingedruckten oder in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen.

Anwalt.de-Tipp: Wer sicher gehen will, dass er nicht in die Abofalle tappt, kommt um eine genaue Lektüre der Webseite nicht herum. Nur wer das Internet-Angebot, das Kleingedruckte und auch die oftmals umfangreichen AGB sorgfältig liest, kann teuren Überraschungen entgehen. Wenn man auf den Webseiten keine AGB findet, sollte man sicherheitshalber die Webseite verlassen. Denn seriöse Anbieter veröffentlichen ihre AGB im Internet. Ein weiteres Indiz, das gegen die Seriosität eines Internetdienstes spricht, ist ein fehlendes oder unzureichendes Impressum (nur mit Postfach und ohne Anschrift).

Sternchenhinweise mit Preisangaben

Die Internetbetrüger gestalten ihre Webseite so, dass Informationen über die Kostenpflichtigkeit der Nutzung für den Kunden möglichst nicht auf den ersten Blick zu erkennen sind. Oftmals ist der Preis in Sternchenhinweisen verschleiert und in den AGB versteckt. Unter Umständen findet man Preisangaben auch erst, wenn man die ganze Seite herunter gescrollt hat, versteckt unter vielen anderen Informationen. Die Gerichte erachten solche Verträge mit versteckten und verschleierten Preisangaben für unwirksam, weil ein Verstoß gegen die Preisangabenverordnung (PreisAngV) besteht.

Das zeigt ein Fall, den das Oberlandesgericht Frankfurt entschieden hat. Eine Firma bot eine Datenbank zur Namens- und Ahnenforschung und ein Gewinnspiel an. Im Eingabefeld des Anmeldeformulars befand sich ein Sternchenhinweis, dass alle Angaben ausgefüllt werden müssen. Am unteren Ende der Eingabemaske und unter dem Start-Button befand sich ein weiterer Sternchenhinweis, der feststellte, dass nur korrekte Angaben zur Teilnahme am Gewinnspiel berechtigen: Außerdem würde durch das Anklicken des Anmeldebuttons der Datenbankzugang für ein Jahr zum Preis von 60,- Euro frei geschaltet, wobei die Preisangabe „60,00 € inkl. gesetzlicher Mehrwertsteuer" in Fettschrift gefasst war. In den AGB befanden sich ebenfalls die Preisangabe sowie eine Erläuterung zur Zahlungsart. Die Kenntnisnahme der AGB musste der Nutzer vor der Anmeldung bestätigen. Die Richter urteilten, dass diese Preisangabe nicht den gesetzlichen Anforderungen genügt und dass es sich dabei um eine Verschleierung des Preises für die Nutzung der Datenbank handelt. Ein durchschnittlicher Internetnutzer musste bei einem so gestalteten Angebot nicht damit rechnen, dass es sich hierbei um eine kostenpflichtige Leistung handelt. (Urteil v. 04.12.2008, Az.: 6 U 187/07)

Wenn es doch passiert ist

Viele Internetnutzer erkennen die Warnzeichen nicht und schließen aus Unwissenheit oder Unbedarftheit mit einem Klick dennoch ein überteuertes Abonnement ab. Verbraucherzentralen nehmen an, dass jeden Monat ca. 20.000 User in die Abofalle tappen. Eine erschreckende Zahl mit steigender Tendenz.

Anwalt.de-Tipp: Rechtlich sind Sie zwar nicht beweispflichtig, sondern der Betreiber der Internetseite. Er muss beweisen, dass z.B. die Preisangaben ordnungsgemäß veröffentlicht wurden. Wenn Sie dennoch sicher gehen möchten, belegen Sie mit Screenshots, welche Angaben auf der Internetseite gemacht werden und wie die Preisangaben gestaltet sind.

Wer seinen Fehler bemerkt, der sollte auf jeden Fall sofort den Vertrag widerrufen. Verbraucher haben bei solchen Fernabsatzverträgen ein 14-tägiges Widerrufsrecht gemäß §§ 312d, 355 BGB. Die Frist beginnt erst abzulaufen, wenn der Verbraucher vom Anbieter über sein Widerrufsrecht in schriftlicher Form belehrt worden ist (z.B. per E-Mail). Ein bloßer allgemeiner Hinweis auf der Webseite reicht hierfür nicht aus.

Der Gesetzgeber hat minderjährige Kinder unter besonderen Schutz gestellt. Sie können Verträge, also auch Internet-Abonnements, grundsätzlich nur mit Zustimmung der Eltern abschließen. Weitere Informationen finden Sie im anwalt.de-Rechtstipp Premium-SMS: Vorsicht ist besser als Nachricht", dessen rechtliche Wertungen entsprechend ebenfalls für Internet-Abonnements von Minderjährigen herangezogen werden können.

Bei Abonnements besteht das Widerrufsrecht auch nachdem der Dienst das erste Mal genutzt wurde. Wurde also beispielsweise ein Programm bereits heruntergeladen, kann der restliche Abovertrag noch gekündigt werden. Das Widerrufsrecht erlischt, wenn die Leistung komplett vor Ablauf der Widerrufsfrist erbracht wird, also innerhalb der ersten 14 Tage. Allerdings ist wiederum der Einzelfall entscheidend. Denn wurde der Verbraucher zum Beispiel nicht ordnungsgemäß belehrt, so ist auch nach Ablauf der 14 Tage ein Widerruf möglich.

Anwalt.de-Tipp: Reichen Sie den Widerruf schriftlich und am besten per Einschreiben ein.

Rechnung, Mahnung, Inkassobüro

Regulär nach zwei Wochen erlebt man eine böse Überraschung, wenn man in seinem Briefkasten eine völlig überteuerte Rechnung vorfindet. Hier lautet die Grundregel: Sind Sie in die Abofalle geraten, bezahlen Sie den Betrag nicht. Lassen Sie sich nicht einschüchtern, bewahren Sie Ruhe, auch wenn die Forderung von einem Inkassobüro geltend gemacht wird. Oftmals wird auch versucht, Druck auszuüben. Darauf sollte man sich nicht einlassen.

Wenn man die erste Rechnung erhalten hat, kann man der Forderung widersprechen, falls Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Vertragsschlusses bestehen. Hinweis: Aus juristischer Sicht können Fehler beim Vertragsschluss, wie Verstöße bei der Preisangabe sich so auswirken, dass gar kein Vertragsschluss wirksam zustande gekommen ist. Daher muss aus strenger rechtlicher Sicht auf die Rechnung in vielen Fällen eigentlich gar nicht widersprochen werden. Allerdings ist die juristische Situation oftmals unklar, so dass man mit einem Widerspruch jedenfalls auf der sicheren Seite ist.

Anwalt.de-Tipp: Wenn Sie Widerspruch einlegen, weisen Sie im Schreiben darauf hin, dass Ihrer Meinung nach kein kostenpflichtiges Abonnement abgeschlossen wurde. Je nach Sachlage geben Sie eventuell versteckte Preisangaben bzw. den fehlenden Hinweis auf das Widerrufsrecht an. Fordern Sie den Anbieter auf, Ihnen den Vertragsabschluss genau nachzuweisen. In dem Widerspruch sollte auch eine mögliche Anfechtung des Vertrages (z.B. wegen arglistiger Täuschung, wegen Irrtums über den Inhalt Ihrer Willenserklärung) und schließlich hilfsweise eine fristlose Kündigung des Vertrages aufgenommen werden.

Wenn Sie dem Vertragsschluss einmal widersprochen haben, gilt der Widerspruch auch für alle folgenden Mahnungen. Sie müssen dann auf weitere Schreiben erst einmal nicht reagieren. Wundern Sie sich nicht, wenn Sie trotz Ihres Widerspruchs weiter Mahnungen erhalten. Hier gilt ebenfalls: Lassen Sie sich nicht beeindrucken. Die Abzockerfirmen setzen bewusst auf Drohungen, um Sie zur Bezahlung der Rechnung zu bewegen.

Auf Mahnbescheid reagieren

Wenn Sie allerdings einen gerichtlichen Mahnbescheid erhalten, sollten Sie unbedingt reagieren. Dem Mahnbescheid muss innerhalb von 14 Tagen widersprochen werden, ein Widerspruchsformular liegt dem Mahnbescheid bei. Geht kein fristgerechter Widerspruch ein, hat der Anbieter die Möglichkeit, beim Amtsgericht einen Vollstreckungsbescheid zu beantragen, der dann rechtskräftig werden kann und einen vollstreckbaren Titel darstellt. Der rechtskräftige Vollstreckungsbescheid gibt dann dem Internet-Anbieter die Möglichkeit, gegen Sie zu vollstrecken, ungeachtet dessen, ob das Abonnement rechtswidrig zustande gekommen ist. Wird dem Vollstreckungsbescheid fristgerecht widersprochen, so kommt es vermutlich zum Gerichtsprozess.

Anwalt.de-Tipp: Bekommen Sie keinen Schreck, wenn Sie den Mahnbescheid erhalten. Er sagt nichts über Ihre Rechte als Verbraucher aus. Denn das Amtsgericht prüft vor dem Erlass lediglich die formellen Voraussetzungen, nicht jedoch, ob die Forderung tatsächlich rechtens ist.

Wer Opfer von Internet-Abzockern geworden ist, sollte immer gut überlegt handeln. Es gibt verschiedene Wege, die hier zum Ziel führen. Allerdings lässt sich insgesamt feststellen, dass es relativ wenig Anbieter auf einen eventuellen Gerichtsprozess ankommen lassen. Denn sie wissen, dass sie sich juristisch auf sehr dünnem Eis bewegen. Nur selten landet ein Fall tatsächlich vor Gericht, meist geben die Internet-Unternehmen bzw. Inkassobüros spätestens nach dem Widerspruch des Mahnbescheids auf.

Doch selbst wenn es auf eine gerichtliche Auseinandersetzung hinausläuft, haben Opfer von Internetabzockern relativ gute Karten. Denn die Gerichte stellen sich häufig auf Seiten der Verbraucher. Das zeigt ein Fall, den das Amtsgericht Karlsruhe entschieden hat: Eine Frau, die in eine Internetfalle getappt ist, schaltete einen Anwalt ein, um gegen einen Zahlungsbescheid der Inkasso-Anwältin vorzugehen. Die Verbraucherin bekam Recht, der Bescheid wurde vom Gericht aufgehoben. Als Schadensersatz forderte sie sodann die Erstattung aller Verfahrenskosten, also Anwalts- und Gerichtskosten. Und auch in diesem Punkt gaben ihr die Amtsrichter Recht. Sie bewerteten das Verhalten der Inkasso-Anwältin (Eintreiben der Geldforderung) als Beihilfe zu einem versuchten Betrug, bestätigten ihre Schadensersatzpflicht, so dass die Inkasso-Anwältin die Kosten erstatten musste. (Urteil v. 12.08.2009, Az.: 9 C 93/09)

Anwalt.de-Tipp: Dieses Urteil des Amtsgerichts könnte einen wichtigen Wendepunkt für den Schutz der Verbraucher vor Abofallen darstellen. Häufig handelt es sich bei den Betreibern der Internet-Seiten um Briefkastenfirmen, die schwer zu fassen sind. Die Forderungen machen dann hierzulande ansässige Inkassofirmen und Inkasso-Anwälte geltend. Der Kniff im oben genannten Fall bestand darin, dass die Verbraucherin nicht gegen die Betreiber der Webseite, sondern gegen die Inkassoanwältin rechtlich vorging und so eine Kostenerstattung erstreiten konnte.

Fazit: Wer in die Internetfalle getappt ist, sollte das weitere Vorgehen gut abwägen. Denn welcher der klügste Weg ist und welche Rechte man hat, beurteilt sich stets nach dem konkreten Einzelfall. Wer richtig beraten ist, erspart sich gerade in Hinblick auf das aggressive Vorgehen der Betrüger viel Ärger. Unsere Experten stehen Ihnen gerne zur Seite.

(WEL)

Foto(s): ©iStockphoto.com

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