Wann gilt das Pferd als gebrauchte Sache

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Das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht hatte zu entscheiden, ob ein 2,5 Jahre alter Hengst als gebrauchte oder neue Sache im Sinne der §§ 474 II S. 2, 476 II BGB zu bewerten ist (Urteil vom 04.07.2018, Az.: 12 U 87/17).

Im streitgegenständlichen Verfahren stritten die Parteien über die Rückabwicklung eines Pferdekaufes. Die Klägerin erwarb von der Beklagten im Rahmen einer Auktion einen 2,5 Jahre alten Hengst. Laut den Auktionsbedingungen verjährten Gewährleistungsansprüche innerhalb von 3 Monaten nach Gefahrübergang.

Das OLG führte in seinem Urteil aus, dass die Bedingungen nicht gem. § 476 BGB unwirksam seien, da die Vorschriften über den Verbrauchsgüterkauf gemäß § 474 Abs. 2 S. 2 BGB nicht anwendbar sind. Bei dem streitgegenständlichen Pferd handele es sich um eine gebrauchte Sache im Sinne des Gesetzes. Nach Auffassung des Senats ist zur Abgrenzung unabhängig davon, zu welchem Zweck ein Pferd dienen soll und ob es schon verwendet worden ist, allein auf den Ablauf einer gewissen Zeitspanne nach der Geburt des Tieres abzustellen. Bei der Festlegung der Zeitspanne sei wiederum auf die fortgeschrittene körperliche Entwicklung des Tieres abzustellen. Der Senat folgte damit nicht der Auffassung, dass ein Tier bereits ab der ersten Futtergabe bzw. Unterbringung als gebraucht anzusehen sei. Auch der Zeitpunkt des ersten Verkaufs eigne sich nicht als Kriterium.

Eine Abgrenzung, die auf den erstmaligen Einsatz als Reitpferd abstellt ist als Kriterium ebenfalls ungeeignet, weil hierdurch der Erwerber das Risiko auf den Verkäufer abwälzen könnte, indem er das Tier erst sehr spät einer Zweckbestimmung zuführt.

Maßgeblich sei, ob das Tier insgesamt über einen längeren Zeitraum so vielen Umwelteinflüssen und Einwirkungen ausgesetzt war, dass das altersbedingte Sachmängelrisiko zum Verkaufszeitpunkt derartig gestiegen war, dass das Tier nicht mehr als neu angesehen werden kann.

Bei einem 2,5 Jahre alten Hengst sei dies der Fall. Ein Hengst in diesem Alter ist schon längere Zeit von der Mutterstute getrennt und hat infolgedessen über einen nicht unerheblichen Zeitraum eine eigenständige Entwicklung vollzogen. Die bereits eingetretene Geschlechtsreife erhöht, durch die am Tier eingetretenen biologischen Veränderungen, das Mängelrisiko beträchtlich. Darüber hinaus sei zu berücksichtigen, dass bei einem Zeitablauf von über 2 Jahren die Möglichkeit von nachteiligen Veränderungen durch z. B. unzureichende Haltung, Fütterung und tierärztliche Versorgung gegenüber einem deutlich jüngeren Tier bereits nicht unerheblich gestiegen ist.

Damit war der von der Klägerin erklärte Rücktritt unwirksam, da ihr Anspruch auf Leistung oder Nacherfüllung verjährt war.

Die Auktionsbedingungen der Beklagten, nach der die Gewährleistungsrechte des Käufers bei Schadensersatz und bei Ansprüchen wegen Beschaffenheitsmängeln drei Monate nach Gefahrübergang sowie bei Ansprüchen wegen Beschaffenheitsmängeln am 31.5 des auf den Gefahrübergang folgenden Jahres verjähren verstoßen nicht gegen § 309 Nr. 7 a) und b) BGB. Die Beklagte hat von der Befristung Ansprüche ausgenommen, die auf Ersatz eines Körper- und Gesundheitsschadens wegen eines vom Verkäufer zu vertretenden Mangels gerichtet oder grobes Verschulden des Verkäufers oder seiner Erfüllungsgehilfen gestützt sind. 

Ein Verstoß gegen § 309 Nr. 8 b BGB liegt ebenfalls nicht vor, da es sich bei dem veräußerten Pferd nicht um eine neue Sache handelt.

Die Bedingungen verstoßen auch nicht gegen § 307 I S. 1 BGB, da sie die Käuferin nicht unangemessen benachteiligen, da die Verkürzung der gesetzlichen Rechte in der besonderen Situation der Versteigerung begründet liegt.

Das OLG hat die Revision zugelassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat.


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