Übertragung einer Lebensversicherung: Was muss man beachten?

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Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit Urteil vom 27.06.2018 entschieden, dass zur Übertragung der Bezugsberechtigung einer Lebensversicherung nur dann die Einwilligung der versicherten Person vonnöten sei, wenn es sich um die Bezugsberechtigung im Todesfall handele (Az.: IV ZR 222/16). Der Anspruch auf Auszahlung der Versicherungssumme im Erlebensfall könne jederzeit auch ohne die Einwilligung der versicherten Person vom Versicherungsnehmer auf Dritte übertragen werden. Nach Ansicht des BGH sei eine Einwilligung nur dann nötig, falls die Änderung der Versicherungsbedingungen das Risiko der versicherten Person beeinflusse, damit nicht Spekulation mit Menschenleben betrieben werde. Insbesondere sollen Versicherungsnehmer oder Dritte nicht dadurch zur Herbeiführung des Versicherungsfalls motiviert werden, dass ohne Kenntnis und Zustimmung der versicherten Person die Bezugsberechtigung im Todesfall geändert wurde.

Onkel kündigt Lebensversicherung – Kinder gehen leer aus

Im zugrunde liegenden Fall hatte ein Großvater zur Geburt seiner Enkel für diese Lebensversicherungen auf deren Mutter abgeschlossen, die im Erlebensfall, also falls die Mutter nicht stürbe, den Enkeln zu ihrem 20. Geburtstag jeweils 100.000 Euro ausgezahlt hätte. Nach dem Tod des Großvaters wurde seine Ehefrau als Erbin Versicherungsnehmerin, diese übertrug die Versicherung auf ihren Sohn, den Onkel der Kläger. Dieser zahlte die Beiträge zur Lebensversicherung zunächst weiter und kündigte sie später. Daraufhin wurde ihm von der Versicherungsgesellschaft insgesamt 150.000 Euro, der Wiederkaufswert beider Versicherungen, ausgezahlt. Die Kinder der versicherten Person hatten somit weder die Möglichkeit, an ihrem 20. Geburtstag von der Versicherung ausgezahlt zu werden, geschweige denn im Falle des Ablebens der Mutter die Versicherungssumme zu erhalten. Dagegen wandten sie sich mit einer Klage.

Versicherte nicht eingewilligt – Keine Übertragung und Kündigung der Versicherung möglich?

Die Kläger verlangten nun auf dem Rechtsweg, dass entweder der Onkel Schadensersatz in Höhe von etwa 200.000 Euro zu leisten habe, oder aber die Versicherung in der Pflicht stehe, die Versicherungssumme in gleicher Höhe auszuzahlen. Vor dem Landgericht (LG) Frankfurt (Urteil vom 12.02.2015 – 2-23 O 11/14) scheiterten die Kläger mit ihrer Forderung. Auch das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt (Urteil vom 27.07.2016 – 7 U 49/15) gab den Beklagten recht. Der BGH schloss sich weitestgehend der Meinung der vorherigen Gerichte an. Demnach habe die Ehefrau des ursprünglichen Versicherungsnehmers die Versicherung übertragen können, auch der Onkel der Kläger sei zur Kündigung verpflichtet gewesen. Eine Einwilligung der Mutter als versicherte Person sei nicht vonnöten gewesen, da die Einwilligungspflicht nur dafür Sorge trage, dass das Risiko für die versicherte Person nicht erhöht werde. Davon betroffen seien nur die Höhe der Versicherungssumme und die Bezugsberechtigung im Versicherungs-, also Todesfall der versicherten Person. Ein Wechsel des Versicherungsnehmers sei nicht zustimmungspflichtig, da hier das Risiko für die Versicherte unverändert bleibe.

Rückverweisung an das OLG – Kläger können dennoch hoffen

Obwohl der BGH den vorigen Instanzen grundlegend beipflichtete, könnten die Kläger gegebenenfalls dennoch Anspruch auf Schadensersatz haben: Falls nämlich die Ehefrau des Großvaters sein Vermächtnis, das zu erfüllen von ihr als Erbin erwartet werden konnte, durch die Übertragung der Versicherung verletzte, könnte den Klägern Schadensersatz in voller Höhe zustehen. Das muss allerdings jetzt vom OLG geprüft werden, die Kläger müssen sich also noch gedulden.

Fazit: Versicherung auf Leben Dritter – Spekulation mit Menschenleben soll vermieden werden

Unabhängig von der Situation des Klägers im konkreten Fall macht dieses Urteil jedoch die Bedingungen für die Übertragung und Änderung einer Lebensversicherung deutlich: So kann etwa die versicherte Person nicht nachträglich geändert werden, der Versicherungsnehmer, der für die Versicherung zahlt, hingegen schon. Auch der im Erlebensfall Begünstigte kann vom Versicherungsnehmer ohne Einwilligung der versicherten Person geändert werden. Betrifft hingegen die Änderung die Person des Begünstigten in dem Fall, dass die versicherte Person verstirbt, ist ihre Einwilligung zwingend erforderlich. Als Maßstab bei derlei Entscheidungen wird immer das Risiko der versicherten Person herangezogen: Bei einer Risikoerhöhung muss die Einwilligung vorliegen, ist das Risiko nicht betroffen oder wird verringert, muss die versicherte Person nicht einwilligen. Mit dieser Argumentation konnte im Fall übrigens auch die Versicherung wirksam gekündigt werden: Ohne vorhandene Versicherung verringert sich das Interesse aller am Tod der versicherten Person. Sie haben den Überblick verloren oder tiefgreifendere Fragen zum Thema? Die Anwälte der Bernd Rechtsanwalts GmbH stehen Ihnen gerne zur Verfügung.


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