Was die chinesische WFOE von der deutschen GmbH unterscheidet

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Für Unternehmen, die den Eintritt in den chinesischen Markt vornehmen möchten, ist die WFOE (auch: WOFE) die beliebteste Gesellschaftsform. WFOE steht für Wholly Foreign-Owned Enterprise. Es bezeichnet, wie sich schon aus dem Namen ergibt, eine Gesellschaftsform, an der ausschließlich ausländische Investoren beteiligt sind. Sie wurde 1986 zugelassen, ursprünglich mit dem Ziel, fortgeschrittene Technologien nach China zu bringen und eine auf den Export orientierte Produktion zu unterstützen. In China ansässige Unternehmen in Form einer WFOE genießen Autonomie und Flexibilität, können Geschäfte durchführen, sowie Geld ins Ausland abführen. Doch wie genau funktioniert die WFOE, was macht sie aus und was gibt es zu beachten? Um diese Fragen anschaulich zu behandeln, lohnt sich ein Vergleich mit der Gesellschaftsform, die nicht nur in Deutschland die beliebteste unter den Kapitalgesellschaften ist, sondern mit der WFOE neben einigen Unterschieden auch zahlreiche Gemeinsamkeiten hat: Die GmbH.

Der Gründungsprozess 

Wesentliche Unterschiede zwischen beiden Gesellschaftsformen ergeben sich im Gründungsprozess. Die WFOE zeichnet sich hier durch einen umfangreichen Katalog an formalen Anforderungen aus, welche bei der GmbH nicht, oder nur in eingeschränktem Umfang zur Geltung kommen. Ein Beispiel ist die Wahl der Gründungsform. Dieser Begriff mag für Unternehmer, die ausschließlich mit dem deutschen Gesellschaftsrecht vertraut sind, erstmal irritierend klingen. Schließlich gibt es bei der GmbH nur eine Gründungsform. Bei der Gründung einer WFOE jedoch bestehen Unterkategorien, zwischen welchen man sich entscheiden muss. Diese sind, abhängig vom Gewerbezweig:

  • WFOEs im Produktionsbereich,
  • im Consulting und Dienstleistungsbereich,
  • sowie im Handels- Verkaufs- oder Franchisebereich.

Bei einer GmbH bestehen solche Unterteilungen nicht. Die GmbH kann mit ihrer Gründung jedem denkbaren, auch nicht im engeren Sinne gewerblichen Zweck nachgehen, etwa als vermögensverwaltende oder zum Weiterverkauf existierende GmbH.

Auch der Name der WFOE ist deutliche stärker formalisiert als dies bei der GmbH der Fall ist. Er besteht aus den folgenden Komponenten: Firmenname, beabsichtigte Geschäftstätigkeit, Standort der Einrichtung, Firmenstruktur (Co. Ltd.). Bei der Registrierung werden der zuständigen Behörde fünf Namen nach diesem Muster vorgelegt, aus welchen die Behörde den Namen der Firma selbst auswählt.

Bei der Namenswahl der GmbH besteht ein deutlich größerer Spielraum, nichtsdestotrotz sind hier die allgemeinen Regeln der Firmierung zu beachten. Der Firmenname muss Unterscheidungskraft besitzen und auf der Tätigkeit der Firma, dem Namen von Gesellschaftern, einem Fantasienamen oder einer Mischform dieser beruhen.

Überraschenderweise besitzt die WFOE geringere Mindestanforderungen, was das Stammkapital betrifft. Bei der GmbH beträgt es 25.000€, wobei für die Eintragung ins Handelsregister 12.500€ geleistet werden müssen. Die WFOE besitzt hingegen seit 2014 kein gesetzlich festgelegtes Mindestkapital mehr. Ein wenig relativiert wird diese Tatsache allerdings dadurch, dass die Höhe des Stammkapitals genehmigt werden muss. Für die Höhe des Stammkapitals gibt es daher Empfehlungen, welche von der Tätigkeit und dem Standort abhängen. Insgesamt ist der Gründungsprozess der WFOE nicht nur an höhere formale Anforderungen gebunden, sondern geht in der Regel auch mit einer deutlich längeren Gründungsdauer einher. Während für die GmbH eine Dauer von 3-4 Wochen machbar ist, sollten für die WFOE 2-3 Monate eingeplant werden.

Wie ist sie intern organisiert?

Beide Gesellschaftsformen haben gemeinsam, dass für beide die Einrichtung eines Aufsichtsrats vorgesehen ist. Bei der GmbH ist dies freilich erst ab einer Größe von 500 Mitarbeitern gesetzlich verpflichtend. Die WFOE hingegen erfordert stets die Bestellung von Aufsichtspersonen, wobei die Zahl der zu bestellenden Aufsichtspersonen von der Größe der Gesellschaft abhängt. Bei größeren Gesellschaften sind mindestens drei Aufsichtspersonen zu bestellen, welche zusammen den Aufsichtsrat bilden. Bei kleinen Gesellschaften sind hingegen ein bis zwei Aufsichtspersonen erforderlich. Mehr zu den Aufsichtspersonen, welche bei der WFOE Supervisor genannt werden, erfahren Sie hier.

Welche Haftungsrisiken gibt es zu beachten?

Keine großen Unterschiede bestehen bei der Haftung. Beide Gesellschaftsformen sind Kapitalgesellschaften und einer beschränkten Haftung unterworfen. Nichtsdestotrotz gibt es bei beiden Gesellschaftsformen Fälle, in denen die beschränkte Haftung nicht greift, und die Gesellschafter persönlich haften. Insbesondere sind dies, bei beiden Gesellschaftsformen, die Haftung für vorsätzliche sittenwidrige Schädigung (z.B. bei Verschweigen der unmittelbar drohenden Insolvenz gegenüber Gläubigern), der Missbrauch der beschränkten Haftung (z.B. Gründung für risikoreichen Geschäftsbereich), sowie bei der Einpersonengesellschaft die Vermischung von Privat- und Gesellschaftervermögen (z.B. bei mangelhafter Buchführung).

Besteuerung der Gesellschaften

Da beide Gesellschaftsformen an das Recht ihres jeweiligen Landes, nämlich China oder Deutschland, gebunden sind, unterfallen auch beide einer unterschiedlichen Besteuerung. Die zentrale Steuer von Kapitalgesellschaften ist die Körperschaftssteuer. Sie besteuert das Einkommen der Gesellschaft. In China beträgt sie standardmäßig 25%, in Deutschland 15%. Ebenso wie in Deutschland müssen Unternehmen in China Umsatzsteuer zahlen. Ein Vorsteuerabzug, d.h. die Rückerstattung der vom Unternehmer gezahlten Umsatzsteuer, ist gleichermaßen möglich. Grundlage für die Rückerstattung der Umsatzsteuer sind in China die sog. fa piao. Dies sind Rechnungen, welche nicht beliebig oft, sondern nur in begrenzter Anzahl ausgestellt werden können. Fa piao werden von der zuständigen Behörde vergeben. Mehr zu den fa piao erfahren Sie hier.

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Zusammenfassend lässt sich sagen, dass beide Gesellschaftsformen in ihrem Aufbau, der internen Organisation und den haftungsrechtlichen Grundsätzen sehr gut vergleichbar sind. Nichtsdestotrotz ist die WFOE deutlich stärker reglementiert als die GmbH. Auch kann in eine GmbH grundsätzlich jeder In- und Ausländer investieren, während von der WFOE nur Ausländer und nur nach behördlicher Genehmigung Anteile erwerben können. Es empfiehlt sich daher in jedem Fall, wenn Sie mit einer WFOE in den chinesischen Markt eintreten wollen, eine auf den chinesischen Markteintritt spezialisierte Rechts- und Unternehmensberatung einzuholen. Damit werden Sie die spezifischen Risiken des chinesischen Markteintritts, die sich aus dem fremden Markt und Rechtssystem ergeben, minimieren und die Erfolgsaussichten, die sich aus einer Expansion in einen noch nicht vollständig erschlossenen Markt ergeben, maximieren.


Foto(s): ©vegefox.com – stock.adobe.com


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