Versicherungsvertragsrecht im Überblick: Teil 3 – Haftpflichtversicherungen

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Fast niemand ist heutzutage komplett unversichert. Aufgrund der Relevanz, Vielfältigkeit und Komplexität des Themenfeldes, beschäftigen wir uns in einer mehrteiligen Serie mit dem Versicherungsvertragsrecht.

Versicherungsvertragsrecht – Haftpflichtversicherung

Laut einem jüngeren Urteil muss der Privat-Haftpflichtversicherer im von weisungsgebundenen Angestellten des Versicherungsnehmers ausgelösten Versicherungsfalles die Kosten decken, da diese nicht als Repräsentanten des Versicherungsnehmers zu werten sind.

Ist der Schaden durch ein Kfz verursacht worden, dem allgemeinen Lebensrisiko zuzurechnen und verwirklicht sich gerade keine fahrzeugspezifische Gefahr, so muss der Privat- Haftpflichtversicherer die Kosten decken und nicht der Kfz-Haftpflichtversicherer.

Haftpflichtversicherung – wirklich Pflicht?

Haftungsansprüche lauern überall. Das Verursachen eines Autounfalls, das vergessene Streuen des Gehwegs bei Eisglätte, welches zum Sturz eines Passanten führt sowie viele weitere Unachtsamkeiten können dazu führen, dass man haftbar gemacht werden muss. Die hohen Kosten, die dabei oft entstehen, können für den Einzelnen ruinös werden. Wenn bedacht wird, dass der Schaden meist nur durch einen kurzen Moment der Unachtsamkeit ausgelöst wird, dann wird deutlich, warum so viele Menschen einen Haftpflichtversicherungsvertrag abschließen.

Privat-Haftpflichtversicherung

Die private Haftpflichtversicherung ist dabei die vielleicht bekannteste aller Versicherungsarten. Rund 67 % der Deutschen haben einen Haftpflichtversicherungsvertrag abgeschlossen. Verursacht der Versicherungsnehmer in seiner privaten Lebensführung einen Schaden, etwa durch die schuldhafte Verletzung einer Vertragspflicht, einer Sorgfaltspflicht oder hat er sich gefährdend verhalten, übernimmt der Versicherer die Kosten. Ein kleiner Knackpunkt: Entgegen dem Wortlaut „Haftpflichtversicherung“ handelt es sich bei der Privat-Haftpflichtversicherung gar nicht um eine Pflichtversicherung. Der irreführende Wortlaut kommt daher, dass der Versicherer aus dem Versicherungsvertrag zur Versicherungsleistung verpflichtet wird.

Kfz-Haftpflichtversicherung

Anders als die Privat-Haftpflichtversicherung ist die Kfz-Haftpflichtversicherung tatsächlich verpflichtend – sofern man als Kfz-Halter am Straßenverkehr teilnehmen will. Im Verkehrsrecht sind bei einem Unfall sowohl Schadensersatzansprüche gegenüber dem Fahrzeugführer (§ 18 StVG) als auch gegenüber dem Fahrzeughalter (§ 7 StVG) möglich. Der Unterschied: Der Fahrzeughalter haftet als Kfz-Eigentümer verschuldensunabhängig, da von seinem Fahrzeug die Betriebsgefahr ausgeht. Nach § 1 PflVG muss er deshalb eine Kfz-Haftpflichtversicherung abschließen, sobald er Halter eines Kfz ist. Der Grund: Die Teilnahme am Straßenverkehr mit einem Kfz birgt besonders hohe Risiken.

Schadensverursachung durch weisungsgebunden Mitarbeiter 

Unter Umständen kann ein Versicherungsfall auch durch einen anderen als den Versicherungsnehmer ausgelöst werden. Wie mit solchen Fällen umgegangen wird, beschäftigt die Gerichte immer wieder. So auch dieses Jahr das LG Wiesbaden. Dieses urteilte, dass ein Haftpflichtversicherungsnehmer, dessen weisungsgebundener Mitarbeiter einen Schaden aufgrund von pflichtwidrigem Verhalten verursacht, dennoch Versicherungsschutz genießt. Dem Urteil zufolge handelte der Mitarbeiter aufgrund seiner Weisungsgebundenheit nicht als Repräsentant des Versicherungsnehmers. Er konnte deswegen nicht die Risikoverwaltung des Versicherungsnehmers übernehmen und sein Verhalten ist diesem damit nicht zuzurechnen.

Für Deckung der Kfz-Haftpflicht muss ein Gebrauch eines Fahrzeugs vorliegen

Gemäß § 1 PflVG sind alle Halter von Kraftfahrzeugen oder Anhängern dazu verpflichtet, einen Versicherungsvertrag abzuschließen, der die Kosten der Schäden die durch den Gebrauch des Fahrzeugs entstehen, decken. Entscheidend für die Frage, wann eine Kfz-Haftpflichtversicherung die Deckung übernehmen muss, ist oft, ob ein „Gebrauch“ des Fahrzeugs vorliegt.

OLG Hamm verlangt die Verwirklichung einer spezifischen Fahrzeuggefahr

In einem jüngeren Urteil des OLG Hamm entschieden die Richter, dass dafür die Verwirklichung einer spezifischen Fahrzeuggefahr vorliegen muss. Der Versicherungsnehmer einer allgemeinen Haftpflichtversicherung hatte beim Aussteigen aus dem Firmenwagen seines Arbeitgebers eine Bauschaumflasche so unglücklich fallen lassen, dass diese explodierte und das Fahrzeug beschädigte. Zwar würden zum Gebrauch des Fahrzeuges auch das Ein- und Aussteigen sowie das Be- und Entladen des Autos gehören, doch verursachte in diesem Fall die Ungeschicklichkeit des Versicherungsnehmers den Schaden. Es verwirklichte sich somit nicht eine fahrzeugspezifische Gefahr, sondern vielmehr das allgemeine Lebensrisiko, welches zufällig beim Aussteigen aus dem Auto geschah. Deswegen musste hier der Versicherer der allgemeinen Haftpflichtversicherung die Deckung der Kosten übernehmen.

Benutzung eines Fahrzeuges liegt nicht vor, wenn ein Traktor für die Arbeit eingesetzt wird

Nach einem Urteil des EuGH muss die Kfz-Haftpflichtversicherung ebenso wenig die Deckung übernehmen, wenn ein Fahrzeug lediglich zu Arbeitszwecken eingesetzt wird. Demnach fehlt es an einer „Benutzung eines Fahrzeugs“, wenn ein Traktor nur zu Arbeitszwecken eingesetzt wird. Der Traktor hatte eine Pumpe gezogen, welche Pflanzenschutzmittel versprühte. Die europarechtlichen Bestimmungen sehen hierin keine Benutzung eines Fahrzeugs, weswegen die Deckung der Kosten im Schadensfall versagt wird.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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