Unerkannte Trächtigkeit einer Jungstute – Rückabwicklung des Kaufvertrages wegen Sachmangel möglich?

  • 3 Minuten Lesezeit

Amtsgericht Schwedt, Urteil vom 18. April 2007, Az. 3 C 177/05

Sachverhalt

Die Parteien streiten über die Rückabwicklung eines Pferdekaufes.

Der Kläger kaufte eine damals 2 Jahre und drei Monate junge Quarter Horse-Stute für einen Kaufpreis von 1.800 Euro von der Beklagten. Die Stute wollte der Beklagte später als Hobbyreitpferd für seine Familie verwenden.

In dem geschlossenen Kaufvertrag wurde vereinbart, dass der Vertrag nur unter der aufschiebenden Bedingung wirksam werden sollte, dass eine durchzuführende tierärztliche Ankaufsuntersuchung durch den Tierarzt erfolgreich verläuft.

Nach erfolgreicher Ankaufsuntersuchung wurde die Stute Zug um Zug gegen Zahlung des Kaufpreises von der Beklagten an den Kläger übergeben.

Ca. drei Monate später gebar die Jungstute unerwartet ein Fohlen. Bei Übergabe des Muttertieres hatten beide Parteien von der Trächtigkeit der Stute keine Kenntnis.

Der Kläger erklärte gegenüber der Beklagten den Rücktritt vom Kaufvertrag und forderte die Beklagte auf, die Stute nebst Fohlen Zug um Zug gegen Zahlung des Kaufpreises von 1.850 Euro sowie bis dahin aufgelaufener Tierarztkosten von 174 Euro, Kosten für die Ausstellung eines Equidenpasses von 50 Euro und Kosten für die Unterbringung des Pferdes von bis dahin 150 Euro, mithin einer Gesamtsumme von 2.224 Euro zurückzunehmen. Hierauf reagierte die Beklagte nicht.

Der Kläger war der Auffassung, dass die Trächtigkeit des Tieres bei Gefahrübergang einen Sachmangel darstelle und er deshalb zum Rücktritt vom Kaufvertrag berechtigt sei.

Er habe ein Großpferd erwerben wollen, welches die übliche Größe eines Quarter-Horses erreiche. Aufgrund der Bedeckung der Stute im Jungpferdealter sei die Stute in ihrem Wachstum gehemmt und würde daher das übliche Stockmaß nicht mehr erreichen. Mit ihrem Ponystockmaß sei sie als Reitpferd für Erwachsene nicht geeignet.

Die Beklagte meint, dass dem Kläger die Rückabwicklung des Kaufvertrages unzulässig sei, da die übergebene Stute bei Gefahrübergang keinen Mangel aufgewiesen habe. Insoweit sei mit dem Kaufvertrag – dies ist zwischen den Parteien unstreitig – nicht zugesichert worden, dass die Stute nicht trächtig sei. Sie könne als Hobbyreittier und zum Reitsport für Erwachsene problemlos genutzt werden. Diese Eigenschaft sei durch die frühe Trächtigkeit nicht beeinträchtigt worden. Weder die körperliche Entwicklung des Tieres noch das Größenwachstum desselben habe sich durch die Trächtigkeit geändert.

Das Urteil

Das Amtsgericht Schwedt gab dem Kläger im vollen Umfang Recht.

Der geltend gemachte Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Herausgabe der Stute nebst Fohlen ergebe sich aus §§ 434, 440 Satz 1, 2. Halbsatz, 437 Ziffer 2, 323, 346, 348, 320 BGB.

Dem Kläger stünde ein gesetzliches Rücktrittsrecht zu. Denn die von ihm gekaufte Stute habe zum maßgeblichen Zeitpunkt der Übergabe des Tieres und bei Ausübung des Rücktrittsrechtes wegen ihrer Trächtigkeit im Jährlingsalter einen Sachmangel aufgewiesen, der den Kläger aufgrund der Unmöglichkeit der Nacherfüllung zum sofortigen Rücktritt ohne Fristsetzung.

Im Kaufvertrag sei zur Frage der Trächtigkeit der Stute keine Vereinbarungen getroffen worden, sodass es insoweit darauf ankomme, ob das verkaufte Pferd für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung genutzt werden könne. Die beide Parteien hätten unstreitig vorausgesetzt, dass das verkaufte Jungtier später als Hobbyreitpferd Verwendung finden solle.

Ein Sachverständigengutachten bestätigte das Vorliegen eines Sachmangels. Die Trächtigkeit der Stute sei in einem Lebensalter von 15 Monaten entschieden zu früh erfolgt. Der infolge einer verstärkten Östrogenproduktion durch die Eihäute erfolgte vorzeitige Schluss der Epiphysenfuge sei geeignet, das physiologische Körperwachstum vorzeitig zu beenden, in dessen Folge die normal zu erwartende Körpergröße nicht erreicht werde. Außerdem seien kleine Pferde in ihrer Nutzungsfähigkeit gegenüber Großpferden im Nachteil. Neben dem negativen ästhetischen Eindruck, den eine Disproportion zwischen großem Reiter und kleinem Pferd erwecke, sei eine Überlastung durch einen schwergewichtigen Reiter aus tierschutzrelevanten Gründen abzulehnen, weil Wirbelsäule und Extremitäten Schaden nehmen könnten.

Damit stand zur Überzeugung des Gerichtes fest, dass entsprechend der Behauptung des Klägers die Stute zum Übergabezeitpunkt einen Sachmangel aufwies.

Der von dem Kläger geltend gemachte Anspruch auf Ersatz der von ihm aufgewendeten Unterhaltungskosten, die im durch die Versorgung des Tieres durch Fütterung, Unterstellung, Schmied und Tierarzt entstanden sind, ergebe sich aus § 347 Abs. 2 BGB.

Die von dem Kläger geltend gemachten Transportkosten in Höhe von 387 Euro könne der Kläger vor dem Hintergrund eines Aufwendungsersatzanspruches von der Beklagte gemäß §§ 437 Ziff. 3, 440, 325, 281, 284 BGB ersetzt verlangen.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwältin Susan Beaucamp

Beiträge zum Thema