Unselbständige Untergliederungen in einem Dachverband Probleme und Lösungen im Vereins-, Verbands-, und Vereinssteuerrecht

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  1. Sachverhalt

Viele „Dach“verbände in Kultur, Sport und dem sozialen Bereich in Deutschland gliedern sich in : Bundesverband ( e.V.)- Landesverbänden ( e.V.), Bezirke und Kreise . Währen der Bundes- und Landesverband eingetragene gemeinnützige Vereine sind, sind dies oftmals die weiteren Untergliederungen n i c h t . Sie partizipieren bzgl. ihrer Rechtsfähigkeit und der Gemeinnützigkeit vom e.V., sind in diesen inkorporiert als  i.d.R. rechtlich unselbstständige Untergliederungen. Kreise und Bezirke können aber auf der Grundlage der jeweiligen Satzungen in beschränkten Umfange selbst agieren, ihre Vertreter als Besondere Vertreter nach § 30 BGB . Eine rechtlich unselbstständige Untergliederung eines Dachverbandes kann ein nicht rechtsfähiger Verein ( § 54 BGB) sein, der im Rechtsverkehr  rechtswirksam handeln kann ( § 50 ZPO)

  1. Rechtslage, rechtliche Würdigung 
  1. Zivilrecht(Vereinsrecht)

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ( sogen. Clubhaus- Urteil; BGH, Urteil v. 2.7.2007, Az.: II ZR 111/05)   ist eine Untergliederung eines Mehrspartenvereins als nicht rechtsfähiger Verein anzusehen, wenn die Abteilungen:

  • auf Dauer 
  • Aufgaben nach außen 
  • im eigenen Namen 
  • durch eine eigene handlungsfähige Organisation wahrnehmen, und  
  • über eine körperschaftliche Verfassung verfügen einen Gesamtnamen führen 
  • und vom Wechsel ihrer Mitglieder unabhängig sein 
  • und neben ihrer unselbständigen Tätigkeit für den Hauptverein auch eigenständige Aufgaben wahrnehmen.

Diese Rechtsprechung des BGH für die Definition des Rechtsverhältnisses zwischen einem e.V. und seinen Untergliederungen lässt sich wie folgt auf das Rechtsverhältnis zwischen einem  „Dach“verband  und einem Bezirk/Kreis  übertragen:

Ein Bezirk/Kreis  eines  „Dach“verbandes  ist als nicht rechtsfähiger Verein ( § 54 BGB) anzusehen, wenn er

  1. auf Dauer angelegt ist
  2. Aufgaben nach außen in dem Bezirk wahrnimmt
  3. in eigenem Namen  auftritt und agiert
  4. eine handlungsfähige Organisation ( insbesondere Vertreter nach §§ 26,30,164 BGB) hat
  5. über eine körperschaftliche Verfassung ( Satzung!) verfügt,
  6. vom Wechsel seiner Mitglieder unabhängig ist
  7. „auch“ eigenständige Aufgaben wahrnimmt.

Der „Dach“verband kann freilich durch seine Satzung das Rechtsverhältnis zwischen „Dach“verband und Kreisen / Bezirken gesondert  - anders- regeln, näher präzisieren.

Er kann regeln, dass Kreise und Bezirke  eigenständige  eingetragene Vereine sein müssen.

 Er kann regeln, dass Kreise und Bezirke im „Dach“verband weiter inkorporiert bleiben und kann diesbezüglich  Willensbildungsprozesse, Haftungsfragen der Vertreter der Kreise und Bezirke als besondere Vertreter nach § 30 BGB  klar durchdeklinieren.

  1. Steuerrecht ( Gemeinnützigkeitsrecht)

Funktionale Untergliederungen von  eingetragenen Vereinen sind nach § 51Abs. 1 Satz 3  AO k e i n e  selbständigen Steuersubjekte.

Kreise und Bezirke sind daher in der Regel  n i c h t  selbständiges Steuersubjekt und  können somit auch n i c h t die steuerlichen Begünstigungen der Gemeinnützigkeit  für sich selbst eigenständig und gesondert in Anspruch nahmen ( vgl. dazu auch :Buchna/Leichinger/Seeger/Brox, Gemeinnützigkeit im Steuerrecht, 11. Auflage, Achim 2015, Seite 40 f.)

Steuersubjekt im gemeinnützigkeitsrechtlichen Sinne ist daher in der Regel der „Dach“verband. .

Das hat folgende „ erheblichen“ Konsequenzen für das Rechtsverhältnis von Kreise und Bezirken zum „Dach“verband:

  1. „Ein“ Verein/Verband – „eine Steuernummer“ – „eine einheitliche Steuererklärung“ des  „Dach“verbandes.

Die Aufzeichnungen des „Dach“verbandes zur Steuerklärung und als Grundlage für diese müssen vollständig, richtig, zeitgerecht und geordnet sein ( § 146 AO). Auf der Grundlage der Satzung des „Dach“verbandes , aber auch auf der Grundlage des § 259 BGB muss ein Kreis / Bezirk  gegenüber dem „Dach“verband   vollständig Auskunft und Rechenschaft ablegen über sein finanzielles Gebaren im  Kreis/Bezirk..

  1. Die Zweckbetriebsgrenze des § 64 Abs. 3 AO ( Zweckbetriebsgrenze) bei wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben  gilt  „ n u r “ für den „Dach“verband.. mit der notwendigen Folge, dass sich aus den Aufzeichnungen der Kreise /Bezirke auch klipp und klar ergeben muss, welche Einnahmen und Ausgaben die Kreise und Bezirke  im/ in den/der
    1. Ideellen Bereich
    2. Vermögensverwaltung
    3.  Zweckbetrieb
    4. Wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb

hatt(e).

  1. Bei der Gewinnermittlung in Form der Einnahme-Überschussrechnung sind insbesondere auch  alle wirtschaftlichen Geschäftsbetriebe aller Kreise und Bezirke zu betrachten und zu addieren mit der weiteren Folge, dass Verluste (Ausgaben) eines Kreises / Bezirkes gegen Gewinne (Einnahmen) von Kreisen /Bezirken  gegengerechnet werden können.
  2. Die Kleinunternehmerreglung des § 19 UStG gilt schließlich „auch“ nur für den „Dach“verband.
  3. Der „Dach“verband. muss schließlich für den gesamten Verband – und damit alle Kreise und Bezirke -  wenn gefordert- eine einheitliche Mittelverwendungsrechnung  dem zuständigen Finanzamt vorlegen.
  1. Verbandsrecht

Der „Dach“verband ordnet  seine Struktur(en) im Rahmen seiner Satzungen und Ordnungen,

Wenn „ ein“ Kreis / Bezirk  n i c h t ordentlich arbeitet, n i c h t Rechnung legt, insbesondere nicht ordentlich Einnahmen und Ausgaben aufzeichnet und entsprechende Meldungen an den „Dach“verband n i c h t  vollständig, richtig, zeitgerecht und geordnet macht, kann das  zum Entzug der Gemeinnützigkeit des  „Dach“verbandes  mit allen möglichen Folgen führen.

Der „Dach“verband  muss daher in seinem System durch entsprechende satzungsrechtliche Bestimmungen und Ordnungen stets dafür Sorge tragen, dass dieses Risiko minimiert wird.

Dies gilt insbesondere aber auch für die nach § 26 BGB vertretungsberechtigten Vorstandsmitglieder des  „Dach“verbandes , die nach § 34 AO ihre Pflichten als gesetzliche Vertreter zu erfüllen haben. Sie haften nach § 69 AO soweit Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 37) infolge vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung der ihnen auferlegten Pflichten nicht oder nicht rechtzeitig festgesetzt oder erfüllt oder soweit infolgedessen Steuervergütungen oder Steuererstattungen ohne rechtlichen Grund gezahlt werden.

Nach § 191 AO ist es grundsätzlich möglich Vorstände nach § 26 BGB für Steuerschulden einer Körperschaft im Wege des Haftungsdurchgriffs in  Anspruch zu nehmen, wenn die steuerpflichtige Körperschaft als Steuerschuldner „ ausfällt!“

In eigenem Interesse ist daher ein jeder „Dach“verband“ anzuhalten, diesbezüglich ein klares Compliance- System in seinem Verband zu implementieren.

Hierzu vgl. auch den Aufsatz von Longree/ Loos, Tax- Compliance,- Ein zunehmend  aktuelles Thema für Stftungen und Vereine (http://www.zstv.nomos.de/fileadmin/zstv/doc/Aufsatz_ZStV_16_01.pdf

Verbandsrechtlich ist eine klare Klausel   bzgl. der Rechte und Pflichten der Untergliederungen zu empfehlen.

MUSTER

§ 3 Untergliederungen

  1. Kreise / Bezirke sind  die regionalen Untergliederungen des  …-verbandes.
  2. Kreise/Bezirke  fördern in eigener Verantwortung  Aufgaben des …verbandes in ihren räumlich abgegrenzten Wirkungsbereichen und regeln ihre inneren Angelegenheiten eigenverantwortlich. Ihre Satzungen dürfen nicht im Widerspruch zur Satzung des…..-verbandes , dessen Ordnungen und den Beschlüssen der Organe des …..- verbandes stehen.
  3. Erhalten Kreise/Bezirke   zur Erhaltung der Organisation und Durchführung der ihnen übertragenen Aufgaben sowie der eigenen Aufgaben  Finanzmittel durch den …-verband, so sind diese Finanzmittel  bis spätestens zum 01.03. des auf das abzurechnenden Geschäftsjahr folgenden  Geschäftsjahres mit der Geschäftsstelle des …-verbandes  abzurechnen.
  4. Die Vorstandsmitglieder der Kreis/Bezirke sind besondere Vertreter nach § 30 BGB und zur gesetzlichen Vertretung des …-verbandes nicht befugt.

Gez. Malte Jörg Uffeln

www.maltejoerguffeln.de


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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