Was bringt das Schutzschirmverfahren nach dem ESUG für Fonds und Anleger?

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Das Schutzschirmverfahren durch das ESUG (ESUG = Gesetz zu weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen) ab dem 1. März 2012 kann die Sanierung für Unternehmen in tiefroten Zahlen bringen. Eine Verschärfung der Krise kann bei desaströsen Anlegerfonds durch eine überschaubare Eigenverwaltung in wenigen Stunden beendet werden. Aus dem Bereich der standardisierten mezzaninen Programme wird für den Zeitraum bis 2014 bei ca. 130 größeren Unternehmen ein Finanzierungsbedarf von € 800 Millionen entstehen. Aufgrund von Unternehmensverbindlichkeiten von € 2,5 Milliarden wird ein entsprechender Sanierungsbedarf in der Bundesrepublik entstehen. Diese Unternehmen könnten Anwendungsfälle für die Eigenverwaltung nach dem ESUG werden. Die Initiatoren von maroden Solarfonds und Schiffsfonds können hier reüssieren.

EU-weit werden im ersten Jahresviertel 2012 eigene Anleihen europäischer Banken von mehr als 200 Mrd. Euro absorbiert werden müssen.

Nach dem Konzept des Schutzschirmverfahrens kann zwischen Eröffnungsantrag und Eröffnung des Insolvenzverfahrens der Schuldner einen Insolvenzplan vorlegen. Dieses sind maximal drei Monate. Hierbei wird er von einem von ihm vorgeschlagenen und durch das Gericht eingesetzten vorläufigen Sachwalter überwacht. Voraussetzung ist nur, dass das Unternehmen nicht vollständig zahlungsunfähig ist. Die positiven Sanierungsaussichten können durch eine einfache Bescheinigung durch einen Rechtsanwalt bestätigt werden.

Der Sachwalter darf vorher den Schuldner beraten haben. Dieses gibt eine gewisse Planungssicherheit im Hinblick auf die Erarbeitung eines Insolvenzplanes während einer maximal dreimonatigen Frist im Eröffnungsverfahren.

Der vorläufige Sachwalter kann aber nicht der Aussteller der Bescheinigung nach § 270 b InsO sein (Bescheinigung der Sanierungsfähigkeit).

Nach Ablauf der Frist wird das Insolvenzverfahren nach den allgemeinen Vorschriften eröffnet.

In dem Insolvenzeröffnungsverfahren können die Gläubiger ihre Interessen durch einen vorläufigen Gläubigerausschuss wahren.

Haftung des Geschäftsführers

Bei einem verspäteten Insolvenzantrag muss der Vorschuss für die Verfahrenskosten vom Geschäftsführer bezahlt werden.

Insolvenzplanverfahren

Nach der Begründung des ESUG sollen in einem Insolvenzplanverfahren die Umwandlung von Forderungen in Gesellschaftsanteile möglich sein, Debt-Equity-Swap, Begründung S. 23.

In einem Insolvenzplan werden die Forderungen in rechtliche Gruppen eingeteilt. In jeder Gruppe muss die Mehrheit der Abstimmenden dem Plan zustimmen. Die Forderungssumme der Zustimmenden muss ferner die Abstimmungsmehrheit erlangen.

Die Zustimmung könnte unproblematisch sein. Insolvenzpläne sollen eine Gesamtbefriedigungsquote von 19,5 % gebracht haben, die Liquidation durchschnittlich 6 % an Befriedigungsquote.

Debt-Equity-Swap (Tausch von Forderungen gegen Eigenkapitalanteile)

Es gibt hier die Differenzhaftung. Die auf eine Einlageverpflichtung einzubringende Darlehensforderung muss gegenüber der Einlageforderung vollwertig sein.

Letztlich ist zu sehen, dass die Umwandlung einer Gläubigerforderung in eine Einlage dazu führen kann, dass die Einlage auch bezahlt werden muss, wenn die Forderung nichts wert war.

Dagegen soll helfen § 254 Abs. 4 InsO: „Werden Forderungen von Gläubigern in Anteils- oder Mitgliedschaftsrechte am Schuldner umgewandelt, kann der Gläubiger nach der gerichtlichen Bestätigung keine Ansprüche wegen einer Überbewertung der Forderung im Plan gegen die bisherigen Gläubiger geltend machen."

Diese Vorschrift soll Nachschusspflichten nach den Grundsätzen der Differenzhaftung ausschließen. Gläubiger oder Anteilseigner sollen bei fehlerhafter Bewertung der Sacheinlage Rechtsmittel gegen den Plan einlegen können. Dem Verwalter wird empfohlen, ein Sachverständigengutachten über den Wert der Ansprüche einzuholen.

Nachzügler

In dem Insolvenzverfahren sollen auch Gläubiger berücksichtigt werden, die ihre Forderung nicht angemeldet haben, aber bei der Planerstellung bekannt sind. Damit werden auch Nachzügler berücksichtigt.

In dem Insolvenzplanverfahren soll die Entscheidung des Gerichts innerhalb von zwei Wochen nach Vorlage des Plans erfolgen, § 231 im Entwurf der InsO. Es handelt sich hier allerdings um eine bloße Sollvorschrift.

Planberichtigung

Der Insolvenzverwalter kann mit dem Plan bevollmächtigt werden, die zur Umsetzung notwendigen Maßnahmen zu ergreifen und offensichtliche Fehler des Planes zu berichtigen. Eine Berichtigung des Insolvenzplans durch den Insolvenzverwalterbedarf der Bestätigung durch das Insolvenzgericht. Durch die Korrekturen soll dem Willen der Beteiligten nachgekommen werden. Vormals endete das Amt des Insolvenzverwalters mit der Rechtskraft des Planes, jetzt nicht mehr.

Einschränkung der Rechtsmittel gegen den Insolvenzplan

Der Suspensiveffekt einer Beschwerde bleibt aufrechterhalten. Erforderlich für die Beschwerde ist, dass der Beschwerdeführer an der Abstimmung über den Plan teilgenommen hat. Beschwerdeberechtigt ist jetzt auch der Gesellschafter. Rechtsstreitigkeiten um den finanziellen Ausgleich sind außerhalb des Insolvenzverfahrens in einem gesonderten Rechtsstreit vor ordentlichen Gerichten auszutragen.

Erforderlich ist für den Beschwerdeführer eine erhebliche wesentliche Schlechterstellung.

Verjährung von Forderungen

Die Forderung eines Insolvenzgläubigers, der seine Ansprüche nicht bis zum Abstimmungstermin angemeldet hat, verjährt in einem Jahr nach Fälligkeit der Forderung. 

Nachträgliche Anordnung der Eigenverwaltung

Eine nachträgliche Anordnung der Eigenverwaltung ist ebenfalls möglich. Dieses muss die Gläubigerversammlung mit der Mehrheit nach § 76 Abs. 2 InsO beschließen.

Was ist das Neue?

Es sind im Grunde die ersten drei Monate Zeit, in denen ein Insolvenzplan ausgearbeitet werden kann. Das Unternehmen kann den Sachwalter frei wählen. Es darf zuvor eine allgemeine Beratung stattgefunden haben, keine konkrete.

Die Neuerung soll dazu dienen, dass früher Anträge gestellt werden sollen, damit für die Gläubiger mehr übrig bleibt. Das Unternehmen kann durch die bisherige Geschäftsleitung weitergeführt werden. Bei den Insolvenzplänen müssten das Finanzamt wegen der theoretisch möglichen Versteuerung von Sanierungsgewinnen früh einbezogen werden.

In dem Bereich der Schiffsfonds, Alternativfonds und der Solarfonds bieten sich Möglichkeiten der kurzfristigen Sanierung. Auch Gläubiger in einer Zwitterstellung mit Forderungen einerseits und angeblichen Nachschusspflichten andererseits können die Flucht in die Eigenverwaltung antreten. Bei GbR-Fonds mit einer persönlichen Haftung kann die Eigenverwaltung der letzte Notnagel für die Anleger sein.

Regulierbar sind auch solche Fälle, die bislang noch nicht Gegenstand höchstrichterlicher Rechtsprechung waren. Etwa die Abwehr der Versteuerung von angeblichen Scheingewinnen, unbekannten ausländischen Geldflüssen nach dem Investmentsteuergesetz, der nachträglichen Aberkennung von Verlustzuweisungen etc.. Ein ausgereifter Insolvenzplan kann durchaus die Komplexität einer betriebswirtschaftlichen Diplomarbeit erreichen.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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