Veröffentlicht von:

Testamentsauslegung | Sind bei Vorversterben des bedachten Erben dessen Verwandte Ersatzerben?

  • 2 Minuten Lesezeit

Einer jüngeren Entscheidung des OLG München (Beschluss vom 11.12.2014, Az. 31 Wx 379/14) zur Frage einer Testamentsauslegung lag ein kurzes und im Nachfolgenden doch strittiges eigenhändiges Testament des Ehemannes einer kinderlosen Familie mit folgenden Inhalt vor:

„Testament

Als Alleinerbin setze ich meine Ehefrau, G.K., geb. St. ein.

(Ort, Datum, Unterschrift)“

Mit diesem Testament nicht bedacht wurde der hier eingetretene Fall, dass die Ehefrau noch vor Ihrem Ehemann (nachfolgend: Erblasser) verstirbt. Nachdem die Ehefrau im Jahre 2012 verstarb, der nach einen Schlaganfall beidseitig gelähmte Ehemann, der nicht mehr sprechen und schreiben konnte, erst im Jahre 2013, ohne dass sein Testament nochmals abgeändert wurde (oder durch ihn noch abgeändert werden konnte), stellte sich nunmehr die Frage, ob sodann die Verwandten der Ehefrau in die Erbposition einrücken und Ansprüche geltend machen konnten?

Wird es bei einer Auslegung des Testaments auf die gerichtliche Beweisaufnahme und das Beibringen von Tatschen ankommen, dass der Erblasser mit seiner letztwilligen Verfügung sein Vermögen bei der Familie seiner Ehefrau wissen wollte, konnte das Gericht vorliegend ein solches nicht feststellen. Das OLG München führte aus, dass es „keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür feststellen [konnte], dass der Erblasser die Schwestern seiner Ehefrau als (Ersatz-) Erbinnen eingesetzt hätte, wenn er das Vorversterben seiner Ehefrau bedacht hätte.“

Auch wenn vorliegend das Testament eine planwidrige Lücke enthält und der Auslegung damit überhaupt zugänglich ist, ändert dies nichts daran, dass es nach Ansicht des Gerichts an hinreichenden Anhaltspunkten dafür fehle, dass die Verwandten/Erben seiner Ehefrau in diesem Fall als Erbinnen eingesetzt werden sollten. Auch eine besondere persönliche Beziehung des Erblassers zu seinen Schwägerinnen ändert hieran nichts. Sofern sich ein Wille zur Ersatzberufung von Erben nicht feststellen lässt, kommt es auch auf eine Andeutung im Testament nicht an.

Fazit: Die Entscheidung verdeutlicht nochmals, dass ein Testament bei einer planwidrigen Lücke zwar durchaus auslegbar ist, jedoch ein kostenträchtiges gerichtliches Verfahren nur dann erfolgsversprechend erscheint, wenn für die vorgenommene Ergänzung auch Anhaltspunkte bestehen und diese tatsächlich durch entsprechendes Beweisangebot nachgewiesen werden können.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Maik Hieke

Beiträge zum Thema