Verjährung im Abgasskandal – BGH stärkt Verbraucher

  • 2 Minuten Lesezeit

VW kann sich im ursprünglichen Abgasskandal um Dieselfahrzeuge des Konzerns mit dem Dieselmotor EA 189 nicht auf Verjährung der Schadenersatzansprüche verlassen. Der Bundesgerichtshof hat den geschädigten Autokäufern den Rücken gestärkt. Mit Urteil vom 29. Juli 2021 stellte der BGH klar, dass weder durch die Mitteilungen von VW noch durch die breite Berichterstattung in den Medien den Autokäufern unterstellt werden kann, dass sie noch 2015 von der Betroffenheit ihres Fahrzeugs im Abgasskandal Kenntnis erlangt haben (Az.: VI ZR 1118/20).

Der BGH hatte im Mai 2020 bereits entschieden, dass VW sich durch die Abgasmanipulation grundsätzlich schadenersatzpflichtig gemacht hat. Offen war jedoch, wann die Verjährung der Schadenersatzansprüche eintritt. Schadenersatzansprüche verjähren drei Jahre nach Kenntnis des Anspruchs. Der BGH stellte nun klar, dass diese Kenntnis nicht schon 2015 vorausgesetzt werden kann, nachdem der Abgasskandal im September 2015 aufgeflogen war.

In dem Fall vor dem BGH hatte der Kläger seine Schadenersatzansprüche erst 2019 geltend gemacht. Zuvor hatte er sich bei der Musterfeststellungsklage gegen VW zunächst angemeldet und dann wieder abgemeldet. Das OLG Naumburg hatte die Klage abgewiesen, weil die Ansprüche verjährt seien.

Der BGH kassierte dieses Urteil. Dem Kläger lasse sich nach den vorliegenden Erkenntnissen keine grob fahrlässige Unkenntnis seiner Ansprüche vorwerfen, durch die die Verjährungsfrist schon Ende 2015 ausgelöst worden wäre. Das OLG habe es versäumt festzustellen, ob der Kläger noch 2015 Kenntnis erlangt habe, dass sein Fahrzeug vom Dieselskandal betroffen ist. „Viele betroffene Autokäufer haben erst 2016 das Rückrufschreiben für ihr Fahrzeug erhalten. In der Rechtsprechung wird daher überwiegend davon ausgegangen, dass erst dann die Kenntnis vorausgesetzt werden kann und die Ansprüche frühestens Ende 2019 verjährt sind, ggf. sogar später“, sagt Rechtsanwalt Frederick M. Gisevius, BRÜLLMANN Rechtsanwälte.

Außerdem, stellte der BGH weiter fest, sei der Eintritt der Verjährung durch die Anmeldung zur Musterfeststellungsklage gehemmt gewesen. Die Hemmungswirkung trete grundsätzlich bereits mit der Erhebung der Musterfeststellungsklage ein und nicht erst mit einer wirksamen Anmeldung im Klageregister. Auch wenn diese erst 2019 erfolgt sein sollte. Der BGH hat den Fall an das OLG Naumburg zurückverwiesen, dass nun erneut entscheiden muss, ob die Schadenersatzansprüche verjährt sind.

Selbst wenn die Verjährung eingetreten ist, kann immer noch ein sog. Restschadenersatzanspruch nach § 852 BGB geltend gemacht werden. Hier tritt die Verjährung erst zehn Jahre nach Kauf des Fahrzeugs ein. „Neben verschiedenen Landgerichten haben auch die Oberlandesgerichte Stuttgart, Düsseldorf, Oldenburg und Koblenz entschieden, dass dieser Restschadenersatzanspruch im Abgasskandal besteht. Schadenersatzansprüche können also immer noch geltend gemacht werden“, so Rechtsanwalt Gisevius.

Die Kanzlei BRÜLLMANN Rechtsanwälte ist Kooperationspartner der IG Dieselskandal und bietet Ihnen eine kostenlose Ersteinschätzung Ihrer Möglichkeiten an. Sprechen Sie uns an.

Mehr Informationen: https://bruellmann.de/abgasskandal



Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Frederick M. Gisevius

Beiträge zum Thema