Vermieter darf während eines Mietstreits Mieter beleidigen und verleumden

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In Mainz kam es zu einer Reihe interessanter strafrechtlicher Verfahren im Zusammenhang mit Beleidigungen und Verleumdungen eines Vermieters.

Im Vorfeld hatten mehrere Familien mit Migrationshintergrund gemeinsam ein seit Jahrzehnten ausschließlich an Deutsche vermietetes Mehrfamilienhaus erworben, wobei zunächst die einzig leer stehende Wohnung in dem Objekt bezogen wurde.

In Folge kam es durch die neuen Eigentümer und weitere Familienmitglieder der weitläufigen Familie zu anhaltenden Vergrämungsbemühungen zu Lasten der seit Jahrzehnten in dem Objekt lebenden, teilweise schon älteren, Mietparteien. Bereits ab Februar konnte die Heizung nicht mehr betrieben werden, Sanitäranlagen wurden über Monate ausgebaut und nicht ersetzt, die Wasserversorgung über längere Zeit nur eingeschränkt ermöglicht und häufig stand kein Strom zur Verfügung. Fenster wurden mit Müll und Schutt verbarrikadiert, Notausgänge verstellt und die Nutzung der Mülltonne vereitelt. Lärm und Schmutz durch erhebliche Umbauarbeiten am Objekt machten die Wohnungen zeitweise quasi unbewohnbar.

Während die Mietparteien bereits nach neuem Wohnraum suchten, minderten sie die Miete nach anwaltlicher Beratung entsprechend der Beeinträchtigungen. Daraufhin klagten die Vermieter u.a. auf Zahlung der Miete und zudem auf Mieterhöhung um 20 %.

Bereits vor der Anhängigkeit der zivilrechtlichen Klagen und später während der gerichtlichen Auseinandersetzung kam es immer wieder zu Beleidigungen und üblen Nachreden durch einen der Vermieter und Angehörige desselbigen. So wurden Mieterinnen regelmäßig mit „miese Schlampe" und „alte Schlampe" betitelt. Den durchweg Vollzeit berufstätigen Mietern wurde unterstellt nicht berufstätig zu sein und nur auf Kosten anderer zu leben. Es wurde behauptet, der Ruf sei ruiniert und es würde ein ungehemmtes Leben geführt. Gerichtsöffentlich wurden ausländerfeindliche Parolen unterstellt. Es wurden Briefe mit verleumderischen Inhalten an öffentliche Stellen versendet.

Es wurden daraufhin mehrere Strafanzeigen erstattet.

Durchweg war die für alle Verfahren zuständige Amtsanwältin - alle Beschuldigten der Großfamilie hatten den gleichen Nachnamen - der Auffassung, dass kein öffentliches Interesse an einer Strafverfolgung bestehe, da sich lediglich „um Streitigkeiten im Rahmen eines Mietverhältnisses, von dem Dritte nicht betroffen sind" handle und verwies auf den Privatklageweg. Eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen die zuständige Amtsanwältin hatte Erfolg. Darüber hinaus nahm sie in einer Angelegenheit, die zivilrechtlich sogar eine Entscheidung nach dem Gewaltschutzgesetz gegen den gewalttätigen Vater einer der Vermieter zur Folge hatte, auf eine Beschwerde hin das Ermittlungsverfahren wieder auf. Zuvor wollte sie auch dieses Verfahren, bei dem es um Bedrohung und erhebliche Nötigung ging, mit der befremdlichen Begründung, Täter und Opfer lebten doch in einem „nachbarschaftlichen Verhältnis" einstellen wollen. also „Pech" für das Opfer, wenn ein Straftäter sogar in das gleiche Haus einzieht.

Eines der Opfer beschritt in einem Fall von Beleidigung den Privatklageweg, durchlief erfolglos das Sühneverfahren, bei dem der Beschuldigte nicht erschien und reichte sodann Privatklage (AG Mainz, 403 Bs 2/10) ein. Überraschend teilte die zuständige Richterin am AG Mainz dann mit, dass das Gericht beabsichtige, das Verfahren einzustellen. Es sei doch alles vor dem Hintergrund eines Mietverhältnisses geschehen. Oder anders ausgedrückt: Straftaten eines Vermieters zum Nachteil von Mietern sind nach Ansicht des Gerichts wohl zumindest dann unbeachtlich, wenn der Vermieter sich mit seinem Mieter in einem Zivilrechtsstreit befindet - den er zudem durch Mobbing und Schikanen selbst verursacht hat.

Nach anwaltlicher Stellungnahme wurde das Verfahren mit dem Verweis auf den Mietkonflikt eingestellt.

Die hiergegen gerichtete Beschwerde wurde mit der lapidaren Begründung, der Beschluss des AG entspräche der „Sach- und Rechtslage" als unbegründet verworfen (LG Mainz, 7 Qs 1/11).

Selbstredend, dass motiviert durch die Einstellungen sogar Mitarbeiter eines Umzugsunternehmens noch behelligt wurden und einer betroffenen Mietpartei am Tag des Auszugs noch mit auf den Weg gegeben wurde, dass man sie überall finden würde und ihnen Probleme machen würde.

Fazit: Zumindest in Mainz haben Vermieter beste Aussichten unliebsame Mieter straflos beleidigen, verleumden, nötigen und bedrohen zu können; zumindest dann, wenn sie zuvor ihre Mieter so konsequent gemobbt und schikaniert haben, bis diese von ihrem Recht auf Mietminderung Gebrauch gemacht haben und somit ein „Mietstreit" entstanden ist - mit dessen strafrechtlichen Auswüchsen der Staat dann nichts zu tun haben möchte.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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