Vergewaltigung, Aussage gegen Aussage

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Vergewaltigung wird oft auch dann von den Staatsanwaltschaften angeklagt, wenn objektive Beweise fehlen; die Anklage beruht dann allein auf der Behauptung der Anzeigeerstatterin. Deren Aussage kann aber falsch und unwahr sein.

Dramatisch und tragisch war der Fall eines Mannes, welcher 5 Jahre in Haft saß, weil ihn eine Lehrerin bewusst falsch der Vergewaltigung beschuldigt hatte.

Nachdem der Mann seine Strafe abgesessen hatte, war er vermögenslos, lebte von Sozialhilfe und verstarb. Erst nach seinem Tod wurde die Lehrerin, der später die Falschaussage nachgewiesen wurde, rechtskräftig wegen schwerer Freiheitsberaubung verurteilt.

Der unschuldige Mann wurde wegen Vergewaltigung verurteilt, weil das Landgericht Darmstadt der Frau geglaubt hatte, der Mann hatte die Vergewaltigung immer bestritten. Auch der Bundesgerichtshof hatte das Urteil gegen den Mann bestätigt.

Immer wieder habe auch ich in Fällen verteidigt, in welchen sich herausgestellt hat, oder nicht ausgeschlossen werden konnte, dass meine Mandanten zu Unrecht der Vergewaltigung oder sexuellen Nötigung beschuldigt wurden.

Wenn das Gericht die Aussage der Frau für glaubhaft hält, und von der Schuld des Angeklagten überzeugt ist, dann verurteilt das Gericht den Angeklagten wegen Vergewaltigung oder sexueller Nötigung zu einer Haftstrafe.

Wenn Aussage gegen Aussage steht, und die Frau keine Beweise hat, müsste dann nicht der Grundsatz „Im Zweifel für den Angeklagten“ gelten?

Nein. Wenn das Gericht von der Glaubwürdigkeit der Aussage der Frau überzeugt ist, dann hat es ja keine Zweifel. Die Frau ist Zeugin, und damit gilt ihre Aussage als Zeugenbeweis.

Natürlich dürfen die Richter nicht willkürlich entscheiden. Die Rechtsprechung hat auf den Kenntnissen der Aussagepsychologie Methoden entwickelt, die helfen sollen, den Wahrheitsgehalt einer Aussage zu überprüfen.

Eine Sicherheit, dass eine Aussage falsch oder richtig ist, gibt es aber nicht, wenn sonstige Beweise fehlen. Der Ansatz der Verteidigung ist damit klar. Da ja auch der Angeklagte in solchen Fällen nicht seine Unschuld beweisen kann, geht es für die Verteidigung darum, Zweifel an dem Wahrheitsgehalt der Aussage der Anzeigeerstatterin zu wecken.

Kommt es denn wirklich oft vor, dass Frauen einen Mann zu Unrecht der sexuellen Nötigung oder Vergewaltigung bezichtigen? Zumindest kommt dies immer wieder vor. Häufig werden Männer nicht absichtlich von Frauen der Vergewaltigung bezichtigt. Gründe für unbewusste Falschbeschuldigungen sind meist Traumata aus früheren Erlebnissen, insbesondere auch suggestive Beeinflussungen von Dritten.

Häufiges Motiv für eine bewusste Falschaussage ist Rache, z. B. weil die Frau verlassen wurde.

Es bedarf Erfahrung, um bei Aussage-gegen-Aussage-Konstellationen zu verteidigen.

Eine Zeugin die unbewusst falsch aussagt, wirkt auf das Gericht überzeugend. Aus ihrer Sicht lügt die Frau ja nicht; eine Zeugin, die meint, die Wahrheit zu sagen, kann sehr überzeugend wirken.

Manche Richter lassen sich vorschnell vom Wahrheitsgehalt der Aussage der Belastungszeugin überzeugen.

Um dagegen zu halten, muss der Verteidiger umfangreiche Kenntnisse der Aussagepsychologie besitzen, er muss eine gute Fragetechnik beherrschen, er muss erkennen, wo die Aussage Angriffspunkte bietet.

Wer sich des Vorwurfs der Vergewaltigung oder sexuellen Nötigung ausgesetzt sieht, sollte sofort einen auf dem Gebiet des Sexualstrafrechts erfahrenen Anwalt hinzuziehen; einer Ladung bei der Polizei sollte man auf keinen Fall Folge leisten, kein Beschuldigter ist verpflichtet, zur Polizei zu gehen. Man weiß nicht, was die Zeugin im Einzelnen ausgesagt hat.

Nur der Anwalt erhält die Akte, in welcher die Aussage der Zeugin enthalten ist.

Ein auf dem Gebiet des Sexualstrafrechts erfahrener Verteidiger ist dringend notwendig. Denn wie deutlich wird: Die Gefahr, unschuldig verurteilt zu werden, ist durchaus real.

Rechtsanwalt Matthias Ganser


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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