Wegweisendes Urteil zu Abgasmanipulation beim Motor EA 288

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Ist der Abgasskandal für VW mit dem Vergleichsangebot zur Musterfeststellungsklage ausgestanden? Mitnichten. Interne Dokumente belegen, dass VW nicht nur beim Skandalmotor EA 189 illegale Abschalteinrichtungen eingebaut hat, sondern auch beim vermeintlich sauberen Nachfolger EA 288. Das Landgericht Regensburg jedenfalls betrachtet die sogenannte „Zykluserkennung“ bei diesem Motor als sittenwidrige Schädigung und verurteilte den Autokonzern zu Schadenersatz. 

In dem Regensburger Verfahren (19.03.2020, Az.: 73 O 1181/19) hat der Käufer eines Golf VII mit einem EA 288-Motor, welcher auch in Euro-6-Dieseln verbaut wurde, VW wegen illegaler Abgasmanipulation auf Schadenersatz verklagt. Seine Klage untermauerte er mit einem internen Dokument des Volkswagen-Konzerns. Diese „Entscheidungsvorlage: Applikationsrichtlinien und Freigabevorgaben EA 288“ zeigt, wie VW auch beim EA 288 versucht, die Abgaswerte zu manipulieren.

VW hatte eine derartige Abgasmanipulation im Verfahren bestritten, doch das Gericht gab dem Kläger recht. Seine Darlegung sei überzeugend; in dem Dokument werde genau beschrieben, wie das Fahrzeug einen Prüfstandlauf erkennt, um das Abgasverhalten entsprechend zu steuern. Dagegen hätte VW substanzieller argumentieren müssen.

Das Vorgehen des Autokonzerns wertete der Senat als sittenwidrig. Mit der Abgasmanipulation habe sich das Unternehmen auf rechtswidrigem Weg Wettbewerbsvorteile zu verschaffen versucht, um seinen Gewinn zu steigern. Dem Kläger sprach das Gericht einen Schadenersatz von 9.149 Euro zu; dabei wurde eine Nutzungsentschädigung angerechnet.

Beim EA 288-Motor setzt VW eine sogenannte „Zykluserkennung“ ein. Dabei erkennt die Motorsteuerung, ob sich das Fahrzeug auf dem Prüfstand oder auf der Straße befindet. Bei einem Test auf dem Prüfstand wird die Abgasreinigung verstärkt, indem mehr AdBlue eingespritzt wird. So werden die zulässigen Grenzwerte für den Stickoxidausstoß eingehalten. Experten schätzen, dass die Werte im Straßenverkehr bis zu zehn Mal höher sind.

Nach Informationen der Tagesschau hatte das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) 2016 Tests zum EA 288 in verschiedenen VW Modellen durchgeführt, aber keine unzulässigen Abschalteinrichtungen festgestellt – „auch nicht in Gestalt einer unzulässigen Zykluserkennung.“
Doch Ende 2017 forderte das KBA VW auf, zunächst das Modell Touareg 3.0 zurückzurufen und illegale Softwaremanipulationen zu beseitigen. Wohlgemerkt: Genau dieses Modell war bereits 2016 getestet worden. Mittlerweile wurden weitere, zunächst unverdächtige VW-Modelle zurückgerufen.

Dass es sich bei der Zykluserkennung um eine illegale Abgasmanipulation handelt, bestreitet VW bislang. Doch immer mehr Gerichte sind anderer Meinung. Das belegen u. a. Urteile bzw. Hinweisbeschlüsse der Landgerichte Duisburg (30.10.2018, Az.: 1 O 231/18), Wuppertal (15.03.2019, Az.: 2 O 273/18), Baden-Baden (13.01.2020, Az.: 4 O 247/19) sowie des OLG Köln (12.09.2019, Az.: 15 U 234/18 und 19.09.2019, Az.: 15 U 117/19) – und nun die Regensburger Entscheidung.

 Dieses Urteil zeigt, dass VW nichts verstanden hat. Abgasmanipulationen wurden auch bei dem als „sauber“ verkauften Motor EA 288 mittels Zykluserkennung bzw. Thermofenstern fortgesetzt. Das belegen zahlreiche Abgastests, zudem gab es bereits erste Rückrufe. Wir begrüßen es, dass immer mehr Gerichte diese Praxis von VW als illegal werten und den Autokonzern zu Entschädigungen verurteilen. Mit dem Abgasskandal 2.0 dürfte die nächste Klagewelle auf VW zurollen. 

Möchten Sie wissen, ob auch Sie vom Abgasskandal 2.0 betroffen sind? Auf unserer Website finden Sie eine Übersicht der betroffenen Fahrzeuge mit EA 288-Motor. Wenn Ihr Wagen dabei ist,sprechen Sie uns an. Als führende Anwälte im Abgasskandal verhelfen wir Ihnen zu Ihrem Recht. Bei Fragen sind wir zurzeit nicht nur während der Woche, sondern auch am Wochenende unter der genannten Rufnummer von 9 bis 18 Uhr erreichbar.


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