Vorladung als Beschuldigter - wie verhalte ich mich richtig?

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Beschuldigter im Verhör


Im heutigen Beitrag wollen wir uns etwas mit der Situation einer (drohenden) Vernehmung als Beschuldigter auseinandersetzen. Hier schwirren einem üblicherweise einige Fragen durch den Kopf: Wie konnte ich überhaupt in so eine Situation gelangen? Wie agiere ich am besten? Was sage ich – und was nicht? Und ganz allgemein: Was sind meine Rechte? Ein kurzer Guide.


Was ist eine Vernehmung überhaupt und wie kann es dazu kommen?

Unter einer Beschuldigtenvernehmung versteht man die gezielte Befragung des Beschuldigten durch eine Amtsperson (und zwar auch in ihrer Eigenschaft als solche) mit dem Ziel der Gewinnung einer Aussage. Das klingt erstmal etwas abstrakt, aber liefert schon ein paar grifffeste Ergebnisse: So fällt es beispielsweise nicht unter den Vernehmungsbegriff, wenn Dritte - wie etwa V-Männer oder Informanten - Auskunft von Ihnen verlangen, da es sich um keine Befragung einer Person in ihrer Eigenschaft als Amtsperson handelt. Offensichtlich ist es auch noch keine Vernehmungssituation, wenn ein befreundeter Polizist Sie privat fragt, ob Sie mit ihm ins Kino gehen wollen.


Auch müssen Sie überhaupt erst Beschuldigter sein, um als solcher vernommen werden zu können. Das setzt voraus, dass gegen Sie ein sogenannter „Anfangsverdacht“ besteht, also aufgrund tatsächlicher Anhaltspunkte die Möglichkeit besteht, dass Sie als Täter einer Straftat in Betracht kommen. Wenn Sie beispielsweise von Zeugen dabei beobachtet worden sind eine Telefonzelle in die Luft gesprengt zu haben, steht der Beschuldigtenstatus außer Frage. Wenn Sie allerdings erst im erweiterten Umfeld der Rauchwolke aufgegriffen und von Polizeibeamten dazu befragt werden, ob Sie irgendetwas Verdächtiges gesehen hätten, handelt es sich zunächst um eine bloße „informatorische Befragung“. Erst wenn Sie sich im Laufe des Gesprächs verdächtig verhalten (beispielsweise wenn Ihnen eine Hörmuschel, Sprengstoff oder 30 € in Kleingeld aus der Tasche fallen), lässt sich ein entsprechender Anfangsverdacht begründen, durch den Sie auch in die Rolle des Beschuldigten rutschen können.


Was sind meine Rechte als Beschuldigter?

Die Frage, ob Sie als Beschuldigter vernommen werden oder aber nicht, ist von höchster Relevanz, da Sie als Beschuldigter einige Rechte haben. So müssen Sie als Beschuldigter beispielsweise überhaupt nicht zur Sache aussagen und sollten dies auch unter keinen Umständen tun. Hier gilt der eiserne Grundsatz: Reden ist Silber – Schweigen ist Gold. Auch steht es Ihnen frei, jederzeit einen versierten Strafverteidiger zu kontaktieren, um sich bereits in einem möglichst frühen Verfahrensstadium effektiv verteidigen lassen zu können. Der Anwalt darf zudem bei einer etwaigen Vernehmung anwesend sein. Über diese und weitere Rechte sind Sie zudem vor einer Befragung durch die Beamten entsprechend zu belehren, da Sie von Ihren Rechten logischerweise nur dann Gebrauch machen können, wenn Sie von Ihnen wissen  (und leider noch nicht jeder meine Beiträge gelesen hat). 


Bedauernswerterweise wird diese Belehrungspflicht von Polizisten gerne mal „vergessen“ oder dadurch unterlaufen, dass man sie beiläufig und nebenher durchführt, auch und gerade gegenüber Betrunkenen oder Menschen, die der deutschen Sprache gar nicht oder nur eingeschränkt mächtig sind. Wurde die Belehrung nicht einwandfrei ausgesprochen (und verstanden!) zieht dies zwingend ein Beweisverwertungsverbot der gewonnenen Aussage nach sich.


Ich bin zu einer Vernehmung durch die Polizei geladen worden – wie reagiere ich?

Im Zweifel überhaupt nicht. Wenn Sie höflich sein wollen, sagen Sie ab, leisten Sie der (Ein-)Ladung indes keineswegs Folge, auch wenn sie verpflichtenden Eindruck erwecken mag. Dies ist beabsichtigt, um Ihnen das Gefühl zu geben, der Situation nicht ausweichen zu können, auch wenn dem tatsächlich nicht so ist. Verpflichtend ist die Ladung nur, wenn sie durch die Staatsanwaltschaft oder zumindest in ihrem Auftrag erfolgt, was sich dem Papier ohne Weiteres entnehmen lässt. Dies ist wichtig, da Sie in einem solchen Ausnahmefall sonst tatsächlich bei Nichterscheinen von der Polizei vorgeführt werden könnten. Auch eine Vernehmung beim Staatsanwalt oder dem Ermittlungsrichter lässt sich aber zumeist unter Verweis auf die Ausübung des Schweigerechts im Vorfeld absagen.


Was ist, wenn ich unschuldig bin?

Dann sollten Sie nicht anders reagieren als oben beschrieben, sofort einen Anwalt kontaktieren und den Vernehmungstermin keineswegs wahrnehmen. Auch wenn Sie meinen nichts zu verbergen zu haben, werden Sie aus bestimmten Gründen und selten aus bloßer Willkür als Beschuldigter geführt, weshalb die Marschroute für die Beamten klar ist – nämlich ihre Arbeit zu erledigen und „den Fall endgültig zu lösen“. Oftmals sind die Vernehmungspersonen dementsprechend bereits von Ihrer Schuld überzeugt, erpicht Sie zu überführen und verpacken ihre Fragen besonders „geschickt“, um Widersprüche zu erzeugen, die sich später nicht mehr auflösen lassen. Im Übrigen kennen die Vernehmungsbeamten die Akte bereits in allen Einzelheiten und haben damit Ihnen gegenüber einen entscheidenden Informationsvorsprung. 


Aber auch ohne entsprechende Fallstricke widerspricht man sich in einer solchen Ausnahmesituation nicht selten schon aus purer Aufgeregtheit, Ungeübtheit und dem Bestreben, die eigene Unschuld beweisen zu wollen – was Sie überhaupt nicht müssen. Insoweit gilt die sogenannte Unschuldsvermutung und der Amtsermittlungsgrundsatz. Sie müssen sich zunächst nicht entlasten, sondern Sie müssen überführt werden. Dies sollten Sie den Ermittlungsbehörden nicht dadurch erleichtern, dass Sie ihnen auch noch aktiv zuarbeiten. Das gesprochene Wort lässt sich nicht mehr zurücknehmen. Im Übrigen haben Sie keinen Einfluss darauf, was für einen Eindruck die Beamten aus der Vernehmung von Ihnen gewinnen und wie Ihre Aussagen aufgenommen werden – möglicherweise mit einem ganz anderen Bedeutungsgehalt, als Sie beabsichtigt haben.


Wie kann mir mein Anwalt helfen?

Nachdem ein Anwalt Sie auf Ihre Rechte wie oben skizziert hingewiesen hat, ist die Verteidigung noch nicht beendet, sondern fängt erst an, also sparen Sie hier bitte nicht am falschen Ende. 


Zunächst einmal ist grundsätzlich nur der Rechtsanwalt dazu in der Lage, vollumfängliche Akteneinsicht zu erhalten und – sobald die Akte da ist – diese mit seiner entsprechenden Expertise auch entsprechend zu lesen und auszuwerten. Aus der Akte ergeben sich alle Ermittlungsansätze, Verdachtsmomente und (vermeintliche) Beweise der Ermittlungsbehörden, sodass erst im Anschluss an die Akteneinsicht überhaupt eine vernünftige Verteidigungslinie aufgebaut werden kann, aus der sich ergibt wie weiter zu verfahren ist. Erst dann sollte man sich die Frage stellen, ob eine Einlassung Sinn macht und wie und zu welchen Punkten genau diese dann zu verfassen ist. Denn nur das, was Akteninhalt ist, stellt überhaupt den Gegenstand der Ermittlungen und damit auch Ihrer Verteidigung dar. Jeder weitere Satz ist überflüssig und bietet lediglich weitere Angriffsfläche.


Wie geht es weiter?

Ihr spezialisierter Rechtsanwalt – im besten Fall ein versierter Fachanwalt für Strafrechtlegitimiert sich direkt für Sie und beantragt Akteneinsicht, um danach deren Inhalt sowie das weitere Vorgehen mit Ihnen zu erörtern. Sollten die Verdachtsmomente sich nach Aktenlage bereits erhärtet haben und das Verfahren weiter betrieben werden oder es sogar zur Anklage kommen, so ist Ihr (allerspätestens jetzt bitter nötige) Anwalt bereits eingearbeitet und kann weiter gezielt agieren, nachdem die Weichen bereits im Vorfeld bestmöglich gestellt wurden. Im Idealfall lässt sich das Verfahren aber bereits kurzfristig durch eine geschickte Einlassung zur Einstellung bringen.


Kontaktieren Sie mich gerne, wenn Sie Hilfe benötigen.

AS-Strafverteidigung

Adrian Schmid

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht

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