Voraussetzungen einer fristlosen Kündigung am Beispiel Anwar El Ghazi
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Der Fall des Profifußballspielers Anwar El Ghazi gegen seinen Arbeitgeber FSV Mainz 05 verdeutlicht die Probleme, die für einen Arbeitgeber mit dem Ausspruch einer außerordentlichen fristlosen Kündigung verbunden sind. Bevor über materielle Kündigungsgründe entschieden wird, müssen zunächst die formellen Voraussetzungen erfüllt sein.
Was war passiert?
Am 15. Oktober 2024 schrieb El Ghazi über Instagram unter anderem: „From the river to the sea, Palestine will be free” (vom Fluss bis zum Meer, Palästina wird frei sein“). Daraufhin erhielt er von seinem Arbeitgeber, dem Fußballbundesligisten FSV Mainz 05, eine zeitlich befristete Freistellung sowie eine Abmahnung und löschte in der Folge den Post. Am 1. November 2023 setzte er erneut einen Post ab, in dem er seinen vorherigen Post rechtfertigt und sich von dessen Inhalt nicht distanzierte. Dies nahm Mainz 05 zum Anlass, am 3. November 2024 eine fristlose Kündigung gegen El Ghazi auszusprechen. Hiergegen legte El Ghazi Kündigungsschutzklage vor dem zuständigen Arbeitsgericht Mainz ein (Az. 10 ca 1411/23). Das Gericht gab der Klage statt, da die Kündigung bereits formell unwirksam sei. Denn die Gründe, die zum Ausspruch der Kündigung geführt haben, lagen im Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung bereits länger als zwei Wochen zurück. Auf die materiellen Voraussetzungen kommen es nicht mehr an. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
1. formelle Voraussetzungen zum Ausspruch einer fristlosen Kündigung:
Häufig scheitert die Wirksamkeit einer fristlosen Kündigung bereits an formellen Hürden. So auch im Fall El Ghazi.
a) Zwei-Wochen-Frist
Gemäß § 626 Abs. 2 BGB die Kündigung nur innerhalb von zwei Wochen ausgesprochen werden. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgeblichen Tatsachen Kenntnis erlangt hat. Die Kündigung muss dem Arbeitnehmer innerhalb dieser Frist zugegangen sein.
b) ordnungsgemäße Betriebsratsanhörung, § 102 BetrVG
Sofern der Arbeitgeber über einen Betriebsrat verfügt, muss dieser vor Ausspruch der Kündigung angehört werden. Erforderlich ist, dass ihm sämtliche für den Ausspruch der Kündigung maßgeblichen Informationen mitgeteilt werden.
c) besonderer Kündigungsschutz?
Sollte ein Arbeitnehmer besonderen Kündigungsschutz genießen und beispielsweise schwerbehindert sein, muss gem. §§ 168 ff SGB IX vor Ausspruch der Kündigung das Integrationsamt angehört und dessen Zustimmung eingeholt werden.
d) Form
Die Kündigung muss zudem handschriftlich von dem Kündigungsberechtigten (z.B. Geschäftsführer) unterzeichnet sein.
2. materielle Voraussetzungen für den Ausspruch einer fristlosen Kündigung:
a) Vorliegen eines wichtigen Grundes
In materieller Hinsicht muss zunächst ein wichtiger Grund vorliegen. Laut Bundesarbeitsgericht (BAG) liegt ein solcher vor, wenn dem einen Vertragsteil unter Berücksichtigung aller Umstände nach Treu und Glauben nicht mehr zugemutet werden kann, das Arbeitsverhältnis mit dem anderen Teil fortzuführen. Das Vertrauensverhältnis muss also massiv gestört sein. Die wechselseitigen Interessen der Parteien werden gegeneinander abgewogen.
b) ultima-ratio-Prinzip
Eine Kündigung, insbesondere eine fristlose, soll außerdem nur als letztes Mittel (ultima ratio) in Betracht kommen. In diesem Zusammenhang prüft das Gericht, ob mildere Maßnahmen zur Verfügung stehen. Solche können zum Beispiel Ermahnung, Abmahnung oder ordentliche Kündigung sein.
Was bedeutet das für den Fall El Ghazi?
Die Kündigung vom 3. November 2024 war nach Auffassung des Gerichts bereits formell unwirksam, da die Kündigungserklärungsfrist nicht eingehalten wurde. Sie kann demzufolge nicht mehr auf den Post El Ghazis vom 15. Oktober 2024 gestützt werden. Mit den materiellen Voraussetzungen für den Ausspruch der fristlosen Kündigung setzte sich das Gericht daher nicht auseinander. Insbesondere hatte das Gericht nicht mehr darüber zu entscheiden, ob der abgesetzte Post El Ghazis dazu führte, dass das Vertrauensverhältnis nachhaltig und endgültig zerstört ist. El Ghazi muss also zunächst weiterbeschäftigt und das rückständige Gehalt nachgezahlt werden.
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