Urlaub während Mutterschutz und Elternzeit – 12 Tipps samt Muster – Teil 2

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Urlaub während Mutterschutz und Elternzeit – 12 Tipps samt Muster – Teil 1 finden Sie HIER

7) Kann der Urlaub für die Zeit der Elternzeit durch den Arbeitgeber gekürzt werden?

Ja! § 17 BEEG (Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz) gibt dem Arbeitgeber die Möglichkeit, den Urlaub eines Arbeitnehmers während der Elternzeit zu kürzen. Dies gilt nicht nur für den gesetzlichen Mindesturlaub, sondern auch für den vertraglichen Zusatzurlaub (wenn dieser überhaupt entsteht während Elternzeit, vgl. Punkt 6)). § 17 BEEG gibt dem Arbeitgeber aber nur die Möglichkeit, d. h., die Kürzung tritt nicht automatisch ein, sondern muss ausdrücklich gegenüber dem Arbeitnehmer erklärt werden.

Tipp für Arbeitgeber:

Machen Sie von dieser Kürzungsmöglichkeit Gebrauch und nehmen Sie eine entsprechende Formulierung in Ihre Standardschreiben zur Genehmigung der Elternzeit auf. Andernfalls riskieren Sie, dass Arbeitnehmer infolge mehrjähriger Mutterschutzzeiten / Elternzeiten noch eine große Menge an Urlaubsansprüchen haben. Berücksichtigen Sie auch unser Musterkürzungsschreiben unter Punkt 11).

Beispiel

Mutter M geht zum 1.1.2020 in Mutterschutz und anschließend – wegen der Geburt eines weiteren Kindes – bis 31.12.2025 in Elternzeit. Mutter M stehen vertraglich 30 Tage Urlaub pro Jahr zu. Der Arbeitgeber vergisst, eine Kürzung des Urlaubsanspruches während der Elternzeit gegenüber der Mutter M zu erklären.

Ergebnis:

Der Mutter M stehen für 5 Jahre (2020 bis 2025) jeweils 30 Tage Urlaub zu, obwohl sie in dieser Zeit infolge ihrer Elternzeit nicht gearbeitet hat. Dies sind insgesamt 150 Urlaubstage, die sie in 2026 bzw. 2027 zusätzlich nehmen kann. Der Arbeitgeber kann jedoch den Urlaub auch noch nach dem Ende der Elternzeit der Mutter M kürzen (vgl. Nr. 8)). Wenn das Arbeitsverhältnis jedoch vor einer Kürzungserklärung des Arbeitgebers endet (weil z. B. die Mutter M gekündigt hat), kann der Urlaub nicht mehr rückwirkend gekürzt werden und der Mutter M sind die 150 Urlaubstage in Geld auszubezahlen (vgl. Nr. 9)).

8) Kann der Arbeitgeber auch nach dem Ende der Elternzeit rückwirkend den Urlaub aus der Elternzeit kürzen?

Die Kürzungserklärung des Arbeitgebers für den Urlaubsanspruch in der Elternzeit kann vor Beginn der Elternzeit erklärt werden, während der Elternzeit oder sogar noch nach dem Ende der Elternzeit. Dennoch ist es ratsam, dass Arbeitgeber am besten vor Beginn der Elternzeit die Kürzung des Urlaubs aussprechen. Jedenfalls kann eine Kürzung des Urlaubs nur so lange erklärt werden, wie das Arbeitsverhältnis besteht. Nach Beendigung eines Arbeitsverhältnisses ist eine rückwirkende Kürzung des Urlaubs aus der Elternzeit ausgeschlossen.

9) Kann der Urlaub aus der Elternzeit auch noch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses gekürzt werden?

Ein klares Nein! Denn mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses wandeln sich die noch nicht genommenen Urlaubstage in einen Abgeltungsanspruch in Geld um. Dieser Geldanspruch kann jedoch nicht rückwirkend mehr durch den Arbeitgeber gekürzt werden, da § 17 BEEG nur die (rückwirkende) Kürzung von Urlaubsansprüchen ermöglicht. Für den Arbeitgeber kann dies sehr teuer werden. Und umgekehrt für den Arbeitnehmer, der nach Beendigung der Elternzeit ohnehin das Unternehmen verlassen will, finanziell sehr attraktiv. Oftmals müssen Arbeitgeber dann 10.000 € und mehr Urlaubsabgeltung zahlen.

Beispiel 1:

Mutter M verdient 4000 € brutto und hat 30 Tage Anspruch auf Urlaub pro Jahr. Sie geht für insgesamt 6 Jahre in Mutterschutz und Elternzeit, da sie jeweils im Abstand von ca. 3 Jahren zwei Kinder bekommt. Nach Beendigung der Elternzeit für das zweite Kind, kündigt sie, da sie sich beruflich neu orientieren möchte. Der Arbeitgeber hat keine Kürzung des Urlaubs während der Elternzeit erklärt.

Ergebnis:

Mit Ablauf der Kündigungsfrist ist das Arbeitsverhältnis der Mutter M beendet. Der Urlaubsanspruch von 180 Tagen (6 Jahre mal 30 Tage pro Jahr) wandelt sich in einen Abgeltungsanspruch in Geld um. Dieser Abgeltungsanspruch in Geld kann von dem Arbeitgeber nicht mehr rückwirkend gekürzt werden. Da ein Urlaubstag vorliegend 184 € brutto Wert (4000 € x 3 (= Quartalsverdienst) geteilt durch 65 Arbeitstage) ist, ist diese mit den 180 Urlaubstagen zu multiplizieren. Das bedeutet, der Mutter M stehen bei Ausscheiden 33.230 € brutto Urlaubsabgeltung zu.

Beispiel 2: 

Mutter M verdient 2500 € brutto und hat 25 Tage Anspruch auf Urlaub pro Jahr. Sie geht für 3 Jahre in Mutterschutz und Elternzeit. Nach Ablauf der Elternzeit geht der Arbeitgeber auf die Mutter M zu und schließt mir ihr einen Aufhebungsvertrag, da der Arbeitgeber keine Verwendung mehr für die Mutter M hat. Der Arbeitgeber zahlt der Mutter M eine Abfindung von 15.000 €, damit sie ihr Arbeitsverhältnis einvernehmlich beendet. Der Arbeitgeber hat keine Kürzung des Urlaubs während der Elternzeit erklärt und auch im Aufhebungsvertrag fehlt eine entsprechende Regelung.

Ergebnis:

Der Arbeitgeber muss – zusätzlich zu den 15.000 € Abfindung – auch noch Urlaubsabgeltung für die letzten 3 Jahre der Elternzeit zahlen. Das bedeutet bei 75 offenen Urlaubstagen und einem Urlaubsentgelt pro Tag von 115 € (2500 € x 3 (Quartalsverdienst) geteilt durch 65 Arbeitstage = 115 € Urlaubsentgelt pro Tag) insgesamt zusätzlich 8653 € brutto Urlaubsabgeltung. D. h., der Arbeitgeber zahlt für die Aufgabe des Arbeitsplatzes durch die Mutter M, statt wie geplant nicht nur 15.000 €, sondern insgesamt 23.653 € brutto. Hätte der Arbeitgeber dies gewusst, hätte er entweder noch im Aufhebungsvertrag den Urlaubsanspruch rückwirkend gekürzt oder die angebotene Abfindung um die entsprechende Summe der Urlaubsabgeltung gekürzt (also nur ca. 7000 € Abfindung, statt 15.000 € brutto).

Tipp für Arbeitgeber:

Wenn Sie keine entsprechende Kürzungsformulierungen in Ihre Standard-Genehmigungsschreiben der Elternzeit aufnehmen, kann dies sehr teuer werden für Arbeitgeber. Im bestehenden Arbeitsverhältnis stehen dann rückkehrenden Müttern oder Vätern eine enorme Anzahl an Resturlaubstagen zu. Oder nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses müssen Sie eine sehr hohe Urlaubsabgeltung zahlen. Ihre „Alarmglocken“ sollten daher schrillen, wenn eine Mutter / ein Vater unmittelbar nach dem Ende der Elternzeit das Arbeitsverhältnis beenden wollen. Kommen Sie für eine arbeitsrechtliche Beratung auf uns zu. Das kann Sie bares Geld sparen!

Tipp für Arbeitnehmer

Wenn Sie ohnehin beabsichtigen, nach dem Ende Ihrer Elternzeit das Arbeitsverhältnis zu beenden, um sich beruflich neu zu orientieren, kann es sich finanziell sehr lohnen zu prüfen, ob der Arbeitgeber gegenüber Ihnen die Kürzung der Urlaubsansprüche aus der Elternzeit erklärt hat. Fehlt eine entsprechende Erklärung, können Sie nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses (Ablauf der Kündigungsfrist) eine sehr „hübsche“ Summe an Urlaubsabgeltung in Geld gegenüber Ihrem Arbeitgeber geltend machen. Oftmals können Sie so problemlos die Zeit für die Suche nach einer neuen Tätigkeit finanziell absichern. Achten Sie jedoch auch auf etwaige Ausschlussfristen für die Geltendmachung des Urlaubsabgeltungsanspruches. Kommen Sie bezüglich dieses Themas auf uns zu. Wir helfen Ihnen gerne weiter.

10) Entsteht Urlaub während der Teilzeitarbeit in Elternzeit?

Ja. Wenn der Arbeitnehmer während seiner beantragten Elternzeit in Teilzeit arbeitet („Elternteilzeit“, max. 30 Stunden pro Woche), entstehen Urlaubsansprüche. Dieser reduziert sich entsprechend, wenn der Arbeitnehmer in Elternteilzeit weniger Tage pro Woche arbeitet als zuvor ohne Elternzeit (z. B. nur noch 4-Tage-Woche statt 5-Tage-Woche). Eine Kürzung des Urlaubsanspruchs in Elternteilzeit ist durch den Arbeitgeber hingegen nicht möglich.

11) Muster für die Kürzung von Urlaub in der Elternzeit

Für Arbeitgeber empfiehlt sich nachfolgendes Muster zur Erklärung der Kürzung von Urlaubsansprüchen:

„Sehr geehrte Frau / Herr …,

mit Schreiben vom ... haben Sie Elternzeit geltend gemacht. Wir gewähren Ihnen diese vom ... bis zum ...

Wir erklären hiermit, dass wir während der Elternzeit den Anspruch auf Erholungsurlaub für jeden vollen Kalendermonat der Elternzeit pro Kalenderjahr gemäß den gesetzlichen Bestimmungen um ein Zwölftel kürzen. Dies gilt auch für den Urlaubsanspruch, der über den gesetzlichen Mindesturlaub hinausgeht. Unberührt bleiben Urlaubsansprüche, die aufgrund einer Teilzeitbeschäftigung während der Elternzeit erworben werden“.

12) Weitere Muster für Arbeitnehmer und Arbeitgeber

Wenn Sie als Arbeitgeber oder Arbeitnehmer weitere Musterschreiben benötigen, kontaktieren Sie uns! Insbesondere folgende Muster können wir Ihnen empfehlen: Muster zum Antrag auf Elternzeit für Arbeitnehmer, Muster zur Gewährung der Elternzeit für Arbeitgeber, Muster zur Beendigung der Elternzeit für Arbeitnehmer, Muster zur Verlängerung der Elternzeit für Arbeitnehmer, Informationsschreiben des Arbeitgebers für werdende Eltern.

Vorteile unserer Beauftragung:

  • kostenlose Ersteinschätzung.
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