Wechselbezüglichkeit und freie Verfügung des Längstlebenden – auf die Reihenfolge kommt es an

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Problemstellung:

Wechselbezügliche Verfügungen in einem gemeinschaftlichen Ehegattentestament, also solche Verfügungen die der eine Ehegatte nicht ohne die Verfügung des anderen Ehegatten getroffen hätte, binden den überlebenden Ehegatten und hindern ihn daran ein abweichendes Testament zu errichten. Die Verfügung über Gegenstände zu Lebzeiten bleibt möglich. Soll der Überlebende auch frei testieren können, muss ein sog. Änderungsvorbehalt vorliegen. Mit der Frage, wann ein solcher Änderungsvorbehalt anzunehmen ist, hatte sich das OLG Köln in seinem Beschluss vom 09.08.2013 (2 WX 198/13) auseinanderzusetzen.

Der Fall:

Der Erblasser hatte zwei Verfügungen von Todes wegen hinterlassen. Im gemeinschaftlichen Ehegattentestament vom 19.10.1980 hieß es:

„Wir, die Eheleute … bestimmen für den Fall des Todes: Wir setzen uns gegenseitig zu Vollerben unseres dereinstigen Nachlasses ein, dergestalt, dass der Überlebende von uns berechtigt ist, frei und unbeschränkt über den Nachlass zu verfügen. Nach dem Tod des Überlebenden soll unsere Tochter alleiniger Erbe unseres dereinstigen Nachlasses sein.”

Die Ehefrau starb am 03.06.2002. Am 07.12.2007 errichtete der Erblasser ein weiteres Testament, in dem er auf das gemeinschaftliche Testament Bezug nahm, aber auch Vermächtnisse aussetzte und eine Testamentsvollstreckung (erstmalig) anordnete.

Die Entscheidung:

Das OLG bejahte die Wechselbezüglichkeit und verneinte einen Änderungsvorbehalt. Das zweite Testament war unwirksam. Die Berechtigung „frei und unbeschränkt über den Nachlass zu verfügen” zu können, beziehe sich nur auf Verfügungen zu Lebzeiten.

Ein maßgeblicher Umstand für die Entscheidung des OLG war dabei die Tatsache der Reihenfolge der diversen Verfügungen im Testament: Der Hinweis auf die Verfügungsfreiheit des überlebenden Ehegatten befindet sich vor der Einsetzung der Tochter als Schlusserbin. Hätte der überlebende Ehegatte auch abweichend testieren können sollen, so hätte, nach Ansicht des OLG, die Passage über die Verfügungsfreiheit nach der Schlusserbeneinsetzung stehen müssen.

Die Entscheidung zeigt deutlich, wie wichtig es ist, sich bei der Errichtung eines Testaments genaue Gedanken über das Gewollte zu machen und sich bei der Formulierung dieses Willens nach Möglichkeit fachkundigen Rates zu bedienen.


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