VGH Baden-Württemberg zu Erbengemeinschaften: Fehlerhafter Erschließungsbeitragsbescheid ist rechtswidrig
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Wer eine Immobilie erbt, erbt oft mehr als nur Ziegel und Grundbuchstelle – manchmal auch offene Rechnungen der Gemeinde. Doch was passiert, wenn der Beitragsbescheid gar nicht korrekt adressiert ist?
Der Verwaltungsgerichtshof (VGH) Baden-Württemberg hat am 18. März 2025 (Az. 2 S 1380/24) ein wegweisendes Urteil gefällt, das Erbengemeinschaften aufhorchen lassen sollte: Ein Erschließungsbeitragsbescheid kann rechtswidrig sein, wenn er nicht an die richtige Gemeinschaft, sondern an einzelne Miterben gerichtet wird – insbesondere bei formalen Fehlern in der Kostenermittlung und Abschnittsbildung.
Das Urteil zeigt deutlich: Wer Nachlassimmobilien hält, sollte nicht nur ans Erbe denken – sondern auch an mögliche Altlasten.
Und wer als Gemeinde Bescheide erlässt, muss formale Sorgfalt walten lassen. In diesem Beitrag erfahren Sie, worum es im Urteil ging, was es für Erben bedeutet – und wie man Beitragsbescheide rechtlich sauber angreift.
Der Fall vor dem VGH (Az. 2 S 1380/24)
Im Mittelpunkt stand ein Beitragsbescheid, mit dem eine baden-württembergische Gemeinde Erschließungskosten für eine Straße geltend machen wollte.
Adressiert war der Bescheid jedoch nicht – wie gesetzlich geboten – an die Erbengemeinschaft, sondern an einzelne Miterben. Diese hatten nach dem Tod des Erblassers eine Immobilie geerbt, die im Geltungsbereich der Erschließungsmaßnahme lag.
Die Erben wehrten sich gegen den Bescheid und erhoben Klage – mit Erfolg. Das Verwaltungsgericht gab ihnen Recht, die Gemeinde legte Berufung ein. Der VGH Baden-Württemberg bestätigte nun die Entscheidung der Vorinstanz und hob den Bescheid wegen mehrfacher formeller Mängel auf.
Was hat das Gericht entschieden?
Der VGH stellte zunächst klar: Beitragsschuldnerin ist nach dem Kommunalabgabengesetz Baden-Württemberg (§ 11 Abs. 1 KAG BW) nicht der einzelne Erbe, sondern die Erbengemeinschaft als Gesamthandsgemeinschaft.
Eine unvollständige oder falsche Adressierung des Beitragsbescheids macht diesen bereits formell rechtswidrig.
Zudem rügte der Senat gravierende Mängel bei der Abschnittsbildung und Kostenermittlung: Die Gemeinde hatte es versäumt, die beitragsfähige Maßnahme klar und nachvollziehbar abzugrenzen – eine Grundvoraussetzung für die Rechtmäßigkeit eines solchen Bescheids.
Ohne transparente Kostenberechnung und sachgerechte Abschnittsbildung könne ein Grundstückseigentümer – oder eben eine Erbengemeinschaft – nicht prüfen, ob die Erhebung rechtmäßig ist.
Was bedeutet das Urteil für Erbengemeinschaften?
Erbengemeinschaften übernehmen mit einer Immobilie nicht nur Eigentum, sondern auch potenzielle öffentlich-rechtliche Pflichten.
Die Praxis zeigt: Häufig richten Gemeinden Erschließungs- oder Straßenausbaubeitragsbescheide nicht an die Erbengemeinschaft, sondern irrtümlich an einen oder zwei Miterben – ein rechtlich riskantes Vorgehen.
Das Urteil des VGH Baden-Württemberg stärkt die Position von Erbengemeinschaften deutlich.
Es zeigt, dass:
Beitragsbescheide rechtlich angreifbar sein können, wenn sie nicht korrekt adressiert sind,
die formellen Anforderungen an Kostenermittlung und Abschnittsbildung sehr hoch sind,
und dass sich ein Widerspruch oder eine Klage gegen fehlerhafte Bescheide lohnen kann.
Was können Betroffene tun?
Wer Teil einer Erbengemeinschaft ist und einen Beitragsbescheid erhält, sollte Folgendes beachten:
Adressierung prüfen: Ist der Bescheid an die Erbengemeinschaft als solche adressiert? Falls nicht, bestehen gute Chancen, ihn erfolgreich anzufechten.
Form prüfen lassen: Wurde die Maßnahme korrekt beschrieben, sind die Kosten nachvollziehbar und rechtlich sauber ermittelt? Häufig ist das nicht der Fall.
Widerspruchsfrist im Blick behalten: Innerhalb eines Monats nach Zugang kann Widerspruch eingelegt werden – danach bleibt meist nur die Klage.
Juristischen Rat einholen: Ein erfahrener Anwalt für Erb- oder Verwaltungsrecht kann frühzeitig prüfen, ob ein Bescheid angreifbar ist – und wie man vorgeht.
Was dieses Urteil für Erbengemeinschaften wirklich bedeutet
Das Urteil des VGH Baden-Württemberg vom 18. März 2025 bringt ein wichtiges Signal:
Gemeinden dürfen Beitragsbescheide nicht „nach Gefühl“ adressieren oder unpräzise gestalten.
Gerade Erbengemeinschaften, die oft mit komplexen Nachlasssituationen umgehen müssen, profitieren von der klaren Rechtslage. Wer rechtzeitig prüft und handelt, kann unnötige Zahlungen vermeiden – und die Erbschaft um ein rechtliches Kapitel erleichtern.

Wenn Sie Teil einer Erbengemeinschaft sind und einen Beitragsbescheid erhalten haben, sollten Sie diesen unbedingt rechtlich prüfen lassen.
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Gemeinsam klären wir, ob der Bescheid angreifbar ist und welche Schritte sich lohnen.
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