Wann ist nach einer Trennung der richtige Zeitpunkt für die Einleitung des Scheidungsverfahrens?

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Bevor der Scheidungsantrag beim zuständigen Amtsgericht gestellt werden kann, muss in der Regel zunächst das Trennungsjahr abgelaufen sein. Die Ehegatten müssen also erst ein Jahr voneinander getrennt leben. Dadurch soll vermieden werden, dass man eine Ehe vorschnell beendet. So muss nicht jeder Streit gleich das Aus sein und manchmal kommt es ja doch noch zu einer Versöhnung. 


Nach dem Trennungsjahr – und manchmal auch schon früher - kann dann das Scheidungsverfahren eingeleitet werden. Getrenntleben bedeutet dabei nicht zwingend, dass man räumlich in verschiedenen Wohnungen leben muss. Auch wenn beide noch innerhalb des gemeinsamen Hauses oder der gemeinsamen Wohnung wohnen, kann das Trennungsjahr unter bestimmten Voraussetzungen bereits laufen.


Oft bleiben Ehegatten aber auch nach dem Ablauf des Trennungsjahres noch weiterhin verheiratet. Dafür kann es verschiedene Gründe geben. Manche Eltern wollen sich trotz ihrer Trennung noch nicht scheiden lassen, um die gemeinsamen Kinder nicht zu belasten. Andere scheuen die Kosten oder den Gang zum Anwalt oder haben einfach so viel Anderes um die Ohren, dass die Scheidung nicht im Fokus steht. 


Das Hinausschieben des Scheidungsverfahrens kann aber in manchen Fällen zu erheblichen finanziellen Nachteilen führen – insbesondere für denjenigen Ehegatten, der mehr verdient. So besteht der Anspruch auf Trennungsunterhalt des unterhaltsberechtigten Ehegatten bis zur Rechtskraft der Scheidung. Je früher das Scheidungsverfahren eingeleitet und damit die Scheidung rechtskräftig wird, desto früher endet also auch der Anspruch auf den Trennungsunterhalt. Auch der Zeitraum, für den der Versorgungsausgleich durchzuführen ist, endet in der Regel erst durch die Einreichung des Scheidungsantrags. Der Ehegatte, der die höheren Rentenanwartschaften erwirbt, muss also auch nach der Trennung weiterhin einen Teil der erworbenen Anwartschaften an den anderen Ehegatten „abgeben“. Gleiches gilt für den Ehegatten, dessen Vermögen sich vermehrt. Wer also - auch nach der Trennung – fleißig spart oder gar im Lotto gewinnt, muss damit rechnen, dass er im Wege des Zugewinnausgleichs später einen Teil davon an den anderen Ehegatten abgeben muss. Das gilt auch für weniger unwahrscheinliche Vermögensmehrungen als durch Lottogewinn, wie z. B. für die Wertsteigerung einer im Alleineigentum stehenden Immobilie oder eines Unternehmens. Auch daran nimmt der andere Ehegatte weiterhin teil, wenn man nach der Trennung einfach alles laufen lässt.


Durch die Einreichung des Scheidungsantrags wird erreicht, dass die beendenden Stichtage für den Versorgungsausgleich und den Zugewinnausgleich gesetzt werden. Das kann zu erheblichen finanziellen Auswirkungen führen – im positiven wie auch im negativen Sinne, je nachdem von welcher Seite aus man es betrachtet. Der Zeitpunkt der Einreichung des Scheidungsantrags will daher wohl überlegt sein und ist gar nicht so „egal“, wie es vielleicht auf den ersten Blick aussehen mag. Eine anwaltliche Beratung kann hier im Einzelfall Klarheit darüber schaffen, wann der individuell sinnvolle Zeitpunkt ist. Dabei kann sich in manchen Fällen auch ergeben, dass es sinnvoller sein mag, weiterhin verheiratet zu bleiben und sich nicht scheiden zu lassen. Denn dadurch bleiben Ansprüche auf eine Hinterbliebenenrente („Witwenrente“) erhalten, die sonst nach einer Scheidung wegfallen würden. Wenn zur Aufrechterhaltung solcher Ansprüche auf eine Hinterbliebenenrente oder wegen der gemeinsamen Kinder oder aus sonstigen Gründen wirklich keine Scheidung gewünscht ist, kann es sich aber als sinnvoll herausstellen, stattdessen beispielsweise mit anwaltlicher Unterstützung eine notarielle Trennungs- und Scheidungsfolgenvereinbarung mit dem anderen Ehegatten auszuhandeln. Auch dadurch kann dafür gesorgt werden, dass die Ehegatten nach der Trennung nicht mehr an der Entwicklung der Rentenanwartschaften und der Vermögensentwicklung des jeweils anderen teilhaben. 


Wer übrigens eine geplante Scheidung schon länger vor sich herschiebt und nur noch nicht dazu gekommen ist, zum Anwalt zu gehen, kann aktuell noch Geld sparen: So erhöhen sich die Anwalts- und Gerichtskosten aufgrund des Kosten- und Betreungsrechtsänderungsgesetzes (KostBRÄG) 2025 voraussichtlich zum 01.06.2025 um rund 6 bis 9 Prozent. Bei einer Einleitung des Scheidungsverfahrens vor dieser Erhöhung gelten noch die geringeren Anwalts- und Gerichtskosten.


Wenn Sie ein Scheidungsverfahren einleiten möchten oder eine anwaltliche Beratung diesbezüglich wünschen, setzen Sie sich gerne mit mir in Verbindung. Ich kann bundesweit bei jedem Amtsgericht, Landgericht und Oberlandesgericht auftreten und Sie daher auch bei jedem Familiengericht in Deutschland im Scheidungsverfahren vertreten.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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