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Wann ist Neugier strafbar?

  • 3 Minuten Lesezeit
Ferdinand Mang anwalt.de-Redaktion
  • Wer fremde Briefe öffnet oder verschlossene Tagebücher öffnet und liest,
  • unerlaubt Passwörter verwendet oder knackt, um an E-Mails oder Chatverläufe zu kommen,
  • unerlaubt Wohnungen, Häuser oder umzäunte Grundstücke betritt oder 
  • andere stalkt, kann sich strafbar machen.

Neugierde ist die Triebfeder unserer Zivilisation und allzu menschlich. Allerdings hat das Strafgesetzbuch diesem Trieb klare Grenzen gesetzt. Denn die Neugier lässt nach Informationen suchen, die vielleicht die Betroffenen gar nicht preisgeben wollen. Dieser Rechtstipp beleuchtet, wann Neugier strafrechtliche Folgen nach sich zieht:

Verletzung des Briefgeheimnisses

Der „Klassiker“ strafbarer Neugier ist die Verletzung des Briefgeheimnisses: Nach § 202 Strafgesetzbuch (StGB) macht sich strafbar, wer ohne Erlaubnis einen verschlossenen Brief öffnet. Von dieser Vorschrift werden aber nicht nur Briefe geschützt, sondern sämtliche Schriftstücke. Verschlossen ist ein Schriftstück, wenn dessen Kenntnisnahme vonseiten Dritter erkennbar verhindert werden soll, zum Beispiel das Schriftstück in einem geschlossenen Briefumschlag steckt oder in einer verschlossenen Schublade liegt. Mögliche Konsequenz für allzu Neugierige ist eine bis zu einjährige Freiheitsstrafe.

Fremde Tagebücher zu lesen ist tabu. Das Lesen eines Tagebuchs ist nur dann strafbar, wenn dieses ebenfalls verschlossen oder weggesperrt ist. Allerdings reichen die auf Tagebüchern oft angebrachten Zierschlösser aus, damit die Bücher strafrechtlichen Schutz genießen.

Wer ein fremdes Paket unerlaubt öffnet, zum Beispiel, weil er das Paket für den Nachbarn angenommen hat, macht sich ebenfalls strafbar, wenn er sich die darin befindliche Rechnung ansieht. Enthält das Paket kein Schriftstück, kann das Öffnen unter Umständen eine nach § 303 StGB strafbare Sachbeschädigung darstellen.

Auch fremde E-Mails genießen strafrechtlichen Schutz

Der Briefverkehr ist eine fast ausgestorbene Gattung der Kommunikation. Heutzutage findet der Informationsaustausch überwiegend im Internet statt. Informationen werden in der Regel digital gespeichert. Der Gesetzgeber hat auf diese Entwicklung mit § 202a StGB reagiert: Das Ausspähen von Daten bestraft denjenigen, der sich ohne Erlaubnis Zugang zu fremden Daten verschafft und dabei Sicherungen überwindet. Wer zum Beispiel unerlaubt Passwörter benutzt oder in Computersysteme eindringt und damit Zugang zu Chatnachrichten oder E-Mails erhält, muss mit bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe rechnen.

Hausfriedensbruch beginnt am Gartenzaun

Wer sich als Blockwart berufen fühlt, darf zwar in der Regel in der Nachbarschaft auf Streife gehen, allerdings endet dies bereits am Gartenzaun: Wer unerlaubt in eine fremde Wohnung, ein Gebäude oder befriedetes Besitztum eindringt, kann einen Hausfriedensbruch begehen. Und zum befriedeten Besitztum zählt schon das mit einem Zaun, einer Hecke oder Mauer umschlossene Grundstück. Nach § 123 StGB wird der Hausfriedensbruch mit bis zu einem Jahr Freiheitsstrafe bestraft.

Auch der Vermieter macht sich danach strafbar, wenn er unerlaubt die an den Mieter vermieteten Räume mit einem Zweitschlüssel betritt. Der Blick in die Mülltonne ist dagegen an sich straflos. Und das sogar, wenn diese hinter dem Zaun steht und der selbst ernannte Kontrolleur den Deckel anhebt: Der Hausfriedensbruch beginnt erst dann, wenn sich die Nachbarschaftswache dazu jenseits des Zaunes zusätzlich abstützen muss.

Nachstellung ist strafbar

Wer aber regelmäßig den Müll seiner Nachbarn kontrolliert und überwacht, muss damit rechnen, sich als Stalker strafbar zu machen: Er kann wegen Nachstellung nach § 238 StGB mit bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe bestraft werden. Nachstellung ist der juristische Begriff für Stalken. Das Gesetz ist bewusst weit gefasst. Es stellt sämtliche Verhaltensweisen eines Stalkers unter Strafe: So zum Beispiel, wer täglich um das Grundstück der Nachbarn Grundstück patrouilliert und/oder ihr Verhalten genau beobachtet. Oder immer wieder gegen deren Willen mit ihnen Kontakt aufnimmt, insbesondere Telefonterror verübt. Weitere Voraussetzung ist, dass dadurch die Lebensführung der Betroffenen stark beeinträchtigt wird. Also zum Beispiel, wenn die Betroffenen ihre Wohnung nur noch unter Sicherheitsvorkehrungen verlassen, ihre Freizeitaktivitäten einstellen oder gar ihre Wohnung oder Arbeitsstelle wechseln.

(FMA)

Foto(s): ©Shutterstock.com

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