Testamentsvollstrecker Erklärung zur Feststellung Bedarfswert für Grundstück befugt - FG Hamburg 3 K 218/19
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I.
1. Ereignisse bis zum Tod von Herrn A
2017 verstarb Herr A und wurde je zu 1/4 durch Frau B, Frau C, Frau D und Herrn E beerbt. Zum Nachlass gehörte die Eigentumswohnung Nr. 2 in der X-Straße in Hamburg-...
2. Bestellung des Testamentsvollstreckers
Mit Beschluss des Amtsgerichts F - Nachlassgericht - vom 3. August 2017 wurde der Kläger zum Testamentsvollstrecker über den Nachlass bestellt.
3. Verkauf der Eigentumswohnung
Der Kläger verkaufte die Eigentumswohnung in der X-Straße mit Vertrag vom 8. Dezember 2017.
4. Anforderung des Grundbesitzwerts durch das Finanzamt
Mit Schreiben vom 27. März 2019 forderte die Erbschaftsteuerstelle des Finanzamts F beim Beklagten den Grundbesitzwert für diese wirtschaftliche Einheit an.
5. Abgabe der Feststellungserklärung durch den Kläger
Am 28. Juni 2019 reichte der Kläger eine von ihm unterzeichnete Erklärung zur Feststellung des Bedarfswerts für die Eigentumswohnung in der X-Straße ein, beantragte hierin den Ansatz des niedrigeren gemeinen Werts nach § 198 des Bewertungsgesetzes (BewG) und fügte eine Kopie des Kaufvertrages vom 8. Dezember 2017 sowie von den Miterben unterzeichnete, umfassende Vollmachten für die gerichtliche und außergerichtliche Vertretung gegenüber dem Beklagten und für Zustellungen bei.
6. Einspruch des Klägers gegen die Ablehnung
Der Beklagte teilte dem Kläger mit Schreiben vom 18. Juli 2019 mit, dass er zur Unterzeichnung der Erklärung nicht befugt sei, und bat um Einreichung einer zumindest durch einen Miterben unterschriebenen Erklärung. Mit Schreiben vom 22. Juli 2019 legte der Kläger hiergegen Einspruch ein mit der Begründung, dass er kraft seines Amtes als Testamentsvollstrecker gemäß § 34 Abs. 3 der Abgabenordnung (AO) Erklärungsberechtigter und -verpflichteter i.S. des § 153 Abs. 4 Satz 1 BewG sei.
7. Klage des Klägers vor dem Finanzgericht
Der Kläger hat am 16. Oktober 2019 Klage erhoben mit dem Antrag, den Beklagten unter Aufhebung des Ablehnungsbescheids vom 18. Juli 2019 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 27. September 2019 zu verpflichten, den Grundbesitzwert für die Eigentumswohnung Nr. 2, X-Straße, Hamburg, erklärungsgemäß festzustellen.
II.
1. Kostenentscheidung gemäß § 138 Abs. 1 FGO
1. Maßgeblichkeit der summarischen Prüfung
a) Ist ein Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt, so entscheidet das Gericht aufgrund summarischer Prüfung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen über die Kosten des Verfahrens, § 138 Abs. 1 FGO.
2. Anfechtungs- und Untätigkeitsklagen gemäß § 138 Abs. 2 Satz 1 FGO
b) Erledigt sich der Rechtsstreit dadurch, dass dem Antrag des Steuerpflichtigen durch Änderung des angefochtenen Verwaltungsaktes entsprochen oder dass im Fall der Untätigkeitsklage dem außergerichtlichen Rechtsbehelf stattgegeben oder der beantragte Verwaltungsakt erlassen wird, sind die Kosten nach § 138 Abs. 2 Satz 1 FGO grundsätzlich der Behörde aufzuerlegen.
3. Zulässigkeit der Klage als Verpflichtungsklage
c) Eine Klage ist als Untätigkeitsklage nach § 46 Abs. 1 Satz 1 FGO ohne vorherigen Abschluss eines Vorverfahrens (§ 44 Abs. 1 FGO) statthaft, wenn über einen außergerichtlichen Rechtsbehelf ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden ist.
2. Erfolgsaussichten der Klage
1. Zulässigkeit der Klage durch den Kläger
1. Vertretung der Erbengemeinschaft
(1) Die gesonderte und einheitliche Feststellung des Grundbesitzwertes erfolgt gegenüber der Erbengemeinschaft in Vertretung für die Miterben.
2. Klagebefugnis des Testamentsvollstreckers
(2) Gemäß § 48 Abs. 1 Nr. 1 FGO kann gegen einen Bescheid über die einheitliche und gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen der zur Vertretung berufene Geschäftsführer oder, wenn ein solcher nicht vorhanden ist, der Klagebevollmächtigte i.S. des Abs. 2 der Vorschrift Klage erheben.
2. Verpflichtung des Beklagten zum Erlass des Grundbesitzwertbescheides
1. Erfüllung der Anforderung der Erbschaftsteuerstelle
bb) Der Beklagte war zum Erlass eines Grundbesitzwertbescheides verpflichtet.
2. Nachweis des niedrigeren gemeinen Werts
cc) Der Grundbesitzwert war auch antragsgemäß auf ... € festzustellen, weil der Kläger durch die Vorlage des Kaufvertrages vom 8. Dezember 2017 einen niedrigeren gemeinen Wert nach § 198 BewG nachgewiesen hat (vgl. zu dem möglichen Nachweis durch einen im gewöhnlichen Geschäftsverkehr zeitnah erzielten Kaufpreis BFH, Urteil vom 25. April 2018, II R 47/15, BStBl II 2019, 144).
3. Rechtslage zur Erklärungsbefugnis des Testamentsvollstreckers
1. Zivilrechtliche Befugnisse des Testamentsvollstreckers
Zwar kann das Finanzamt die Abgabe einer Feststellungserklärung nach § 153 Abs. 1 Satz 1 BewG nur von jemandem verlangen, für dessen Besteuerung eine gesonderte Feststellung von Bedeutung ist, also von den (Mit-) Erben als Schuldner der Erbschaftsteuer.
2. Finanzverwaltung und Literaturmeinungen
Dafür spricht, dass der Testamentsvollstrecker im Rahmen seiner zivilrechtlichen Befugnisse gegenüber dem Steuerschuldner wie ein gesetzlicher Vertreter alle Pflichten des Steuersubjekts erfüllen muss, die diesem durch die AO und die Einzelsteuergesetze auferlegt werden (§ 34 Abs. 3 und 1 AO; BFH, Beschluss vom 7. Dezember 1999, II B 79/99, BStBl II 2000, 233; Hartmann in Gürsching/Stenger, BewG/ErbStG, § 153 Rn. 85, Stand September 2016).
4. Entscheidung
5. Rechtsmittel
Den vollständigen Entscheidungstext finden Sie hier:
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