Verkauf gemeinsamer Immobilie boykottieren?

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Wird Ihre Ehe geschieden, werden Sie auch für Ihren gemeinsamen Immobilienbesitz eine Regelung finden müssen. Sehen Sie im Verkauf die beste Lösung, muss der Ehepartner als Miteigentümer zustimmen. Haben Sie sich im Streit getrennt, kommt es vor, dass der Partner den Verkauf der gemeinsamen Immobilie boykottiert. Sie stehen dann vor der Herausforderung, wie Sie mit der Situation umgehen. Sprechen wir darüber, welche Optionen bestehen.

Warum ist der Verkauf der gemeinsamen Immobilie die beste Option?

Handelt es sich bei der Immobilie um Ihre bislang gemeinsam genutzte eheliche Wohnung, müssen Sie eine Regelung finden, wenn Sie sich trennen. So könnte ein Ehepartner den Miteigentumsanteil des anderen gegen Zahlung einer Abfindung übernehmen, allerdings unter der Voraussetzung, dass er/sie über genügend Kapital verfügt oder die Bonität so gut ist, dass die Übernahme finanziert werden kann.

Besteht kein Interesse an einer Übernahme, dürfte der Verkauf die beste Option darstellen. Nur ein Verkauf auf dem freien Markt gewährleistet, dass Sie den nach Ihren Vorstellungen bestmöglichen Verkaufserlös erzielen. Möglicherweise benötigen Sie das Geld, um das durch Grundschulden abgesicherte Darlehen abzulösen, das Sie zur Finanzierung des Kaufpreises aufgenommen haben. Soweit sich ein Überschuss ergibt, kann das Geld aufgeteilt werden. Gerade, wenn Sie sich trennen, sind beide Partner möglicherweise auf zusätzliche Liquidität angewiesen. Da beide Ehegatten Eigentümer der Immobilie sind, bedarf der Verkauf der Zustimmung beider Ehegatten.

Eine Alternative könnte auch darin bestehen, dass Sie das Haus an eine dritte Person ganz normal vermieten, mit der Miete den Kapitaldienst bedienen oder den Überschuss für sich vereinnahmen. Auch in diesem Fall müssen beide Ehegatten der Vermietung zustimmen. Boykottiert ein Ehegatte die Vermietung, ist die Vermietung nicht ohne Weiteres möglich. Würden Sie den Mietvertrag allein abschließen wollen, wäre der Vertrag mangels Zustimmung des Partners unwirksam. Der Mieter hätte möglicherweise ein Problem, da er dann die Wohnung eines Vermieters bezieht, mit dem er keinen Mietvertrag abgeschlossen hat. Soweit die Vermietung einer ordnungsgemäßen Verwaltung des Objekts entspricht, könnten Sie die Zustimmung zur Vermietung gegebenenfalls einklagen (§ 745 BGB). Ob dieser Weg zielführend ist, scheint fraglich.

Eine ganz schlechte Lösung wäre, das Haus leer stehen zu lassen und abzuwarten, bis sich irgendeine Lösung einstellt. In Zeiten des Leerstandes riskieren Sie, dass Unterhaltsstaus entstehen und das Haus im ungünstigsten Fall verfällt. Ungeachtet dessen müssen Sie das Haus unterhalten, beispielsweise Grundsteuern und Gebäudeversicherung bezahlen. Als Miteigentümer trägt jeder die Hälfte der Unterhaltskosten. Erweist sich eine Unterhaltungsmaßnahme als unaufschiebbar (hier Dachsanierung), müssen sich beide Ehepartner an den Kosten beteiligen (Oberlandesgericht Brandenburg, Beschluss vom 15.12.2015, Az. 9 UF 29/15).

Kann ein Ehepartner allein das Haus verkaufen, wenn beide im Grundbuch stehen?

Stehen beide Ehepartner als Miteigentümer Grundbuch, kann keiner ohne den anderen über die Immobilie verfügen. Sie sind aufeinander angewiesen. Möchten Sie die Immobilie verkaufen oder vermieten oder verschenken, muss der Partner zustimmen. Ihre Trennung und Scheidung ändert nichts an den im Grundbuch eingetragenen Eigentumsverhältnissen.

Was passiert, wenn sich ein Ehegatte weigert, die Immobilie zu verkaufen?

Weigert sich ein Ehegatte, die Immobilie zu verkaufen, ist der Verkauf nicht möglich. Beurkunden Sie zum Verkauf einen notariellen Kaufvertrag mit einem Erwerber, wäre der Kaufvertrag mangels Zustimmung des Ehepartners unwirksam. Wird die Zustimmung nicht erteilt, kann der Kaufvertrag nicht vollzogen werden. Sie riskieren, dass der Erwerber, der sich auf Ihre Verkaufszusage verlassen und vielleicht bereits zur Finanzierung des Kaufpreises einen Darlehensvertrag mit seiner Bank abgeschlossen hat, Schadensersatzansprüche geltend macht.

Kann ein Miteigentümer zum Verkauf gezwungen werden?

Sie können Ihren Ehegatten als Miteigentümer nicht zum Verkauf zwingen. Würden Sie dessen Zustimmung zum Hausverkauf einklagen wollen, wäre dies ein unzulässiger Eingriff in sein Eigentumsrecht. Der Weg ist ein anderer. Das Gesetz hält hierfür die Teilungsversteigerung bereit.

Sind Sie Miteigentümer der Immobilie, bilden Sie rechtlich betrachtet eine „Gemeinschaft“ (§§ 741 ff BGB). Spätestens mit der Scheidung kann jeder Partner darauf bestehen, dass diese Gemeinschaft aufgehoben und die Immobilie verwertet wird. Widersetzt sich ein Partner dem Verkauf oder boykottiert sogar den Verkauf, kann der andere die Teilungsversteigerung beantragen. Dann wird die Immobilie beim Amtsgericht öffentlich versteigert. Die Teilungsversteigerung ist allerdings ein zweischneidiges Schwert.

Gut zu wissen: Wie ist es beim Erbrecht?

Bei Erbengemeinschaften ist es ähnlich. Auch hier lässt sich die Zustimmung einzelner Miterben nicht erzwingen. Um die Erbengemeinschaft auseinanderzusetzen, muss der Weg einer Auseinandersetzungsklage beschritten werden. Gehört eine Immobilie zum Nachlass, muss sie teilungsversteigert werden.

Ist die Teilungsversteigerung vor der Scheidung möglich?

Die Rechtsprechung beurteilt die Frage, ob eine Teilungsversteigerung vor der Scheidung möglich ist und vielleicht sogar als Druckmittel in der ehelichen Auseinandersetzung eingesetzt werden kann, unterschiedlich.

Das OLG Hamburg (FamRZ 2017, 1829) hat die Auffassung vertreten, dass eine beiden Ehepartnern gehörende Immobilie im Zeitraum der Trennung und vor der Scheidung nicht teilungsversteigert werden könne. Grund sei, dass die eheliche Wohnung auch während der Trennungszeit die eheliche Wohnung bleibe und jeder Anspruch darauf habe, dass diese Situation einseitig nicht verändert wird. Danach käme die Teilungsversteigerung frühestens nach der Scheidung in Betracht.

Andere Gerichte sind gegenteiliger Auffassung. So hat das Oberlandesgericht Stuttgart (FamRZ 2021, 663) entschieden, dass eine Teilungsversteigerung auch während der Trennungszeit nicht generell ausgeschlossen sei. Möglicherweise sei der Ehepartner auf den Versteigerungserlös wirtschaftlich angewiesen. Nur wenn die Teilungsversteigerung zugelassen werde, lasse sich verhindern, dass der Partner sich veranlasst sehe, auf eine schnellstmögliche Scheidung hinzuwirken, während sich der andere veranlasst sehe, die Scheidung möglichst in die Länge zu ziehen. Deshalb machen viele Gerichte die Zulässigkeit der Teilungsversteigerung während der Trennungszeit von einer Interessenabwägung im Einzelfall abhängig.

Dabei wird darauf abgestellt, dass derjenige Ehepartner, der die Teilungsversteigerung ablehnt, rechtliche Möglichkeiten habe, auch im Zwangsversteigerungsverfahren die Teilungsversteigerung abzuwenden. So könne er/sie gerichtlich beantragen, die einstweilige Einstellung des Verfahrens anzuordnen, wenn die Einstellung zur Abwendung einer ernsthaften Gefährdung des Wohls eines gemeinschaftlichen Kindes erforderlich ist (§ 180 Abs. III Zwangsversteigerungsgesetz). Die Einstellung kommt auch Betracht, wenn ein Ehepartner glaubhaft vorträgt, dass ein Kaufinteressenten bereit ist, für den Verkauf einen angemessenen Kaufpreis zu zahlen und Aussicht besteht, dass der bislang boykottierende Ehepartner vielleicht doch noch seine Zustimmung erklärt (§ 180 Abs. I ZVG). Außerdem könne er/sie verlangen und beim Familiengericht durchsetzen, die Wohnung zur alleinigen Nutzung zuzuweisen (§ 1360b BGB).

Warum boykottiert der Partner den Verkauf?

Bevor Sie über rechtliche Optionen nachdenken, sollten Sie sich klar sein, aus welchen Gründen der Partner den Verkauf boykottiert. Vielleicht ist es das Elternhaus, das im Familienbesitz verbleiben soll. Vielleicht sind im Haus Ihre Kinder groß geworden und mit dem Haus sind eine Vielzahl von Erinnerungen verbunden. Oder ist das Haus vorwiegend in Eigenleistung entstanden, blutet manchem das Herz, sich davon verabschieden zu müssen. Sie sollten diese emotionalen Befindlichkeiten mindestens respektieren und am besten gemeinsam überlegen, wie Sie mit der Immobilie verfahren wollen. Seine Sie sich im Klaren, dass die Teilungsversteigerung keine wirklich gute Option darstellt.

Auch der Ehepartner muss wissen, dass ein Boykott auf Dauer keine Lösung darstellt. Haben Sie die Immobilie gemeinsam gekauft und den Kaufpreis finanziert, haben Sie wahrscheinlich auch gemeinsam den Kreditvertrag mit der Bank unterschrieben. Dann ist auch der Partner wegen des Kapitaldienst gegenüber der Bank in der Verantwortung.

Ist Ihre Immobilie finanziert, riskiert auch der Partner, dass der Kapitaldienst leidet und möglicherweise die Bank als Darlehensgeber in letzter Konsequenz die Zwangsversteigerung des Objekts betreibt. Bei einer Zwangsversteigerung ist immer mit erheblichen Wertverlusten zu rechnen.

Warum ist die Teilungsversteigerung keine gute Option?

Wird eine Immobilie zwangsweise versteigert, müssen Sie als Eigentümer erfahrungsgemäß immer teils erhebliche Verluste in Kauf nehmen. Ansatzpunkt dafür ist, dass Sachverständige, die das Amtsgericht mit einem Wertgutachten beauftragt, die Verkehrswerte von Immobilien meist geringer ansetzen, als es beim freien Verkauf möglich wäre. Wird die Immobilie zu diesem Wert versteigert, verlieren Sie Geld.

Oder finden sich im Hinblick auf den Verkehrswert in den Versteigerungsterminen nicht genügend Interessenten, riskieren Sie, dass Ihre Immobilie unterhalb der Wertgrenzen zu einem Erlös versteigert wird, der weit unterhalb dessen liegt, was Sie möglicherweise beim freihändigen Verkauf hätten erzielen können.

Dazu müssen Sie auch wissen, dass ein Haus immer insgesamt versteigert wird. Es ist also nicht so, dass lediglich der Miteigentumsanteil eines Partners versteigert wird. Ungeachtet dessen haben Sie die Möglichkeit, im Versteigerungstermin selbst als Bieter aufzutreten und die Immobilie insgesamt zu ersteigern. Dies Option kann im Einzelfall wirtschaftlich sinnvoll sein, setzt aber voraus, dass Sie bereit sind, diesen langen Weg und die damit verbundenen Mühen auf sich zu nehmen.

Was ist beim Hausverkauf vor der Scheidung mit dem Zugewinn?

Verkaufen Ihr Haus vor der Scheidung, kann sich der Verkauf auf dem Zugewinn auswirken. Maßgeblich kommt es dazu auf den Stichtag an. Wird die Ehe geschieden, haben Sie Anspruch auf Zugewinnausgleich. Zur Berechnung der Höhe der Ausgleichsforderung ist als Stichtag auf den Zeitpunkt abzustellen, an dem Ihr Scheidungsantrag dem Ehepartner vom Familiengericht zugestellt wurde. Dies ist der Tag der Rechtshängigkeit (§ 1384 BGB).

Haben Sie beispielsweise ein Baugrundstück oder eigenes Geld in die Ehe eingebracht, können diese Beiträge über den Zugewinnausgleich berücksichtigt werden. Die Beträge werden Ihrem Anfangsvermögen hinzugerechnet. Aus dem Anfangsvermögen ergibt sich mit Blick auf das Endvermögen bei der Scheidung der Zugewinn, den Sie beide in der Ehe erzielt haben. Die Hälfte dieses Zugewinns steht Ihnen zu, wenn Ihr Zugewinn im Verhältnis zum Zugewinn Ihres Ehepartners geringer ist. Im Idealfall legen Sie den Zugewinn im gegenseitigen Einvernehmen in einer Scheidungsfolgenvereinbarung fest.

Alles in allem

Steht wegen der Trennung der Verkauf Ihrer Immobilie an, befinden Sie sich möglicherweise in einer verfahrenen Situation. Ihre Aussichten sind aber insoweit gut, als auch der Partner ein wirtschaftliches Interesse daran haben muss, dass wegen der Immobilie eine Regelung gefunden wird. Sprechen Sie am besten mit Ihrem Rechtsanwalt oder Ihrer Rechtsanwältin, mit welcher Strategie Sie den Verkauf Ihrer Immobilie erreichen können. Seien Sie trotz alledem immer guter Hoffnung. Es gibt immer einen Weg.

Foto(s): iurFRIEND

Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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