Umgangsrecht/Umgangspflicht bei Ausgangsbeschränkung und Quarantäne wegen Corona?

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Umgangsrecht/Umgangspflicht bei Ausgangsbeschränkung und Quarantäne wegen Corona?

Aufgrund der völlig neuartigen und einzigartigen Situation im Umgang mit der Corona-Krise gibt es hierzu noch keine einschlägigen Gerichtsentscheidungen, sodass die Verfasserin als Familienrechtlerin hier Ihre vorläufige Einschätzung zu dieser brandaktuellen Frage gibt:

1. Angeordnete Quarantäne

Im Fall behördlicher Anordnung einer Quarantäne ist zwar keine Transportunfähigkeit des Kindes gegeben, aber es liegt ein Ausfall des Umgangsrechts des gesunden Elternteils vor. Dies bedeutet, dass der betreuende Elternteil bei Infizierung mit dem Corona-Virus Umgangskontakte mit dem anderen Elternteil verweigern kann.

Umgekehrt kann aber auch ein Behalten des Kindes durch den Umgangsberechtigten gerechtfertigt sein, wenn während des Aufenthaltes des Kindes eine Quarantäne im dortigen Haushalt angeordnet wird.

In diesen Fällen überwiegt der Gesundheitsschutz der Bevölkerung die Interessen der beteiligten Eltern.

2. Ausgangsbeschränkung

Die Bedürfnisse des Kindes sind gem. § 1626 Abs. II BGB zu berücksichtigten, wobei das Kindeswohl den Umgang als Recht aber auch als Pflicht beider Elternteile beinhaltet und deshalb dem Wohl des Kindes in der Regel entspricht § 1626 Abs. III S. 1 BGB.

Auch wenn die elterliche Sorge und das Umgangsrecht dem Kindeswohl unterzuordnen sind und eigennützige Wünsche oder Vorstellungen der Eltern zweitrangig bleiben müssen, gilt in dieser speziellen Krisen-Situation eine Ausnahme.

Für den Fall der ab 21.03.2020 um 00.00 Uhr verhängten Ausgangsbeschränkung gilt, dass ein Verlassen der Wohnung nur bei Vorliegen triftiger Gründe möglich ist. Aus Sicht der Verfasserin sind im Hinblick auf das Umgangsrecht des Kindes, § 1684 Abs. I BGB, Umgangskontakte mit dem anderen Elternteil als triftiger Grund einzuordnen.

Etwas anderes kann im Rahmen der Einzelfallabwägung dann gelten, wenn der umgangsberechtigte Elternteil bewusst den behördlichen Anordnungen zuwider handelt und dadurch eine Ansteckung riskiert und das Kindeswohl gefährdet.

Es besteht daher eine Pflicht zum Zurückbringen des Kindes zum betreuenden Elternteil, wenn weiterhin die bereits bisher bekannten Ausnahmen bestehen, seine Wohnung verlassen zu dürfen um zur Arbeit zu kommen oder andere dringende Erledigungen zu machen, wie z. B. Arztbesuche oder der Einkauf von Lebensmitteln, denn das Zurückbringen des Kindes dürfte aufgrund der gesetzlichen Verpflichtung einen triftigen Grund darstellen.

Problematisch ist, dass bei Streitigkeiten der Eltern, schnelle gerichtliche Hilfe nicht zu erwarten ist. Die Gerichte arbeiten bis auf Weiteres im Notbetrieb, d. h., es werden nur dringende Angelegenheiten bearbeitet und derzeit auch so gut wie alle anstehenden Gerichtstermine aufgehoben und frühestens Ende April/Mai 2020 neu terminiert. 

Aufgrund der derzeit extrem exponentiellen Ausbreitung des Virus kann keiner sagen, wann sich die Lage bessert.

Es ist daher im Zweifel durch den betreuenden Elternteil in Absprache mit dem Umgangsberechtigten abzuwägen, ob das Kind zum Zwecke des Umgangs an den anderen Elternteil herausgegeben wird. Es empfiehlt sich, wenn möglich, lieber kürzere und häufigere Umgangskontakte an der frischen Luft stattfinden zu lassen und vom Umgangsberechtigten die Einhaltung der Hygieneregeln einzufordern.

3. Ausgangssperre

Sollte die Ausgangssperre tatsächlich verhängt werden, dürfen die Kinder nicht mehr reisen, weder zu noch von Ihnen weg. Sie sollten also da bleiben, wo sie am besten dauerhaft betreut werden können.

Gerne stehen wir Ihnen – für eine individuelle telefonische Beratung – zur Verfügung.

Bleiben Sie gesund!

Julia Bald

Rechtsanwältin

Fachanwältin für Familienrecht


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