Wann ist eine im Handelsregister veröffentlichte Gesellschafterliste ausnahmsweise unbeachtlich?

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Gemäß § 16 Abs. 1 Satz 1 GmbHG ist für die Frage der Wirksamkeit eines Gesellschafterbeschlusses grundsätzlich von dem Gesellschafterbestand auszugehen, wie er sich aus der zum Handelsregister aufgenommenen Gesellschafterliste ergibt.

Das Kammergericht Berlin entschied mit Beschluss vom 18.12.2019, Az. 22 W 52/19, dass hiervon nach Treu und Glauben eine Ausnahme zu machen ist, wenn die Liste unter Verstoß gegen eine einstweilige Verfügung eingereicht worden ist.

Der Entscheidung lag der Sachverhalt zugrunde, dass Herr F an einer GmbH mehrheitlich beteiligt war. Später beschloss eine Gesellschafterversammlung die Einziehung des Geschäftsanteils des Herrn F.

Gegen den Einziehungsbeschluss erhob Herr F Klage.

Parallel zur Erhebung der Klage (Nichtigkeitsfeststellungsklage) untersagte das zuständige Landgericht im Wege der einstweiligen Verfügung, eine neue Gesellschafterliste, die Herrn F nicht mehr als Gesellschafter ausweist, beim Amtsgericht zur Veröffentlichung im Handelsregister einzureichen. 

Nichtsdestotrotz wurde über ein Notariat eine neue Gesellschafterliste, die Herrn F nicht mehr als Gesellschafter ausweist, eingereicht und in das Handelsregister aufgenommen.

Ohne Berücksichtigung von Herrn F beschlossen die übrigen Gesellschafter im Nachhinein die Abberufung des Geschäftsführers W. Herr W wurde als Geschäftsführer im Handelsregister gelöscht.

Das Kammergericht Berlin beschloss im Beschwerdewege insoweit, dass die gefassten Beschlüsse unwirksam sind.

Das Kammergericht führt aus, dass im Verhältnis zur Gesellschaft nur diejenigen als Gesellschafter gelten, die in der Liste zuletzt im Handelsregister als Gesellschafter ausgewiesen sind (§ 16 Abs. 1 Satz 1 GmbHG). Dies war für Herrn F nicht der Fall.

Im vorliegenden Fall ist von diesem Grundsatz eine Ausnahme zu machen, da die Einreichung einer geänderten Gesellschafterliste durch einstweilige Verfügung ausdrücklich untersagt war und die Einreichung gleichwohl durchgeführt wurde.

In einem solchen Fall ist der Gesellschaft nach Treu und Glauben gemäß § 242 BGB eine Berufung auf die Legitimationswirkung der auf diese Weise eingereichten Liste versagt (BGH NJW 2019, 3155).

Dementsprechend konnte Herr W ohne Beteiligung des Herrn F nicht als Geschäftsführer abberufen werden.

Vorgenannter Fall macht deutlich, dass Ausnahmen für die Vermutungswirkung des § 16 Abs. 1 Satz 1 GmbHG für bestimmte Fälle bestehen.

Wichtig ist insofern, trotz grundsätzlich klarer Regelung die Hintergründe auch bei veröffentlichten und vermeintlich geprüften Gesellschafterlisten im Handelsregister zu durchleuchten, um ggf. Rechtsnachteile und zeit- und kostenintensive Kontrollen von gefassten Gesellschafterbeschlüssen zu vermeiden.

gez. RA Fischer


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