Wer trägt die Kosten des Erbscheinsverfahrens?

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Im Normalfall gilt im Zivilrecht vereinfacht gesprochen der Grundsatz: „Wer verliert, der zahlt.“ Das bedeutet, wenn die eine Seite vollständig gewinnt, zahlt die andere Seite die gesamten Gerichtskosten. Bei einem teilweisen Obsiegen oder Verlieren entspricht die Zahlungsverpflichtung der Quote (wer beispielsweise zu 80% gewinnt, zahlt 20% der Kosten). Bei den Kosten der rechtsanwaltlichen Vertretung gelten Besonderheiten (v. a. im Arbeitsrecht), auf die hier nicht eingegangen werden soll.

Anders im Erbscheinsverfahren

Das Erbscheinsverfahren beginnt damit, dass eine Person, die sich für den Erben oder Miterben einer verstorbenen Person (des Erblassers) hält, einen Erbschein beantragt, der sie als Erbe ausweist. Zu diesem Antrag können sich die anderen potentiellen Erben äußern. Das Nachlassgericht ermittelt dann von Amts wegen, wer Erbe ist. Ist der Antragsteller Erbe geworden, gibt es dem Antrag statt, ansonsten lehnt es ihn ab. Insbesondere bei einer Ablehnung des Antrags stellt sich die Frage, ob der Antragsteller die Gerichtskosten alleine zu tragen hat oder ob sie auch den anderen Beteiligten auferlegt werden können.

Der BGH äußert sich

Der BGH hat sich in einer aktuellen Entscheidung (Beschluss vom 18.11.2015, Az: IV ZB 35/15) dahingehend geäußert, dass das Nachlassgericht bei der Entscheidung über die Kosten einen sehr weiten Spielraum hat.

Im Sachverhalt, der der Entscheidung zu Grunde liegt, stritten die Parteien um die Erbfolge nach einer am 04.03.2014 verstorbenen Erblasserin. Die Tochter der Erblasserin und die Kinder des Sohns der Erblasserin (der Sohn war bereits am 20.02.2008 verstorben.) stritten um die Erbfolge. Die Erblasserin hatte die Kinder ihres Sohnes zu Universalerben eingesetzt. Die Tochter hielt diese Einsetzung wegen eines Verstoßes gegen die Höfeordnung für unwirksam und beantragte einen Erbschein aufgrund gesetzlicher Erbfolge.

Das Nachlassgericht hat den Erbscheinsantrag zurückgewiesen und der Tochter die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens auferlegt. Die hiergegen gerichtete Beschwerde hatte insoweit Erfolg, als die Tochter nun nur noch die Hälfte der Gerichtskosten zu tragen hatte.

Die hiergegen gerichtete Rechtsbeschwerde zum BGH blieb ohne Erfolg.

Das Verhältnis von Obsiegen zu Unterliegen ist im Erbscheinsverfahren nicht entscheidend

Die zuvor von den Oberlandesgerichten unterschiedlich beantwortete Frage, ob es bei der Kostenverteilung im Erbscheinsverfahren hauptsächlich auf das Verhältnis von Obsiegen zu Unterliegen ankommt, entschied nun der BGH. Der Gesetzgeber habe dem Nachlassgericht ein weites Ermessen eingeräumt. Dieses ermöglicht dem Nachlassgericht, eine Kostenverteilung auch zulasten der obsiegenden Partei, auch wenn deren Rechtsansicht eher fernliegend ist (im entschiedenen Fall hatte das Beschwerdegericht ausgeführt, dass ein Verstoß gegen die Höfeordnung fernliegend war).

Wir beraten Sie gerne

Bei der Frage, ob und wie in einem ggf. selbst anzustrengenden Erbscheinsverfahren vorgegangen werden soll, beraten wir Sie gerne.


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