Wann ist der Zugang einer E-Mail rechtsverbindlich erfolgt?

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Wann ist der Zugang einer E-Mail rechtsverbindlich erfolgt?
In Deutschland wird der Zugang einer E-Mail im Rechtsverkehr durch die allgemeinen Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) bestimmt. Ein elektronisches Dokument gilt als zugegangen, wenn es in den Empfangsbereich des Empfängers gelangt und dieser unter gewöhnlichen Umständen die Möglichkeit hat, davon Kenntnis zu nehmen. Hier sind die wesentlichen Punkte zusammengefasst:
Rechtsgrundlage
**§ 130 BGB**: Nach § 130 Abs. 1 BGB gilt eine Willenserklärung als zugegangen, wenn sie in den Machtbereich des Empfängers gelangt ist und dieser unter normalen Umständen davon Kenntnis nehmen kann.
Bedingungen für den Zugang einer E-Mail
1. **Empfangsbereich**: Die E-Mail muss in den Machtbereich des Empfängers gelangen. Dies ist der Fall, wenn sie auf dem Mailserver des Empfängers gespeichert wird und dieser grundsätzlich die Möglichkeit hat, die E-Mail abzurufen. Dies wurde auch vom Bundesgerichtshof (BGH) bestätigt (Urteil v. 6. Oktober 2022 – VII ZR 895/21) und gilt insbesondere im B2B-Bereich.
2. **Kenntnisnahme unter normalen Umständen**: Die E-Mail muss so in den Empfangsbereich des Empfängers gelangen, dass unter gewöhnlichen Umständen mit einer Kenntnisnahme zu rechnen ist. Das bedeutet, dass der Empfänger während der üblichen Geschäftszeiten oder Zeiten der Mediennutzung regelmäßig seine E-Mails abrufen muss.
Beispiele
- **Während der Geschäftszeiten**: Wenn eine E-Mail während der üblichen Geschäftszeiten im Postfach des Empfängers ankommt, kann in der Regel davon ausgegangen werden, dass der Empfänger die Möglichkeit hat, diese zur Kenntnis zu nehmen. Sie gilt daher als zugegangen. Dies gilt zumindest im B2B-Bereich gemäß der oben genannten BGH-Rechtsprechung. Wann ein Zugang im privaten Bereich als erfolgt gilt, ist in Zeiten des Smartphones und der Push-E-Mail für den B2C- bzw. C2C-Bereich noch nicht höchstrichterlich geklärt.
- **Außerhalb der Geschäftszeiten**: Wenn die E-Mail außerhalb der üblichen Geschäftszeiten oder Mediennutzungszeiten ankommt, gilt sie grundsätzlich erst zu Beginn der nächsten Geschäftszeit oder Mediennutzungszeit als zugegangen, da erst dann mit einer Kenntnisnahme zu rechnen ist.
Besonderheiten
- **Spamfilter**: E-Mails, die im Spam-Ordner landen, gelten dennoch als zugegangen, wenn der Empfänger die Möglichkeit hat, diese abzurufen. Es liegt in der Verantwortung des Empfängers, seine E-Mails regelmäßig zu überprüfen, einschließlich des Spam-Ordners.
- **Lesebestätigungen und Empfangsbestätigungen**: Diese können helfen, den Zugang einer E-Mail nachzuweisen, sind jedoch nicht zwingend erforderlich. Der Zugang kann auch ohne solche Bestätigungen angenommen werden, wenn die oben genannten Bedingungen erfüllt sind. Ein eindeutiger Beweis ist damit im Zweifel nicht geführt.
Zusammenfassung
Der rechtsverbindliche Zugang einer E-Mail erfolgt, wenn sie in den Machtbereich des Empfängers gelangt und dieser unter gewöhnlichen Umständen die Möglichkeit hat, von ihr Kenntnis zu nehmen. Während der üblichen Geschäftszeiten oder Mediennutzungszeiten kann dies in der Regel angenommen werden. Außerhalb dieser Zeiten gilt die E-Mail erst zu Beginn der nächsten Geschäftszeit als zugegangen.
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Foto(s): Jörg Reich

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